Das Orakel von Antara
richtig ‘rannehmen!“
Nun war Yorn auf dem Vorplatz des Schlosses. Hier wimmelte es von Soldaten, und niemand beachtete ihn. Verstohlen sah er sich um. Da entdeckte er einen Sklaven, der damit beschäftigt war, in einer Ecke des Platzes Riemenzeug zu fetten. Das war das Zeichen für Yorn, dass der Mann auf ihn wartete. Mit voller Selbstverständlichkeit ritt Yorn über den Platz auf den Mann zu und sprang vor ihm aus dem Sattel. „Solltest du nicht lieber Schwerter schmieden?“ fragte Yorn den Antaren. Dieser schaute verdutzt auf. Das war der verabredete Erkennungssatz, aber der Mann hatte nicht erwartet, dass Yorn zu Pferd kam.
„Die ... die Schwerter sind scharf“, antwortete er stotternd und verneigte sich vor Yorn. Dann hatte er sich wieder gefasst. „Binde das Pferd hier an und geh voraus zu dem Torgang links von dir. Ich folge dir“, raunte er.
Yorn tat wie ihm geheißen und ging am Rand des Platzes entlang auf in die angegebene Richtung. Zweimal grüßte er korrekt einen entgegenkommenden Ranghöheren und beantwortete den Gruß von einfachen Soldaten. Dann waren sie am Torgang.
„Gut!“ flüsterte der Antare hinter ihm. „Das geht ja besser, als ich dachte. Aber nun sollten wir in die Versenkung gehen. Geh dort rechts durch die Tür. Das ist das Vorratshaus. Dort werden wir keinem Moradonen begegnen. Die Antaren, auf die wir vielleicht treffen, überlass' mir!“
Yorn öffnete die Tür und stand in einem großen Gewölbe, in dem Fässer, Ballen und riesige Krüge lagerten.
„Mein Name ist Festis“, sagte der Antare und reichte Yorn die Hand, nachdem er die Tür geschlossen hatte. „Möge dein Vorhaben gelingen!“
„Danke, Festis“, antwortete Yorn. „Ist es weit zu den Verliesen?“
„Auf dem Weg, den ich dich führe, ja“, sagte Festis. „Aber dafür werden wir kaum jemandem begegnen. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was mit deinem Freund ist. Du weißt, kein Antare darf in die Nähe der Kerker.
Aber es geht ein seltsames Gerücht um: Sabrete, die Tochter des Königs, soll verschwu nden sein. Die Götter mögen wissen, was das zu bedeuten hat.
Nun hör zu! Während wir gehen, werde ich dir erzählen, was ich von den Verliesen weiß. Sie liegen unter dem westlichen Teil des Schlosses. Wir sind hier im nördlichen, allerdings ein ganzes Stück höher. An der Treppe, die hinunter führt, steht eine Wache, jedoch nur ein Mann. Unten soll es einen Wachraum geben, in dem eine zweite Wache sitzt, normalerweise! Aber jetzt müssen drei Mann dort unten sein, denn gestern Abend musste die Küche drei Portionen Essen bereitstellen. Der Wachmann von oben hat es heruntergetragen. Also wird dein Freund außergewöhnlich gut bewacht, obwohl alle Kerker verriegelt sind. Aber irgendetwas scheint dort unten nicht zu stimmen, denn wie mir jemand erzählte, hat es dort heute Morgen eine große Aufregung gegeben. Aber wir konnten nichts erfahren, so sehr wir uns auch bemüht haben. Also, sei ja vorsichtig! Wer weiß, was da unten vor sich geht!“
„Ja, ja, schon gut!“ sagte Yorn geistesabwesend.
War Reven wirklich etwas zugestoßen, oder was hatte das alles zu bedeuten? Yorn wünschte sehnlichst, Vanea hätte den Kontakt zu Reven länger aufrechterhalten können. Nun tappte er völlig im Dunkeln.
„Ich bin hier“, wisperte Vaneas Stimme in seinem Inneren. „Aber ich kann dir leider immer noch nichts von Reven sagen. Ich kann ihn nicht einmal orten.“
„Danke, mein Liebling!“ Yorn wurde es warm ums Herz.
Es war gut, sich Vanea so nahe zu fühlen. Gleichzeitig spürte er, dass auch sie ruhiger geworden war. Sein bisheriger Erfolg hatte sie zuversichtlicher werden lassen.
Festis führte Yorn immer weiter durch hallende Gänge und kaum betretene Räume. Zweimal begegneten sie einem Antaren, dem Festis erklärte , der Herr sei beauftragt, die Räumlichkeiten zu inspizieren. Mit Verneigungen zogen sich die Leute wortlos zurück. Dann sagte Festis auf einmal:
„Wir nähern uns dem Abgang zu den Verliesen. Hinter der nächsten Tür musst du allein weitergehen. Du kannst dann die Wache schon sehen, die an der Tür zur Treppe steht. Du wirst den Mann beseitigen müssen. Wie, weißt du wohl selbst besser als ich. Ich werde durch einen Spalt der Tür spähen. Wenn die Luft rein ist, tragen wir die Leiche rasch hier in einen der Nebenräume. Du müsstest eigentlich Zeit genug haben, selbst wenn du deinen Freund erst suchen
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