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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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musst, da die Wachen erst gegen Abend wieder abgelöst werden - auch die an der Treppe.
    Wenn du zurückkommst, helfe ich dir mit deinem Freund. Ich werde euch solange verst ecken, bis es dunkel ist. Es werden im Hof zwei Pferde auf euch warten - und dann im Galopp zum Tor hinaus! Wenn alles sehr schnell geht, werden die Wachen so überrascht sein, dass ihr in der Dunkelheit verschwunden seid, ehe sie sich besinnen können. Gebe Saadh, dass du deinen Freund am Leben findest!“
     
    Vorsichtig öffnete Yorn die angegebene Tür und spähte durch einen Spalt hinaus. In der Mitte des breiten Ganges, auf den sie sich öffnete, gab es einen mit wuchtigen Steinen begrenzten Treppenabgang. Auf einem der beiden Steinklötze saß die Wache. Der Mann wandte Yorn den Rücken zu. Sein Blick war auf den Durchgang am anderen Ende des Ganges gerichtet - wohl das Hauptziel seiner Aufmerksamkeit.
    Leise schlüpfte Yorn aus der Tür, die Festis hinter ihm wieder zuzog. Dann schlich er vo rsichtig den Gang entlang. Erst als er nur noch ein paar Meter von dem Mann entfernt war, trat er normal auf. Beim Klang der Schritte fuhr der Mann herum. Als er Yorn sah, sprang er hastig auf und grüßte. Fast hätte Yorn gelacht, denn das Schuldbewusstsein stand dem Soldaten ins Gesicht geschrieben. Er hatte seine Wache stehend zu absolvieren.
    Doch Yorns wachem Blick war nicht entgangen, dass der Stein, auf dem der Mann gesessen hatte, blankpoliert war von Generationen von Hinterteilen, die dort unvorschriftsmäßig die Wache abgesessen hatten. Stotternd wollte der Moradone dem vermeintlich kontrollierenden Offizier Meldung machen, doch Yorn winkte ab. Er wollte sich das Unbehagen des Mannes zunutze machen, ehe der sich von seinem Schreck erholen konnte.
     
    „Wie viel Mann sind unten?“ fragte er barsch. „Einer!“ kam die prompte Antwort. Yorn hatte genau den richtigen Ton angeschlagen, und der Moradone antwortete, ohne zu überlegen. Yorn glaubte, gewonnenes Spiel zu haben. „In welchem Loch steckt dieser antarische Spion?“ Yorns nächste Frage folgte ohne Verzögerung.
     
    „Aber der ist doch ...“, setzte der Soldat an. Dann stutzte er. „Wer bist du?“ fragte er misstrauisch und wich einen Schritt zurück. Doch Yorn war auf alles gefasst gewesen.
     
    „Auch ein antarischer Spion!“ grinste er, während seine Faust blitzschnell losschoss und auf dem Kinn des Moradonen landete. Lautlos brach der Mann in die Knie. Rasch lud sich Yorn den Bewusstlosen auf die Schulter und trug ihn zurück zur Tür. Festis öffnete schnell. Er hatte alles beobachtet und band bereits das Tuch los, das er um die Hüften trug. Während Yorn dem Soldaten mit dessen eigenen Gürtel und Schwertriemen Hände und Füße band, knebelte ihn Festis.
     
    „Warum hast du ihn nicht getötet?“ fragte Festis vorwurfsvoll. „Er ist ein Feind!“
     
    „Weil ich nie ohne Not töte, auch keinen Moradonen!“ gab Yorn ruhig zurück. „Und vielleicht ist mir der Mann später noch von Nutzen, wer weiß? Er scheint zu wissen, was mit Reven ist. Doch mein Schlag war hart, und es kann sein, dass er lange Zeit nicht zu sich kommt. So lange kann ich aber nicht warten, um ihn zu befragen. Aber wenn ich Reven in den Verliesen nicht finde, ist er vielleicht meine einzige Chance herauszubekommen, was mit Reven geschehen ist. Daher verwahr’ in gut, hörst du?“
     
    „Keine Angst, er wird mir nicht auskommen!“ meinte Festis grimmig. „Ich kenne ihn. Er ist nicht gerade das, was man ein Herzchen nennt. Es wird mir ein Vergnügen sein, ihn zum Sprechen zu bringen.“
     
    „Warte damit, bis ich zurückkomme“, mahnte Yorn. „Wenn er schreit, kann mich das den Hals kosten.“
     
    Als Yorn wieder hinausschaute, lag der Gang immer noch leer und verlassen da. Mit wenigen Schritten war Yorn an der Treppe. Dann schlich er vorsichtig hinunter. Die Treppe machte eine halbe Biegung nach links. Von unten drang Lichtschein hinauf, und Yorn hörte ein knarrendes Geräusch, als wippe jemand gelangweilt auf einem Stuhl. Yorn ging in die Hocke und schaute durch den Spalt zwischen Treppe und Podest. Schnell fuhr er zurück, denn der Mann, der dort unten auf dem Stuhl schaukelte, die Beine gemütlich auf den Tisch vor sich gelegt, wandte ihm das Gesicht zu.
    Yorn überlegte. Es war sicher, dass die beiden Wachen ein Zeichen verabredet hatte, das den Mann unten warnte, wenn jemand kam. Stiege er jetzt ganz normal die Treppe hinab, würde der Mann sofort Verdacht schöpfen. Wenn er

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