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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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dann schrie, war wohl bald das ganze Schloss auf den Beinen, denn in den hohen Gewölben musste sich ein solcher Laut um ein Vielfaches verstärken. Was also war zu tun? Hier konnten nur Schnelligkeit und der Überraschungseffekt helfen.
    Yorn kauerte sich zusammen. Seine Muskeln spannten sich wie die einer Katze vor dem Sprung. Lauernd verharrte er eine Weile, das blankgezogene Schwert in der Hand. Dann stürmte er los. Als er mit einem gewaltigen Sprung über den unteren Teil des Geländers setzte, erschrak der Moradone so heftig, dass er mit dem Stuhl hintenüber kippte. Ein weiterer Satz brachte Yorn neben den Gestürzten - und schon bohrte sich die scharfe Klinge in die Brust des Moradonen.
    Schnell bückte sich Yorn und löste den Schlüssel vom Gürtel des T oten. Ohne noch einen weiteren Blick an ihn zu verschwenden, ging Yorn zu der schweren, mit Eisen beschlagenen Tür, hinter der die Verliese liegen mussten. Das Schloss quietschte. Yorn zuckte zusammen und sah sich um. Doch alles blieb ruhig.
    Hinter der Tür führte eine steile Treppe hinab. Dumpfer Modergeruch und ein pestartiger Gestank drangen von unten hoch und Yorn verschlug es fast den Atem. Und hierhin hatte man seinen Bruder geschafft! Yorn fröstelte. Dann nahm er eine der Fackeln aus der Halterung neben der Tür und stieg hinab. Unten lief ein enger Gang weiter, an dem zu beiden Seiten starke Türen eingelassen waren. In Augenhöhe waren Klappen in den Türen angebracht. Yorn ging von Tür zu Tür, öffnete die Klappen und leuchtete in die Kerker. Die Bilder, die sich ihm boten, krampften ihm das Herz zusammen. Die Gesichter der Elendsgestalten, die sich ihm zuwandten, wenn das Licht in die feuchten Löcher der Zellen fiel, ließen lodernde Wut und abgrundtiefen Hass in Yorn hochsteigen. Mochten das Antaren oder Moradonen sein, Verbrecher oder Unschuldige - dieser Ort schrie zu den Göttern nach Vergeltung! Nie hätte Yorn geglaubt, dass Menschen fähig wären, so an ihren Mitmenschen zu handeln. Er musste sich zusammenreißen, um den gequälten Geschöpfen nicht sofort die Türen zu öffnen.
     
    „Ja, es ist grauenvoll!“ hörte er da Vaneas Stimme. „ Ich sehe es durch deine Augen. Aber du darfst jetzt nicht unbesonnen sein! Es hilft den Ärmsten nichts, wenn du sie jetzt hinausließest. Es würde sie und dich nur in Gefahr bringen. Auch für diese armen Wesen wird die Zeit kommen.“
     
    Yorn wusste, dass sie Recht hatte, und setzte seinen Weg mit grimmig zusammengebissenen Zähnen fort. Einige Zellen waren leer, doch aus keiner der besetzten sah ihm das Gesicht Revens entgegen.
    In drei Zellen rührte sich der Insasse nicht, und Yorn musste die Türen entriegeln, um hineinsehen zu können. Immer hoffte und fürchtete er zugleich, dass die Gestalt, die er mit der Fackel anleuchtete, Reven sei. Zwei der Häftlinge waren tot, der dritte lag im Sterben. Doch Reven war nicht zu finden.
    Als auch aus dem letzten Kerker ein fremdes Gesicht ins Licht der Fackel blinzelte, sank Yorns Hoffnung zu einem Häufchen Asche zusammen. Mit hängenden Schultern machte er sich auf den Rückweg und stieg die Treppe hoch. Oben ließ er sich schwer gegen die Mauer sinken. War sein Wagnis wirklich vergebens gewesen?
     
    „Gib die Hoffnung nicht auf, Yorn!“ hörte er Vanea. „Vielleicht hat man Reven, weil er verletzt und wichtig war, an einen anderen Ort gebracht. Xero will ja wohl aus ihm herausholen, wo wir anderen sind. Es kann gut sein, dass man ihn wieder auf die Beine bringen will, damit er in der Lage ist, die Fragen des Königs zu beantworten. Frage erst den Mann, den du gefangen hast, bevor du das Schlimmste befürchtest.“
     
    „Danke, Vanea, du gibst mir neue Hoffnung!“ sagte Yorn laut. Er steckte die Fackel wieder in ihren Halter. Dann eilte er die Bogentreppe nach oben. Immer noch war niemand auf dem Gang zu sehen, und Yorn hastete zurück zu der Tür, hinter der er Festis zurückgelassen hatte. Dieser hatte schon gewartet und zog Yorn schnell durch die Tür.
     
    „Nun?“ fragte er, mit angehaltenem Atem die schlimmste Nachricht erwartend.
     
    „Reven ist nicht dort“, antwortete Yorn. „Der Wachsoldat unten ist tot. Wo ist der andere?“
     
    „Hier!“ sagte Festis halb erleichtert und öffnete eine Tür zu einer kleinen Kammer. Er hatte den Moradonen dort auf einen alten Stuhl gesetzt und festgebunden. Yorn trat zu dem Mann, das blutige Schwert in der Hand.
     
    „Hör mir gut zu, mein Freund!“ sagte er mit gefährlicher

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