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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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euch die Bequemlichkeit zu bieten, die ihr gewöhnt seid. Auch weiß ich nicht, ob ihr euch hier wohl fühlen werdet, denn wie ich sah, liebt ihr die Wärme. Doch die werdet ihr hier verständlicherweise nicht finden. Doch zumindest Licht kann ich euch bieten, obwohl es uns nicht nötig erscheint. Unsere Augen sind an den Nebel und die Dämmerung gewöhnt. Ich werde jedoch versuchen, euren Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu gestalten.“
     
    Während Vanea sie durch den Palast führte, sahen sich die Männer verwundert um. Das ganze Schloss schien aus Eis erbaut zu sein, das die Nebelleute aus den gewaltigen Blöcken des ewigen Nordeises gebrochen haben mussten. Gold und edle Steine waren überall in die Wände eingelassen und funkelten im kalten Licht der blauen Fackeln, die wie aus dem Nichts aufflammten. Doch außer Vanea hatten die drei noch keinen anderen Bewohner des Schlosses gesehen.
     
    Das irritierte Yorn, und er fragte sie: „Sag mir, oh Königin, wo sind deine Diener, oder bewohnst du diesen Palast ganz allein?“
     
    „Nein, hier leben viele meines Volkes“, lächelte Vanea, „doch ich befahl, dass sie sich nicht zeigen. Wir Nebelleute haben keine einheitliche Gestalt wie ihr, und ich befürchte, der Anblick meiner Untertanen könnte euch erschrecken. Nur ein kleiner Teil meines Volkes ist von meiner Gestalt, und einige von diesen werdet ihr später vielleicht sehen. Auch kostet es uns Kraft, unsere Gestalt auf längere Zeit für euch sichtbar zu halten. Der Nebel ist unser Element, und wie in ihm die Linien verschwimmen, geht auch unser Körper in ihn über. Nur wenige von uns beherrschen die Kunst, ihn so lange zu verfestigen, wie ihr mich jetzt hier seht. Auch unsere Sprache ist für euch wohl nicht wahrnehmbar, und es kostet mich viel Mühe, mich euch verständlich zu machen.“
     
    Ihre bleiche Hand teilte einen Vorhang, der wie eine Nebelwolke den Eingang in ein Zimmer verhüllte. Auch hier flammten die geisterhaften Fackeln auf, als Yorn und seine Freunde hinter Vanea den Raum betraten. So groß und prachtvoll der Palast auch war, nirgends gab es Einrichtungsgegenstände, wie die Männer sie gewohnt waren. So waren auch in diesem Zimmer weder Truhen noch Schränke, gab es an den Wänden weder Teppiche noch Bilder. Es gab dort nur eine breite Lagerstatt, die fein ziseliert aus Eis gehauen und mit dicken weißen Fellen belegt war, sowie einen ebenfalls aus Eis bestehenden Tisch und einige Eishocker, die auch mit dem weißen Fell bedeckt waren. Reven griff in einen der dicken Pelze und schüttelte verwundert den Kopf.
     
    „Nie sah ich solche Pelze!“ sagte er staunend. „Was für ein Tier ist das, von dem sie stammen?“
     
    „Hoch oben im Norden unseres Landes, dort wo das Eis die Erde völlig bedeckt, leben große Bären“, antwortete Vanea. „Mein Volk jagt sie dort, nicht weil wir die Felle brauchten, um uns zu wärmen, sondern weil wir ihre Schönheit lieben. Sie sind wie der Nebel, weich und weiß, und wenn man auf ihnen ruht, geben sie die Geborgenheit einer Nebelwolke - traulich und verschwiegen. Ich habe gehört, dass Wesen wie ihr sich jede Nacht zum Schlafen niederlegen müssen. Wir brauchen das nicht und legen uns nur nieder, wenn wir unsere Gedanken zu den Göttern schicken wollen. Doch euch soll dies hier als Schlafplatz dienen, da ihr dessen bedürft. Ich werde auch dafür sorgen, dass ihr Nahrung erhaltet, wie ihr sie gewohnt seid. Doch erschreckt nicht, wenn ihr den Diener seht, der sie euch bringen wird. Vergeßt nicht, wir sind von anderer Art als ihr, wenn ich auch spüre, dass es etwas geben könnte, was uns verbindet.“
     
    Der Blick ihrer dunklen Augen erfaßte Yorn. Ein eigenartiges Lächeln huschte über ihre Lippen und ließ für kurze Zeit das Fremde, Furchterregende in ihrem Gesicht verlöschen. Dann wandte sie sich abrupt zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um.
     
    „Um diese Jahreszeit wird der Tag bei uns nur wenig heller als die Nacht“, sagte sie. „Ich werde euch daher rufen lassen, wenn es Zeit zum Aufbruch ist. Ich wünsche euch eine angenehme Ruhe.“ Damit schloss sich der dicke Dunstvorhang geräuschlos hinter ihr.
     
    „Mir gefällt das alles nicht!“ brummte Kandon. Er ließ sich auf dem fellbedeckten Lager nieder und tätschelte beruhigend Wynns Flanke, der sich immer noch furchtsam an ihn schmiegte. „Warum bist du dieser seltsamen Vanea hierher gefolgt? Hier sitzen wir wie die Maus in der Falle. Wer weiß, was sie

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