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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Gesichter.
     
    „Was ist geschehen? Wo bin ich?“ flüsterte sie.
     
    „Du bist hier bei uns - in Sicherheit! Du bist M'Nor entkommen“, antwortete Yorn.
     
    „M'Nor!“ Vanea verzog schmerzlich das Gesicht. „Ich erinnere mich! M'Nor, oh M'Nor, verzeih' mir! Ich konnte nicht anders!“
     
    Aus Vaneas Augen rollten zwei große Tränen. Erstaunt sahen sich die Männer an. Vanea weinte!? Nie hätten sie gedacht, dass dieses Nebelmädchen weinen konnte. Yorn ergriff Vaneas kalte Hand.
     
    „Wir versprechen dir, dass wir versuchen werden, dir alles zu ersetzen, was du für uns aufgegeben hast“, sagte er. „Ich hoffe inständig, dass es dir in unserem Land gefallen wird und du deine Heimat nicht so sehr vermissen wirst. Für das, was du für uns getan hast, wird dir mein Volk die höchsten Ehren erweisen, und wir werden für dich tun, was in unserer Macht liegt, damit du bei uns glücklich wirst.“
     
    Doch Vanea schien ihn nicht gehört zu haben. Immer mehr Tränen rollten aus ihren schönen Augen. „Oh, Naminda! Was habe ich getan?“ schluchzte sie. „Ich habe dich verraten und meinen treuesten Freund und Beschützer fast getötet für Wesen, die nicht von meiner Art sind. Oh, M'Nor! Verzeih mir! Du warst immer gut zu mir, hast mich umsorgt wie ein Vater - und ich habe dich betrogen! Verzeih, oh Göttin! Hart trifft mich die Strafe, dass ich nun unser Land und dein herrliches Heiligtum nie mehr sehen darf. Aber übermächtig war in mir der Wunsch, diesen Menschen zu folgen und das Land meines unbekannten Ahnen zu sehen. Warum konnte ich nicht mit ihnen ziehen, ohne mich auf ewig selbst zu verbannen? Nun werden nie mehr die sanften Nebel meiner Heimat meine Haut umschmeicheln. Nie mehr werde ich aus dem kühlen Atem ihrer Schleier neue Kräfte gewinnen. Kann ich denn überhaupt in diesem fremden Land überleben, das mir und meiner Art so lebensfeindlich ist?“
     
    „Sei unbesorgt, Vanea“, tröstete Yorn sanft. „Du hast mehr von uns Menschen, als du geahnt hast. Stark ist in dir das Blut deines Ahnen, und ich glaube, dass es immer stärker hervortreten wird, je länger du bei uns bist. Sieh dich doch nur an! Du unterscheidest dich nur noch wenig von den Frauen unserer Heimat. Schon hat dein Körper angefangen, sich seiner neuen Umgebung anzupassen. Und sei nicht so traurig, denn auch bei uns gibt es den Nebel, und er wird dir an manchem Herbst- und Wintertag einen vertrauten Gruß der verlorenen Heimat bringen. Aber sag, wie fühlst du dich? Bist du stark genug, dass wir unsere Reise fortsetzen können? Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich so nahe der Grenze zu deinem Land nicht sehr wohl fühle.“
     
    Vanea hatte sich ein wenig gefangen. „Ich fühle mich sehr schwach“, sagte sie, „und ich glaube nicht, dass ich ein Gespann werde lenken können.“ Ihre Wangen hatten zu Yorns Verwunderung dennoch bereits ein wenig Farbe bekommen. Plötzlich aber erbleichte sie wieder und Schrecken malte sich auf ihrem Gesicht ab.
     
    „Wir müssen hier fort!“ rief sie angstvoll. „Ich spüre, dass Naminda den Frevel entdeckt hat. Noch sind wir zu nahe an ihrem Machtbereich, als dass wir in Sicherheit wären. Erreicht sie uns hier, wird ihre Rache furchtbar sein.“
     
    „Schnell!“ befahl Yorn. „Setzt Vanea in meinen Schlitten. Die Wölfe sind wieder so erholt, dass sie uns beide ziehen können. Schneidet Vaneas Tiere los. Wenn sie können, sollen sie uns folgen, wenn nicht, kehren sie vielleicht in ihre Heimat zurück.“
     
    Eilig befolgten Kandon und Reven seine Anordnungen, und wenig später hetzten die drei Gespanne wieder über den Schnee in südlicher Richtung. Vaneas Wölfe folgten langsam nach, doch bald hatten die Gefährten sie aus den Augen verloren. Während der Fahrt beobachtete Yorn immer wieder voll Sorge das Mädchen, das in die dicken Pelze gehüllt vor ihm im Schlitten saß.
     
    Plötzlich stellte er mit Entsetzen fest, dass Vaneas Körper wieder zu verschwimmen begann.
     
    „Schneller!“ keuchte sie da auch schon. „Schneller! Ich spüre Namindas Nähe. Sie will mich zurückholen. Oh, Yorn, ich habe Angst!“
     
    Yorn ließ die Peitsche über den Wölfen knallen, und wieder fegten die Tiere davon, flogen wie weiße Pfeile über den zum Glück nur wenige Zentimeter hohen Schnee. Vanea wand sich stöhnend in den Pelzen, und Yorn musste hilflos zusehen, wie ihr Körper mehr und mehr zu schwinden schien. Als er sich nach vorn beugte, um Vaneas Gesicht zu sehen, stellte

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