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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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schliefen? Und Wynn? Wieso fürchtete er sich auf einmal nicht mehr vor ihr? Vorsichtig weckte er Kandon und Reven.
     
    „Pst! Schaut euch das an!“ flüsterte er. „Wenn das kein Wunder Saadhs ist, so hat es nie eins gegeben.“ Auch Reven und Kandon waren verblüfft.
     
    „Hey“, meinte Kandon, „wenn das kein Grund zur Eifersucht ist! Sonst bin ich es, den Wynn nachts wärmt. Jetzt weiß ich auch, warum ich so schlecht geschlafen habe. Reven hat mir ständig die Decke weggezogen, und Wynn war nicht da, um die mangelnde Wärme auszugleichen.“
     
    „Ich habe dir die Decke weggezogen?“ entrüstete sich Reven. „Umgekehrt wird wohl ein Schuh daraus! Die ganze Nacht habe ich mit dir um einen Zipfel des Pelzes kämpfen müssen.“
     
    „Seid leise!“ mahnte Yorn. „Wir wollen Vanea nicht eher wecken, als bis wir zur Abfahrt bereit sind. Sie schläft wohl das erste Mal in ihrem Leben, und das wollen wir sie so lange wie möglich genießen lassen.“
     
    Geräuschlos verstauten die Männer ihre Pelze wieder in den Schlitten und brachten das Riemenzeug der Wölfe in Ordnung. Dann ging Yorn zu Vanea hinüber. Wynn war wach, aber er hatte sich nicht gerührt. Ein leiser Wink Yorns jedoch und das Tier kroch sachte unter den Pelzen hervor. Vanea bewegte sich leicht und murmelte ein paar Worte, doch dann drehte sie sich auf den Rücken und schlief weiter. Verträumt betrachtete Yorn das im Schlaf weiche und gelöste Gesicht des Mädchens, dessen Lippen leicht geöffnet und dessen Wangen rosig überhaucht waren. „Wie schön sie ist!“ dachte Yorn. „Und wie wirklich und lebendig sie jetzt aussieht! Wo ist der Schrecken, den dieses Mädchen uns einflößte? Wäre ihr Haar blond und ihre Haut gebräunt, wer wollte sie von einer Nivederin unterscheiden? Mit dem Nebel ihrer Heimat hat sie auch ihre unheilvolle Aura hinter sich gelassen.“
     
    Leise beugte er sich nieder und hob die zarte Gestalt mitsamt den umhüllenden Pelzen vom Boden auf. Da schlug Vanea die Augen auf. Erstaunt und fragend blickte sie Yorn an.
     
    „Ich habe - geschlafen, nicht wahr?“ hauchte sie. „Was für ein wundervolles Erlebnis! Ich sah bunte Bilder, schöner als unser Wasserfall, voller Licht und Leben. Habe ich sie wirklich gesehen, oder hielt mich ein Zauber gefangen?“
     
    „Du hast geträumt, Vanea“, antwortete Yorn sanft. „Alle Menschen träumen, wenn sie schlafen, und oft zeigt ihnen der Gott des Schlafs in ihren Träumen die herrlichsten Dinge. Sie sind nicht real, ja, vielleicht wirklich ein Zauber, doch wenn du von Schönem träumst, kann es nur ein guter sein.“
     
    „Aber ich bin kein Mensch“, sagte Vanea traurig, „und so wird mir dieses herrliche Erlebnis wohl nie mehr beschieden sein.“
     
    „Doch, du bist ein Mensch, Vanea“, erwiderte Yorn, während er sie zum Schlitten trug. „Ich sagte dir doch schon, dass in dir das Blut deines Ahnen fast rein zum Vorschein kommt. Nur waren die Kräfte deines Landes zu stark, dass es sich hätte entfalten können. Ich bin jedoch sicher, lebst du erst einige Zeit in unserem Land, wird kaum noch etwas an die Königin des Nebelreiches erinnern, die uns alle mit Schauder erfüllt hat.“
     
    Vanea senkte den Kopf. „Es tut mir leid, dass ich euch erschreckt habe“, sagte sie, „aber auch ich fand euch zuerst abstoßend. Ich kann jetzt gar nicht mehr begreifen, warum. Aber sag“, sie hob den Kopf und sah ihn lange an, „glaubst du wirklich, ich könnte so werden wie ihr?“
     
    „Ja, das glaube ich“, antwortete Yorn und setzte sie in den Schlitten. Während er mit zarter Behutsamkeit die Pelze fest um sie schlug, fuhr er fort: „Du hast deine Heimat erst vor kurzer Zeit verlassen, und noch mag ihr Einfluss auf dich nicht völlig abgerissen sein. Doch jetzt schon frierst du wie ein Mensch, weinst, schläfst und träumst, was die Nebelleute nie tun, wie du selbst uns erzählt hast.“
     
    „Und ich habe so ein eigenartiges Gefühl hier“, sagte sie verstört und deutete auf ihre Magengegend. „Auch das habe ich in unserem Lande nie so gespürt. Wenn ich diese Leere fühlte, wusste ich, dass es Zeit war, dem Nebel neue Energie für meinen Körper zu entziehen.“
     
    Yorn lachte. „Es tut mir leid, Vanea. Du hast ganz einfach Hunger wie wir alle. Aber du wirst noch eine ganze Weile hungrig bleiben müssen, wenn es Wynn nicht vielleicht gelingt, ein kleines Wild zu erjagen. Vier bis fünf Tage werden wir bis zu unserem Lager wohl brauchen, und das

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