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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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doch Yorn sank aufs Knie und hob die Hände zum Himmel. „Groß ist Saadh, der uns aus diesem Grauen errettet hat!“ murmelte er. „Und Dank sei ihm!“ Er erhob sich und sagte zu den Gefährten: „Und Dank sei Vanea, die sich für uns opferte. Mir ist mit schrecklicher Gewissheit klar geworden, dass wir ohne ihre Hilfe unser Ziel nie erreicht hätten. Wie hätten wir je gegen dieses Volk bestehen können, wenn ein einzelner von ihnen schon solche Kräfte entfaltet? Weder mit List noch mit Gewalt wäre es uns gelungen, uns dem heiligen Wasserfall auch nur zu nähern, geschweige denn, ein Stück davon zu erlangen. Ich dachte immer, ich sei ein tapferer Mann, doch immer noch beben mir die Hände, wenn ich an das denke, was wir eben erlebt haben. Ich wage nicht, mir auszumalen, was mit uns geschehen wäre, wenn M'Nor uns gefaßt hätte. Und ich zittere um Vanea. Wie soll sie der Wut des Rasenden widerstanden haben? Es gab eine Zeit, da wäre ich froh gewesen, sie nie wieder sehen zu müssen, doch jetzt bete ich zu Saadh, sie möge dort aus dem Nebel auftauchen. Wäre sie nicht gewesen - der Traum der Antaren wäre für immer verweht! Was hätte uns gegen M'Nor all unsere Waffenkunst genützt? Vergebens wären alle Hoffnungen gewesen, die in den Nivedern seit der Zeit gewachsen ist, seit ich zurückgekehrt war. Niths Vertrauen in mich steht auf schwachen Füßen, denn der Held, den er sich zu erziehen suchte, ist geflohen wie ein Hase.“
     
    Reven trat zu Yorn und legte dem Bruder die Hand auf die Schulter. „Auch ich habe wohl schon oft bewiesen, dass ich kein Feigling bin“, sagte er. „Aber ich bin genauso geflohen wie du. Und auch Kandon, der die Kraft von drei Männern besitzt, wagte nicht einmal, sich umzudrehen. Was also wirfst du dir vor? Zeige mir das menschliche Wesen, das den Mut hätte, diesem Dämon die Stirn zu bieten. Und selbst wenn du dich ihm entgegengestellt hättest - was hätte es gebracht? Denke daran, was Nith gesagt hat: sinnlose Tapferkeit ist Dummheit! Wir haben unser Ziel erreicht. Das ist das einzige, was zählt!“
     
    „Bei Saadh! Das ist ja wahr!“ jauchzte Kandon da. „Wir haben die erste Aufgabe erfüllt. Das Eis des Wasserfalls! Schau rasch nach, ob es auch wirklich dort in dem Kasten ist“, drängte er Yorn.
     
    Yorn ging zu seinem Schlitten und schlug erwartungsvoll den Deckel des Eiskästchens zurück, das Vanea ihm anvertraut hatte. Doch dann stutzte er enttäuscht. In dem Kasten lag ein mattes, graues Eisstück, unansehnlich und schartig. Es sah aus, als sei es von irgendeiner Dachkante gebrochen. Nichts von dem zauberhaften Farbenspiel des herrlichen Wasserfalls war zu sehen. Die drei Männer sahen sich stumm an. Hatte Vanea sie betrogen? War ihre Flucht nur ein Spiel gewesen, eine geschickte Täuschung, um die unbequemen Besucher loszuwerden? Wenn Vanea ihnen nicht nachkam, wie sollten sie je wissen, ob M'Nor sie umgebracht hatte, oder ob die beiden jetzt dort im Nebel verborgen über ihren gelungenen Streich lachten? Mit Ungewissheit im Herzen würden die Freunde zu den Moradonen gehen müssen, immer geplagt von der Vorstellung, dass das mitgeführte Wasser nutzlos sei und sie ihr Ziel vielleicht nie erreichen würden. Die Augen aller wandten sich dem fernen Nebel zu. Unbewegt standen die Männer und warteten. Würde Vanea kommen?
    Zäh dehnte sich die Zeit, und den drei Gefährten schienen die Minuten wie Stunden, doch die graue Nebelwand erschien wie ein festes Gebilde. Nicht einmal ein Windhauch bewegte den Nebel, und je länger sie warteten, desto mehr kam es ihnen vor, als habe sich die Grenze von Vaneas Land endgültig hinter ihnen - und vor Vanea - geschlossen. Schon war die Frist verstrichen, welche die Königin ihnen zu warten geboten hatte, doch immer noch starrten die Männer in die Richtung, aus der sie Vanea erwarteten. Aber nun war es nicht mehr Hoffnung, sondern Verzweiflung, die sie noch weiter auf ihrem Platz verharren ließ. Keiner der drei wollte die Ungewissheit akzeptieren, die Vaneas Ausbleiben wie einen Schatten über ihr weiteres Unternehmen warf. Doch dann wandte sich Yorn mit einem Seufzer ab.
     
    „Kommt, Freunde!“ sagte er. „Es hat keinen Sinn mehr zu warten. Wenn Vanea gekonnt - oder gewollt hätte, wäre sie jetzt hier. Wir müssen uns damit abfinden, dass wir erst im Palast von Blooria wissen werden, ob wir wirklich ein echtes Stück des Wasserfalls erhalten haben. Aber diese Ungewissheit darf uns von unserem Ziel nicht

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