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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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abbringen. Ist nicht auch alles andere ungewiss, was uns noch erwartet? Wissen wir denn sicherer, ob es uns überhaupt gelingt, in den Palast einzudringen und an Bloors Herz zu gelangen? Wir müssen eben daran glauben und auch weiterhin auf Saadh vertrauen. Kommt, die Wölfe haben sich wieder erholt. Diese Schlitten ersparen uns zumindest einen langen Fußmarsch zurück zu unserem Lager. Wenn auch vielleicht Vaneas anderes Geschenk wertlos sein mag, so werden uns doch ihre Gespanne von Nutzen sein.“
     
    „Wenn uns die Tiere auch weiterhin gehorchen!“ meinte Kandon skeptisch. „Sieh nur, sie sind unruhig geworden und schauen ständig zum Nebel hinüber. Vielleicht rennen sie zurück, sobald wir versuchen, sie anzutreiben.“
     
    Tatsächlich hatten die Wölfe sich aufgesetzt und lauschten mit gespitzten Ohren zur Grenze hinüber. Und plötzlich begann der große Leitwolf zu heulen. Langgezogen und klagend drang seine Stimme durch die frostige Luft, und der durchdringende Ton ließ die Männer erschauern. Und wie auf ein geheimes Zeichen fielen auf einmal die anderen Wölfe ein. Selbst Wynn hob den Kopf, und sein anfängliches Winseln ging bald in das Geheul der anderen Tiere über.
     
    „Was haben sie bloß?“ fragte Reven verwirrt. „Ich glaube, wir schirren sie besser los, sonst stürmen sie auf einmal mit all unseren Sachen davon. Du solltest Wynn festbinden, Kandon. Wer weiß, ob er nicht sonst mit ihnen rennt.“
     
    „Ja, vielleicht ist das besser“, antwortete Kandon, „obwohl ich es nicht glaube, denn Wynn hatte nie viel mit den Wölfen im Sinn.“
     
    Doch bevor die Männer Revens Rat nachkommen konnten, fuhr Yorn auf einmal herum.
     
    „Seht da!“ schrie er aufgeregt. Die beiden anderen folgten mit den Augen seiner ausgestreckten Hand, und dann sahen auch sie es.
    Aus dem Nebel tauchte ein Wolf auf - erst einer, dann zwei, drei, vier, fünf - ein ganzes Gespann schleppte sich müde tappend vorwärts. Und dann gab der graue Schleier einen Schlitten frei, über dessen hoher Lehne eine unbewegliche Gestalt hing.
    Mit einem Schrei sprang Yorn vorwärts. Kandon und Reven rannten hinter ihm drein, so schnell sie konnten. Da hatte Yorn auch schon den Schlitten erreicht und hob den leblosen Körper Vaneas auf seine Arme.
     
    „Schnell, legt die Pelze aus dem Schlitten auf den Boden!“ rief er den beiden anderen zu. „Sie scheint noch zu leben.“
     
    So rasch er konnte trug er das bewusstlose Mädchen zu ihren Schlitten zurück. Vaneas Körper schien kaum Gewicht zu haben, und es kam ihm vor, als trüge er einen Traum auf den Armen. War Vanea schon im grauen Zwielicht ihres Landes bleich erschienen, so war ihr Gesicht jetzt noch fahler. Doch hier waren die Konturen ihres Körpers nicht mehr so verschwommen, und Yorn war verwundert über das Ebenmaß ihrer Glieder. Behutsam legte er sie auf den Fellen nieder, die Reven und Kandon im Schnee aufgestapelt hatten. Doch dann blickten die Freunde verdutzt auf Vanea nieder. Mit ihr ging eine seltsame Verwandlung vor. Ihr Körper, der bis jetzt noch von fast durchscheinender Verschwommenheit gewesen war, schien sich zu verfestigen. Doch in gleichem Maße wie ihre Konturen schärfer wurden, zerfiel ihr zartes Gewand - zerfloss wie ein Nebelschwaden und war bald darauf völlig verschwunden.
     
    „Breitet rasch einen Pelz über sie“, rief Yorn, „sonst wird sie erfrieren. Hier in unserem Land wird auch sie Wärme brauchen, da sie nicht mehr von den seltsamen Kräften ihres Reiches zehren kann.“
     
    Bald lag Vanea warm verpackt in den weichen Pelzen. Aber dann sahen sich die Männer ratlos an. Immer noch war das Mädchen ohne Besinnung und hatte sich noch nicht gerührt. Obwohl sie nach ihrer unfassbaren Verwandlung fast menschlich aussah, wussten die Männer nicht, was sie tun konnten, um ihr zu helfen. Wer von ihnen hätte denn wissen können, was mit ihr geschehen war, welchen bösen Kräften sie ihren Zustand verdankte und was man dagegen unternehmen sollte? So hockten die drei um Vaneas Lager und sahen stumm und hilflos auf sie nieder. Mitleidsvoll schaute Yorn in das bleiche Mädchengesicht, dessen geschlossene Augen tiefe Schatten umzogen. Ein Zug von unendlicher Erschöpfung und tiefem Schmerz lag um die weichen Lippen, die jegliche Farbe verloren hatten. Arme Vanea! Was für schreckliche Gefahren mochte sie erlebt haben? Da begannen ihre Augenlider zu flattern, und dann schaute sie verständnislos in die drei über sie gebeugten

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