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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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die Kränkung über die Zurückweisung wichen nun der Erkenntnis und dem Schmerz darüber, dass er Vanea wohl verloren hatte. Was er auch tun würde, um ihr seine Liebe zu beweisen, stets würde sie denken, er wolle nur den großen Dienst vergelten, den sie ihm und seinem Volk erwiesen hatte. Doch wie hätte er verhindern können, dass sie so dachte? Im Nebelreich war er nicht fähig gewesen, ihrem Werben nachzugeben, denn alles in ihm hatte sich dagegen gesträubt. Erst nach Vaneas wundersamer Verwandlung hatte er ja erkannt, dass das, was ihn zu ihr hinzog, Liebe war. Wäre er vorher ihren Wünschen gefolgt, wäre es wirklich nur aus Verpflichtung geschehen. Jetzt, nachdem sie ihn zurückgewiesen hatte, spürte er erst, wie viel ihm Vanea bedeutete. Welche Qualen würde es ihm bereiten, sie ständig um sich zu haben und doch zu wissen, dass sie für ihn unerreichbar war!
    Yorn war verzweifelt. Er wünschte, sie wären schon wieder bei den Nivedern und er kö nne im Aufbruch zu neuen Gefahren seinen Schmerz überdecken. Wäre er erst einmal auf dem Weg nach Blooria, würde ihm keine Zeit bleiben, sich der Trauer über seinen Verlust hinzugeben und über Vaneas Ablehnung nachzugrübeln. Er fuhr aus seinen Gedanken hoch, als er plötzlich Schritte hörte. Voll Hoffnung sprang er auf. Kam Vanea zurück? Doch es war Reven, der wie ein Schemen aus der Dunkelheit auftauchte.
     
    „Was ist geschehen, Yorn?“ fragte er besorgt. „Wir erwarten ein glückliches Liebespaar, aber stattdessen kommt Vanea allein zurück, wickelt sich wortlos in ihren Pelz und tut, als ob sie schläft. Und du kommst gar nicht wieder. Was soll das bedeuten?“
     
    „Das bedeutet, dass Vanea mich nicht will“, sagte Yorn tonlos.
     
    „Sie will dich nicht?“ fragte Reven verblüfft. „Aber ich denke, sie liebt dich?“
     
    „Das tut sie wohl auch“, seufzte Yorn, „aber sie will mich trotzdem nicht, weil sie denkt, ich wolle nur aus Dankbarkeit so tun, als ob auch ich sie liebe. Und darum verbot sie mir, je wieder davon zu sprechen. Sie will uns verlassen, sobald sie genug über unser Leben gelernt hat, um allein zurechtzukommen, damit wir uns ihr nicht auf ewig verpflichtet fühlen müssen. Oh, Reven, was soll ich nur tun? Jetzt erst weiß ich wirklich, wie sehr ich sie liebe.“
     
    „Bei Saadh, das ist eine verfahrene Geschichte!“ brummte Reven. „Soll ich einmal mit ihr reden?“
     
    „Das hat wohl keinen Sinn“, sagte Yorn resignierend. „Sie wird dir genau so wenig glauben wie mir.“
     
    „Da bin ich mir gar nicht so sicher“, meinte Reven. „Warum sollte sie mir nicht glauben? Es würde doch keinen Sinn ergeben, dass auch ich ihr einreden will, dass du sie liebst, nur um ihr zu einem Dank zu verhelfen, den sie gar nicht haben möchte. Komm, sei nicht so niedergeschlagen! Wir haben noch eine lange, gemeinsame Zeit mit ihr vor uns. Da wird sich schon irgendeine Gelegenheit ergeben, dass ich einmal mit ihr allein sprechen kann. Und sie muss ja wohl blind sein, um nicht zu sehen, dass du keineswegs erleichtert darüber bist, dass sie dein vermeintliches Opfer abgelehnt hat. Wenn sie dann nicht sieht, dass du die Wahrheit gesagt hast, will sie dich wirklich nicht. Aber dann kann auch ich daran nichts ändern. Jetzt komm', wir wollen doch morgen früh aufbrechen, um so schnell wie möglich aus der Kälte herauszukommen.“
    Er hakte Yorn unter und zog ihn mit sich fort. „Ach, ich sehne mich so nach Wärme und Sonne!“ lachte er. „Wenn wir zu Hause sind, werde ich einen ganzen Tag lang nackt in der Sonne liegen müssen, um die Kälte aus meinen Knochen zu vertreiben.“
     
    „Dann such' dir dafür aber ein verschwiegenes Plätzchen“, grinste Yorn, „sonst wirst du nicht viel Ruhe haben.“ Revens Worte hatten in ihm neue Hoffnung geweckt und seine Spottlust kam wieder zum Vorschein. „Ich kenne da nämlich einige Mädchen, die sonst sehr gern Schattenspender bei dir spielen würden.“
     
    „Los jetzt, kriech' unter dein Fell!“ grollte Reven und boxte ihn in die Seite. „Und zieh' es ganz bis nach oben, damit dein Schandmaul auch zugedeckt ist!“
     
    Nur wenig später fiel das schwache rote Licht des niederbrennenden Feuers auf vier tief schlafende Gestalten. Nur Wynn saß wachsam und lauschte dem Heulen einiger Wölfe, das von fern schwach über die Felsen klang.
     
     

Achtes Kapitel
     
     
    Heiß brannte die Sonne auf die vier Reiter nieder, die sich von Norden her den Ausläufern des Gebirges

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