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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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dann lag ihr Geist klar wie ein Frühlingstag vor ihm. Zaghaft tastete er sich weiter, denn vieles, was er fand, war ihm unverständlich und fremd. Doch all das Fremde war durchdrungen von so viel warmer Zuneigung zu ihm, dass Schauer des Glücks über seinen Körper liefen. Yorn spürte, wie seine und Vaneas Gedanken sich miteinander verflochten, zu einer Einheit verschmolzen und trotzdem ihre Eigenständigkeit behielten. Eine Weile trieben sie dahin, ohne festes Ziel, getragen von der Welle der Harmonie, die sie verband. Doch dann formte sich eine klare Botschaft in Yorns Hirn:
     
    „Wir müssen uns jetzt trennen, Yorn. Dein Geist ist noch ungeübt, und du könntest Schaden nehmen. Eine solche Verbindung kostet viel Kraft, du wirst es spüren. Selbst ich kann eine so enge Verbindung nur für kurze Zeit eingehen. Ich werde mich jetzt zurückziehen und auch deine Gedanken aus mir verbannen. Versuche nicht, den Kontakt selbst abzubrechen. Du bist nicht erfahren und würdest mir dabei vielleicht wehtun. Es darf nur ganz vorsichtig geschehen.“
     
    Yorn spürte, wie seine Gedanken zurückgedrängt wurden. Instinktiv erwachte Widerspruch in ihm, denn er wollte den glückhaften Zustand nicht aufgeben. Doch sanft, aber mit unwiderstehlichem Druck wurde er zurückgewiesen. Gleichzeitig spürte er, wie auch Vanea sich aus seinem Gehirn zurückzog. Im gleichen Augenblick, als Vaneas Gedanken in ihm erloschen, breitete sich ein rasender Schmerz in Yorns Kopf aus. Stöhnend griff er sich an die wild hämmernden Schläfen. Er glaubte, sein Kopf müsse zerspringen, und ein heftiger Schwindel überfiel ihn.
     
    „Verzeih mir, Yorn!“ hörte er Vanea sagen und öffnete die Augen. Sie kniete vor ihm und sah ihn schuldbewusst und besorgt an. „Verzeih mir!“ bat sie nochmals. „Ich habe die Verbindung zu lange aufrechterhalten Ich wusste, dass es gefährlich werden könnte, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. Nie habe ich eine ähnliche Vereinigung gehabt, nie so tief empfunden! Es war so phantastisch, so über alle Maßen schön, dass ich mich nur mit größter Willensanstrengung von dir lösen konnte. Komm, leg dich nieder! Wenn du eine Weile ruhig liegst, wird der Schmerz von allein abklingen.“
     
    Yorn folgte ihrem Rat, und wirklich ließ das Dröhnen in seinem Schädel bald nach. Doch noch immer hallte in ihm das berauschende Glücksgefühl nach, das die Gedankenverbindung mit Vanea in ihm hervorgerufen hatte.
    Reven und Kandon hatten die ganze Zeit stumm und atemlos zugesehen. Nur als sich Yorns Gesicht bei der Trennung von Vanea schmerzvoll verzog, hatte Reven eingreifen wo llen. Doch Kandons Hand hielt ihn an seinem Platz, und mit unmissverständlicher Geste machte er dem Besorgten klar, er solle sich nicht einmischen.
    Jetzt atmete auch Reven wieder auf, als er sah, dass der Bruder keinen Schaden genommen hatte. Doch nun wollte er wissen, was Yorn empfunden hatte.
     
    „Ich kann dir das nicht beschreiben“, lächelte Yorn, noch gefangen von dem Erlebnis. „Versuch es doch selbst, dann weißt du, wie es ist.“
     
    Sogleich wandte Reven sich an Vanea. „Versuch es auch mit mir!“ bat er ungeduldig. „Ich möchte wissen, ob auch meine Gedanken dir zugänglich sind.“
     
    „Nein, Reven, jetzt nicht!“ wehrte Vanea ab. „Die Verbindung mit Yorn hat mich viel Kraft gekostet, da ich die Brücke für uns beide aufrechterhalten musste. Morgen können wir es versuchen. Aber versprich dir nicht zu viel davon!“ warnte sie. „Nicht jeder Mensch mag die gleiche Empfänglichkeit besitzen, und ich habe bereits gespürt, dass dein Widerstand gegen das Eindringen meiner Gedanken sehr stark ist. Ich weiß nicht, ob es dir so leicht gelingt wie Yorn, diese Barriere niederzureißen, denn bedenke, was Yorn und mich verbindet! Das mag bei diesem geglückten Versuch die größte Rolle gespielt haben.“
     
    „Na ja, wir werden sehen!“ brummte Reven ein wenig enttäuscht. „Morgen ist auch noch ein Tag und - wenn die Götter wollen - auch nicht der letzte, an dem wir beisammen sind. Es ist spät, und wir sollten besser jetzt schlafen gehen.“
     
    „Aber morgen müssen wir unsere Waffen gut im Gepäck verstecken“, mahnte Yorn noch. „Ihr wißt, antarische Sklaven dürfen keine Waffen tragen, es sei denn, sie sind von ihren Herren zum Schutz von Leib und Leben bestimmt. Doch diese Sklaven tragen besondere Zeichen, an denen man sie sofort erkennt, die wir aber leider nicht nachmachen

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