Das Orakel von Antara
sagte er. „Wir, denen das Orakel Saadhs die Freiheit verkündete, wir zagen und zweifeln. Du aber, in der nicht die Liebe zu unserer Heimat und dem Frieden der vergangenen Tage verwurzelt ist, die nie den Zwang der Knechtschaft und die Furcht vor der Sklaverei kennenlernte - du erinnerst uns an die Verheißung eines Gottes, der nicht der deine ist. Du hast Vertrauen, wo wir kleinmütig sind.“
„Saadh ist nun auch mein Gott und die Antaren sind mein Volk, hast du vergessen, dass du selbst das sagtest?“ antwortete Vanea. „Wie könnte ich jenem Gott nicht vertrauen, der mich vor der Rache Namindas schützte? Und wie könnte ich das Volk und seine Freiheit nicht lieben, für das der Mann, dem mein Herz gehört, sein Leben einsetzt?“
„Verzeih!“ bat Yorn. „Schon wieder beschämst du mich. Wie konnte ich nur denken, dass dir unser Kampf nicht ebenso am Herzen liegt wie uns - ja, vielleicht bist du schon mehr Antarin, als wir alle denken. Doch sei es, wie es will! Wir können nicht mehr zurück. Für uns gibt es nur noch den Weg nach vorn oder den Untergang. Doch jetzt sollte Lagor gehen. Wir wissen nun, was uns erwartet und müssen beraten, wie wir vorgehen wollen.“ Er reichte Lagor die Hand. „Gib Acht auf deinem Weg zurück in den Palast - und möge Saadh dich schützen!“
Kurze Zeit später verklangen die huschenden Schritte des Alten auf der Stiege.
Elftes Kapitel
Am nächsten Vormittag kam Schorangar wieder. Er war ziemlich außer Atem und ließ sich erschöpft auf einem der Betten nieder.
„Ich komme gerade aus dem Palast“, keuchte er. „Lagor hatte mir sagen lassen, dass er mich dringend sprechen müsse, aber keine Möglichkeit sehe, aus dem Schloss zu kommen. Aber er weiß, dass ich immer einen Weg finde hineinzugelangen. Ich kenne nämlich einige der Palastwachen, die mir verpflichtet sind. Aber das nur am Rande. Es gibt schlechte Neuigkeiten! Unser Unternehmen muss noch heute Nacht starten, denn für morgen Abend erwartet man die Ankunft der gefangenen Niveder. Wie ihr selbst sagt, kann das unseren Plan schnell zunichtemachen. Also sagt mir rasch, wie ihr vorgehen wollt, damit ich noch besorgen kann, was nötig ist.“
„Wir haben folgendes beschlossen“, sagte Yorn. „Uns scheint der Weg durch den Garten der sicherere, wenn auch nicht der leichteste. Lagors Sohn soll uns durch die Sklavenunterkünfte zum Garten führen. Ich bin recht geschickt mit dem Wurfseil. Ein ausreichend langes Tau mit einem starken Haken werde ich wohl von der Mauer aus auf den Steinkranz des Turms werfen können. Faßt der Haken, ist es für Kandon und mich kein Problem, bis zu den Fenstern des Turmgemachs aufzusteigen. Reven und Vanea werden unten warten - Reven um Wache zu stehen, und Vanea, um den Wächter im Turm zu besänftigen, der sicher Lärm schlagen würde, wenn aus der Turmkammer Geräusche dringen und er die Nähe anderer Menschen spürt. Gelingt es Vanea, seinen Geist zu beeinflussen, ist der Rest ein Kinderspiel. Dann können wir ohne Störung das glühende Herz Bloors mit dem Wasser des heiligen Wasserfalls löschen. Gelingt es ihr nicht, müssen wir schnell handeln. Bis man entdeckt, was geschieht, und den König geholt hat, sind wir sicher, denn niemand wird ahnen, dass wir von außen in den Turm gekommen sind. Hinein kann keiner, solange der Wächter nicht beruhigt ist - und das kann nur der König mit der Pfeife. Das sollte uns Zeit geben, unser Vorhaben auszuführen und wieder zu verschwinden, ehe auch die Sklaven etwas von dem Tumult mitbekommen haben. Leider können wir ja nicht über die Mauer verschwinden, da der Fels, auf dem das Schloss erbaut ist, dort zu tief abfällt. Wenn wir von hier aufbrechen, sollen auch die Sklaven, die fliehen wollen, sich nach und nach auf den Weg machen. Doch es darf kein Aufsehen erregt werden, denkt daran! Nicht, dass die Nachricht von deren Flucht das Schloss erreicht, ehe wir haben handeln können. Du solltest uns am geheimen Eingang erwarten und dann auch uns zu dem Fluchtweg bringen. Gelingt es uns, heil aus der Stadt zu kommen, müssen zunächst die gefangenen Niveder befreit werden, ehe man sie hinter die Mauern von Blooria schafft. Es wird zum Kampf und zu Vergeltungsmaßnahmen an den Antaren kommen, die sich nicht an der Verfolgung der Flüchtlinge beteiligen wollen. Daher sollten alle, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, loyal gegen die Moradonen verhalten, solange man von ihnen nicht verlangt, ihre
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