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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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verdammte, verflixte Schriftstück. Ich weiß jetzt, was es bedeutet, jedes einzelne Wort. Wie ich es mir gedacht habe, ist es ein Zauberspruch, der einen tief in die Erinnerungen eintauchen lässt.”
    “Den Zauberspruch kennen ist eine Sache. Aber haben wir auch alle Zutaten, die wir dazu brauchen?”
    Ein so mächtiger Zauber benötigte vielleicht ein seltenes Kraut – vielleicht sogar eines, das zu Abrielles Zeiten wuchs, in der Zwischenzeit aber verschwunden war.
    “Wir haben genug von allem, was wir benötigen.” Delyons Grinsen wurde noch breiter und fast versagte ihm die Stimme vor lauter Aufregung. “Sommerknospen, Irrsinnsfarn, Traumkraut und Königinnenbalsam. Das Einzige, was noch fehlt, ist etwas heißes Wasser für den Aufguss.”
    “Das dürfte nicht schwer zu beschaffen sein.” Maura erzählte ihm jetzt von den Küchenfrauen, die sie in der Spülküche beim Geschirrspülen belauscht hatte. Und da wurde ihr mit einem Mal die Bedeutung seiner Worte bewusst. “Ihr habt doch wohl nicht vor, Irrsinnsfarn mit Sommerknospen und Traumkraut zu mischen? Solch ein Gebräu würde mich in einen Schlaf versetzen, aus dem ich nie wieder aufwache!”
    “Seid Ihr Euch da sicher?”, fragte Delyon. “Habt Ihr es je ausprobiert?”
    “Seid Ihr verrückt? Warum sollte ich so etwas Gefährliches ausprobieren?”
    Delyon zuckte die Achseln. “Wie könnt Ihr Euch einer Sache sicher sein, wenn Ihr sie noch nie versucht habt?”
    “Weil Langbard es mir sagte. Und weil jeder Lebensmagier dasselbe sagen würde, der sein Handwerk beherrscht und seine Sinne noch beisammen hat.”
    “Und woher nehmen sie ihr Wissen?” Delyon schien ihr Einwand keineswegs zu verunsichern. “Zweifellos hat ein Lehrer, dem sie vertrauten, es ihnen so beigebracht. Was schützt einen Zauberspruch besser, als wenn man ihn für lebensgefährlich erklärt?”
    Konnte es sich so zugetragen haben? Maura musste zugeben, dass sie noch nie jemanden diesen Zauberspruch hatte anwenden sehen. Und trotzdem …
    “Soll ich Euch und dieser Schriftrolle mehr glauben als dem Mann, der mich großzog? Was, wenn Ihr Euch bei der Übersetzung geirrt habt? Was, wenn Fadenkraut benötigt wird statt Traumkraut? Ihr verlangt von mir, mein Leben aufs Spiel zu setzen, Delyon.”
    Ihre Worte schienen ihn zu bestürzen, aber nur einen Moment lang. “Seit dem Augenblick, wo wir zum Festland aufbrachen, steht Euer Leben auf dem Spiel. Und davor auch schon, als Ihr noch auf der Suche nach dem Wartenden König wart. Wenn wir Velorkens Stab finden, wird uns das den Sieg garantieren. Wenn ich an Eure Stelle treten könnte, ich würde es tun. Mit Freuden.”
    Inzwischen war das Grünfeuer des Zweigs, den Delyon in seiner Hand hielt, schwächer und schwächer geworden. Jetzt erlosch es und Maura stellte sich vor, dass ihr eigenes Leben genauso verlöschen würde. Es stimmte, schon zuvor hatte sie sich in Gefahr begeben, ihr Leben für die Freiheit ihres Volkes riskiert.
    “Was, wenn Ihr Euch täuscht, Delyon? Was, wenn in meinem Gedächtnis keine Erinnerungen meiner Ahnin begraben sind? Was, wenn Velorkens Stab nur eine Legende ist?”
    Delyons Stimme drang durch die Dunkelheit zu ihr. “Eine Legende wie die des Wartenden Königs? Ihr müsst Eure Zweifel an ihm gehabt haben, und doch habt Ihr Euch auf den Weg gemacht. Und die Legende erwies sich als wahr.”
    In gewisser Hinsicht hatte Rath sich nicht als der machtvolle, rätselhafte Krieger erwiesen, den sie gesucht und erwartet hatte. Vielleicht würde auch Velorkens Stab nicht dem Mythos entsprechen, der sich um ihn rankte.
    “Das war etwas anderes. Damals hatte ich keine Wahl.”
    Delyon sprach das aus, was sie selbst dachte: “Und welche Wahl habt Ihr nun?”

16. KAPITEL
    D ie Nacht hielt die Hügelkette am Fuß des Blutmondgebirges in ihrer schwarzen Faust. Doch der Griff begann sich zu lockern. Vielleicht eine Stunde noch, dann würde ein rötlicher Schein über den fernen östlichen Horizont kriechen und einen neuen Tag ankündigen.
    Bis es so weit war, konnten Idrygon und Rath sicher auf einem buckligen Hügel stehen und auf die Lichter der Stadt Prum hinabsehen.
    “Jetzt sollten sie zurück sein”, murmelte Rath.
    Kurz nach Sonnenuntergang hatte er eine kleine Gruppe Männer, die sich in Prum auskannten, hinuntergeschickt, um herauszufinden, ob die Han die Stadt noch besetzt hielten. Es brauchte keinen erfahrenen Spurenleser, um festzustellen, dass die Wächter der letzten Mine dorthin geflüchtet

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