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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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trat beiseite, “aber das Quartier des Ersten Gouverneurs liegt dort.” Er deutete in die andere Richtung.
    Während Maura die Luft anhielt und versuchte, ganz still zu sein, staunte sie darüber, dass sie den in Hanisch geführten Wortwechsel der beiden Männer verstand. Sie konnte ihre verblüffende Sprachkenntnis nicht mehr länger anzweifeln.
    Der Todesmagier warf rasch einen Blick über die Schulter und gewann wieder seine eisige Haltung zurück. “Ich würde nicht im Traum daran denken, Seine Exzellenz zu dieser Stunde zu wecken.”
    “Aber Ihr sagtet, es sei dringend …”
    “Dringend für mich! Ich muss den Bericht vorbereiten, den ich ihm geben will, sobald er wach ist.” Er fixierte den jungen Soldaten mit einem wütenden Blick und eilte dann hastig mit großen Schritten die Galerie entlang.
    Wohin wollte er? Maura war in der Zwischenzeit mit dem Palast vertraut genug, um zu wissen, dass dieser Weg zu den Frauengemächern führte. Sie eilte hinter ihm her und holte ihn ein, als er gerade vor einer der Türen stehen blieb und begann, mit der Faust dagegenzuhämmern. “Mutter. Lasst mich ein. Schnell!”
    Hatten Todesmagier Mütter? Auch wenn Maura wusste, dass sie welche haben mussten, überstieg diese Tatsache ihre Vorstellungskraft. Nach einiger Zeit hörte sie, wie ein Schlüssel umgedreht wurde, und die Tür schwang nach innen auf. Es gelang ihr, hinter dem Todesmagier hindurchzuschlüpfen, bevor die Tür von einer alten Frau wieder geschlossen wurde. Sie trug ein feines Nachtgewand, ihr schütter gewordenes Haar war straff zu einem Zopf geflochten.
    Sie blickte den Zauberer böse an und ihr Ton war scharf, als sie zu ihm sprach. Maura bezweifelte, dass irgendein Han außer dem Ersten Gouverneur es wagen würde, gegenüber einem Mitglied der gefürchteten Echtroi diesen Ton anzuschlagen. “Wie kommst du dazu, zu dieser Stunde an meine Tür zu trommeln? Wird man dich übers Gebirge schicken? Das wäre gut. Wir wollen nicht, dass einer deiner Rivalen die Ehre hat, diesen Aufstand niederzuschlagen.”
    Der Todesmagier schüttelte den Kopf. “Das ist die Geringste unserer Sorgen. Ich fange an, den Verstand zu verlieren. Bald werde ich nur noch ein brabbelnder Idiot sein!” Mit hängenden Schultern ließ er sich auf einen verzierten Stuhl sinken. Seine bleichen Hände fingen an zu zittern.
    “Das kann nicht sein!” Mit steifen Bewegungen ließ sich die alte Frau neben ihm auf die Knie nieder und nahm eine seiner Hände fest in die ihren. “Du bist noch jung und du hattest immer ein unerschütterliches Gemüt, selbst als Kind.”
    Der Todesmagier ließ sich nicht aufmuntern. “Denkt an Tharled. Er war jünger als ich, als er zum tobsüchtigen Verrückten wurde und man ihn wegschließen musste!”
    “Tharled war immer schon zu zart besaitet gewesen.” Die scharfen Züge der Frau verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen. “Nie hätte man ihm erlauben dürfen, sich dem Orden anzuschließen, geschweige denn, so schnell so hoch aufzusteigen. Doch er hatte das Haus Zardisvon hinter sich – diese Aasgeier! Einige Magier können mit den Kräften, die sie besitzen, nicht umgehen. Aber ich kenne auch viele, die bis ins hohe Alter bei Verstand waren und auf der Höhe ihrer Macht starben.”
    In einer dunklen Ecke verborgen lauschte Maura den Worten mit grimmiger Genugtuung. Also entkamen auch die Todesmagier nicht unbeschadet den Schmerzen und den Schrecken, die sie anderen zufügten. Und selbst die, die nicht wahnsinnig wurden, lebten in der Angst, sie könnten es werden. Jetzt verstand sie, wieso ihr plötzliches Erscheinen und Verschwinden in diesem Magier Entsetzen ausgelöst hatte.
    Einen kurzen Moment lang schwebte die Hand der alten Frau über der Schulter ihres Sohnes, als wollte sie ihn trösten. Stattdessen stand sie mühsam auf, nahm ihm gegenüber Platz und meinte in lebhaftem Ton: “Du scheinst jetzt alle deine Sinne beisammen zu haben. Vielleicht hast du das, was immer dich so aufregte, nur geträumt.”
    Der Kopf des Todesmagiers fuhr hoch. “Was ist Wahnsinn denn anderes als träumen, während ich wach bin? Ich sage Euch, ich
sah
sie! Dareth – unten, im Tiefen Gemach.”
    Maura beobachtete, wie bei der Erwähnung des Namens ihrer Mutter ein Ruck durch die alte Frau ging und sie ihren Sohn anstarrte. “Vielleicht ist sie hier. Einer deiner Rivalen könnte das kleine Weibsbild gefunden und hierher gebracht haben, um dich in einem entscheidenden Augenblick in Misskredit zu

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