Das Orakel von Margyle
meinte Maura. “Er … führt einen sehr wichtigen Auftrag für den König aus.”
Es würde Rath guttun, seine alten Kumpane wiederzusehen. Besonders jetzt, wo der Druck, der auf ihm lastete, immer stärker wurde. Ob es wohl einen Weg gab, ein Zusammentreffen zu arrangieren, ohne dass Idrygon es spitzbekam? Maura brütete gerade über diesem Problem, als ein Mann des Vortrupps auf sie zugaloppierte.
Vor Maura und Anulf hielt er sein Pferd an. “Das Dorf ist direkt hinter jenen Bäumen dort, Hoheit. Das Volk hält die Brücke besetzt. Die sehen nicht wie Han aus – sind halt nur Bauern mit Heugabeln und Dreschflegeln. Sollen wir umdrehen oder kämpfen wir uns den Weg frei?”
“Kein Kampf”, sagte Maura. “In diesem Land ist schon viel zu lange viel zu viel Blut vergossen worden. Schlimm genug, dass wir uns mit den Han schlagen müssen. Ich will nicht auch noch Umbrianer miteinander kämpfen sehen.”
“Sollen wir sie umgehen, Mylady?”, fragte Anulf. “Nach einer Furt im Fluss Ausschau halten?”
Maura schüttelte den Kopf. “Das wäre ein zu großer Umweg. Ich versprach, wir würden bei Einbruch der Nacht wieder bei der Armee zu sein.” Sie dachte einen Moment lang nach. “Wenn die Garnison abgezogen ist, könnten die Dorfbewohner jetzt einen Angriff der Gesetzlosen fürchten. Lasst mich hinreiten und mit ihnen sprechen. Ihnen zeigen, dass wir nichts Böses im Schilde führen.”
“Seid Ihr sicher, Mylady?” Anulf sah sie unsicher an. “Falls Euch irgendetwas zustößt, während Ihr unter unserem Schutz steht, dürften wir bedauern, nicht mehr in den Minen zu sein.”
“Mir wird nichts zustoßen. Das hier ist das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Haltet Eure Männer so lange zurück, bis ich Gelegenheit hatte, mit dem zu sprechen, der das Sagen hat.” Während sie ihre Stute vorwärts trieb, rief sie noch: “Und dass mich keiner
Hoheit
nennt, während wir hier sind!”
Sie ritt los und folgte dem Weg durch ein kleines Stück Wald. Als sie jetzt nach vielen Monaten zum ersten Mal die Brücke von Windleford wiedersah, wurde ihr das Herz schwer. In all den Jahren, die sie hier gelebt hatte, war das Dorf für sie nie richtig zur Heimat geworden. Doch als sie jetzt nach langer Abwesenheit zurückkehrte, erfasste sie ein warmes Gefühl der Vertrautheit und Zugehörigkeit.
Sie ließ ihr Pferd in langsamen Schritt fallen und hob die Hände, um zu zeigen, dass sie unbewaffnet war. Als sie nahe genug war, um einige der Männer zu erkennen, welche die Brücke bewachten, rief sie laut: “Master Starbow, wie gehen in solchen Tagen die Geschäfte in Eurem Laden? Master Howen, ist die Verbrennung durch den Schmerzstachel an der Hand von Klein Noll geheilt?”
“Ach du meine Güte!” Der Ladenbesitzer ließ den Knüppel fallen, den er drohend erhoben hatte. “Ist das nicht Mistress Woodbury, die früher beim alten Langbard wohnte?”
“Das ist sie.” Maura streifte die Kapuze vom Kopf. “Ich bin gekommen, um meine Freundin Sorsha einen Tag lang zu besuchen, falls Ihr mich und meine Freunde passieren lasst. Ist die Garnison schon lange abgezogen?”
“Vor fünf Tagen, Mädchen.” Master Starbow beugte sich nieder, um seinen Knüppel wieder aufzuheben. “Zuerst waren alle ganz aus dem Häuschen. Doch dann dachten wir dran, dass die Han hier zumindest immer die Ordnung aufrechterhalten haben. Bevor sie abzogen, gab es Gerüchte von einem Aufstand der Gesetzlosen. Manche von uns meinten, das könnte schlimmer sein als das, was wir vorher hatten.”
“Es
gibt
einen Aufstand. Er wird vom Wartenden König angeführt, so wie die Prophezeiungen es vorausgesagt haben. Das Diesseitsland und das Lange Tal sind vom hanischen Joch erlöst und die Minen wurden befreit. Wenn dieser Aufstand siegt, dann wird es Euch besser gehen.”
Mit einem Mal wurden die Dorfbewohner ganz nachdenklich und begannen, miteinander zu flüstern. Dann meldete sich Noll Howens Vater zu Wort. “Wenn Ihr nur zu Besuch kommt, warum habt Ihr dann all die Männer mitgebracht?”
Maura sah hinter sich und entdeckte Anulf und die anderen, die sich am Waldrand zusammendrängten. Einer hielt einen Bogen schussbereit für den Fall, dass man Maura angreifen würde.
“Diese Männer wollen euch nichts Böses. Sie sind nur mitgekommen, um mich zu beschützen. Es sind unsichere Zeiten und ich befürchtete, es könnten hier immer noch Han herumlungern. Jetzt, da ich weiß, dass ich in Windleford in Sicherheit bin, kann ich meine Eskorte
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