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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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herauszuhören. “Wenn die Dämmerung kommt und der Feind angreift, wollt ihr ihm dann die Stirn bieten und kämpfen?”, rief er ihnen herausfordernd zu. “Wollt ihr Helden sein?
    Hochrufe und Pfiffe erfüllten die Nacht.
    Dann, wie ein Echo, antworteten von jenseits des Waldes hässliche Geräusche – das Klirren von Metallklingen, die gegen Metallschilde schlugen.
    Delyon starrte voller Entsetzen auf die metallenen Äxte, Hacken und Sägen, die in dem riesigen unterirdischen Raum vor sich hinrosteten, immer noch umklammert von den Skeletthänden längst Verstorbener. “Wie es scheint, sind wir nicht die Ersten, die versuchen, den Stab zu holen. Eine gefährliche Sache.”
    “So ist es, wenn man den falschen Weg einschlägt.” Maura hoffte, dass ihre Vermutung stimmte. Sie wollte nicht als weiterer Knochenhaufen auf dem Fußboden enden, als Warnung an zukünftige Suchende.
    Wenn sie scheiterte, würde dann eines Tages eine andere Königin hierherkommen? Maura verdrängte den Gedanken. Sie durfte nicht scheitern! Nicht nach allem, was sie durchgestanden hatte, um es bis hierher zu schaffen.
    “Als ich noch ein Kind war, erzählte Langbard mir alle möglichen Geschichten über Lord Velorken.” Sie ließ die Hand über die raue Borke eines Baumstammpfeilers gleiten. “Ich erinnere mich an eine, in der Lord Velorken in einem verzauberten Wald gefangen war. Je angestrengter er versuchte, die ihn umgebenden Bäume zu fällen, desto dichter wuchsen sie. Schließlich wurde seine Axt stumpf.”
    “Und mit jedem Schlag wurde er schwächer.” Delyon begann zwischen den großen Pfeilern herumzugehen, sorgsam darauf bedacht, nicht auf die Knochenhaufen zu treten. “Meine Großmutter erzählte mir und Idrygon diese alte Geschichte, als wir noch Jungen waren.”
    “Glaubt Ihr, sie birgt einen Schlüssel, der uns helfen könnte, an den Stab heranzukommen?”, fragte Maura.
    Delyon nickte langsam. “Das ist sehr gut möglich. Aber ich vergaß, wie Velorken dem Waldgefängnis entkam.”
    Maura suchte in ihrer Erinnerung nach einer Antwort. “Ist er nicht auf den höchsten Baum geklettert und dann von Ast zu Ast gestiegen, bis er den Waldrand erreichte?”
    “Stimmt.” Delyons Blick glitt am Stamm des Baumes neben ihm hinauf. “Idrygon hasste von jeher diese Geschichte, weil Velorkens Problem nicht durch Gewalt gelöst wurde.”
    Das glaubte Maura ihm gern.
    “Aber was schlagt Ihr vor?” Delyon schüttelte den Kopf. “Dass wir auf einen dieser Pfeiler klettern? Sie haben keine Äste, die Füßen oder Händen Halt bieten könnten. Und selbst wenn wir es schafften, würde uns das nur bis unter die Decke bringen.”
    “Das ist wahr.” Maura zog ihre Wanderstiefel und die Strümpfe aus. “Aber während Ihr über einen besseren Plan nachdenkt, werde ich es versuchen. Wir haben nichts zu verlieren. Kommt, helft mir hinauf.”
    “Vielleicht gibt es ja irgendeine Zauberformel?”, meinte Delyon, als er zu ihr trat und sich hinter sie stellte.
    Maura schürzte ihren Rock. “Wenn Euch eine einfällt, die funktionieren könnte, beginnt auf alle Fälle den Zauber zu singen.”
    In ihrem Kopf spulte sie immer wieder eine einfache Litanei ab:
Bitte, Allgeber, ich brauche deine Hilfe. Zeige mir nur, was ich tun soll, und ich werde es tun.
    Delyon nahm sie um die Taille und hob sie hoch. Verzweifelt suchte Maura an der rauen Rinde nach einem Halt für Finger oder Zehen, fand aber nichts. Vielleicht hatte Delyon recht – es war ein dummer Einfall.
    “So werdet Ihr eine Ewigkeit brauchen, bis Ihr die Spitze erreicht.” Delyon klang etwas atemlos. “Ihr seid schwerer, als Ihr ausseht. Kann ich Euch wieder runterlassen?”
    “Aye.” Maura wollte nicht an all die Aufständigen denken, die ihr die Zeit verschafften, nach dem Stab zu suchen, und damit vielleicht mit ihrem Leben bezahlten.
    Delyon ließ sie los … aber sie fiel nicht zu Boden. Die Baumrinde, die Säge und Äxte hatte stumpf werden lassen, gab irgendwie unter dem sanften Druck ihrer Finger und Zehen nach, gestattete ihr einen leichten Halt.
    “Könnt Ihr Euch festhalten?”, fragte Delyon.
    “Ich weiß nicht so recht.” Maura streckte die Hand aus und presste sie in die Rinde. Unter ihrem stetigen Druck wich diese langsam zurück und formte eine flache Mulde, in die Maura hineingreifen konnte. Das Gleiche passierte, als sie den rechten Fuß hob und die nackten Zehen gegen die Borke presste. Sie konnte sich nicht schnell bewegen – immer nur einen Arm und

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