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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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sich in die Abhängigkeit von Kehlweilers großer Heerschar zu begeben. Sollte der Sohn des Zweiten Weltkriegs doch allein zurechtkommen.
    Dann ließ Kehlweiler Vincent laufen, der schlaftrunken durch die Straßen verschwand, und bewegte sich auf Bank 102 zu. Marc, der nicht vergaß, daß er fünf Bier gezischt hatte und sich dessen bewußt sein mußte, spürte, wie seine leichte Wut zu diskretem nächtlichem Schmollen mutierte und sich dann in Gleichgültigkeit verlor. Kehlweiler setzte sich neben ihn, er hatte wieder dieses seltsame unebenmäßige und kontaktfreudige Lächeln.
    »Du hast heute abend ganz schön getrunken«, sagte er.
    »Das ist das Problem in den Wintermonaten, wenn man mit dem Hintern auf einer Bank sitzt.«
    Was ging ihn das an? Kehlweiler amüsierte sich mit Bufo und war natürlich, so dachte Marc, meilenweit davon entfernt zu vermuten, daß er wieder mal abhauen und diese erbärmlichen Parkbankuntersuchungen sein lassen wollte, Kunst hin, Kunst her.
    »Könntest du Bufo mal kurz halten? Ich suche meine Zigaretten.«
    »Nein. Die Kröte ekelt mich.«
    »Mach dir nichts draus«, sagte Kehlweiler, an Bufo gewandt. »Er weiß es nicht besser. Du mußt dir keine Sorgen machen. Bleib einfach ruhig auf der Bank, ich suche meine Kippen. Also? Gab es weitere Hunde?«
    »Insgesamt vier. Steht alles da drauf. Vier Hunde, vier Bier.«
    »Und jetzt willst du dich verziehen?«
    Kehlweiler zündete seine Zigarette an und reichte Marc das Päckchen.
    »Fühlst du dich in die Enge getrieben? Hast du den Eindruck zu gehorchen, aber gehorchst nicht gern? Ich auch nicht. Aber ich habe dir keine Befehle erteilt, oder?«
    »Nein.«
    »Du bist ganz von allein gekommen, Vandoosler der Jüngere, und kannst ganz allein wieder gehen. Zeig mir deine Liste.«
    Marc sah ihm zu, wie er die Notizen überflog, erneut mit sehr ernsthaftem Gesicht. Er wandte ihm das Profil zu, die Hakennase, die zusammengepreßten Lippen, schwarze Strähnen, die ihm in die Stirn fielen. Es war sehr leicht, sich gegen Kehlweiler im Profil aufzuregen. Sehr viel weniger leicht von vorn.
    »Morgen brauchen wir nicht zu kommen«, sagt Kehlweiler. »Am Sonntag brechen die Leute mit ihren Gewohnheiten, sie führen ihre Hunde ohne Sinn und Verstand aus und, schlimmer noch, wir würden auch noch an Spaziergänger geraten, die nicht aus dem Viertel sind. Das würde Verwirrung stiften unter unseren Hunden. Wir machen Montag nachmittag weiter, wenn du magst, und fangen Dienstag mit den Beschattungen an. Kommst du Montag früh zum Aktenordnen?«
    »Es hat sich nichts geändert.«
    »Achte ganz besonders auf Unfälle und Morde jeder Art, abgesehen von allem anderen.«
    Sie verabschiedeten sich mit einer flüchtigen Geste. Marc ging mit langsamen Schritten nach Hause, von seinen Bieren und dem konfusen Hin und Her seiner Entscheidungen und Gegenentscheidungen ein wenig ermüdet.
     
    So ging es bis zum folgenden Samstag. Zwischen Bank und Bier, Hund und Beschattung, zwischen Artikelausschneiden und Entziffern der Rechnungsbücher von Saint-Amand stellte sich Marc nicht mehr allzu viele Fragen über die Berechtigung seiner Handlungen. Er war in die Sache mit dem Baumgitter verstrickt und sah keine Möglichkeit mehr, da herauszukommen. Die Geschichte interessierte ihn, Hund für Hund, er wollte nun auch verstehen. Mit dem verschlossenen Profil von Kehlweiler kam er zu Rande, und wenn er genug hatte, sorgte er dafür, daß er ihn von vorn zu sehen bekam.
    Von Dienstag bis Donnerstag bat er Mathias um Hilfe, der seine Tugenden als barfüßiger prähistorischer Jäger und Sammler in den Dienst hervorragender zeitgenössischer Beschattungen stellen konnte. Lucien dagegen war zu lärmig für derlei Arbeiten. Er mußte sich immer zu allem und jedem laut und kräftig artikulieren, und vor allem scheute sich Marc, ihn mit einem Deutsch-Franzosen zusammenzubringen, der im tragischen Chaos des Zweiten Weltkriegs geboren worden war. Lucien hätte sofort wie ein Besessener eine historische Untersuchung begonnen, hatte die väterliche Vergangenheit Kehlweilers aufgestöbert, bis er auf die Überreste des Ersten Weltkriegs gestoßen wäre, und das wäre sehr bald die Hölle geworden.
    Donnerstag abend hatte Marc Mathias gefragt, was er über Kehlweiler denke, weil er noch immer mißtrauisch war und die Empfehlung seines Onkels ihn nicht beruhigte. Sein Onkel hatte recht eigene Ansichten über die Verkommenen dieser Welt, und solche konnte man unter seinen besten Freunden

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