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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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kannst.«
    »Gib mir deine Ausschnitte.«
    Marc gab sie ihm und kreuzte befriedigt seine Beine auf dem Tisch. Er gab Marthe ein aufmunterndes Zeichen. Schluß mit Hunden, man würde nun zu anderen Dingen übergehen. Auf Dauer ist es deprimierend, unaufhörlich von Hundescheiße zu reden, es gibt anderes im Leben.
    Louis legte die Ausschnitte wieder zurück, dann wusch er die Kaffeetassen in dem kleinen Waschbecken ab. Anschließend suchte er ein sauberes Tuch, um sie abzutrocknen, und stellte sie auf das Regal zwischen zwei Akten. Marthe räumte die Kaffeedose weg, nahm wieder ihr Buch und machte es sich auf dem kleinen Bett bequem. Louis setzte sich neben sie.
    »Na bitte«, sagte er.
    »Wenn es dir hilft, kann ich auf Bufo aufpassen.«
    »Nein, ich nehme sie lieber mit. Das ist lieb von dir.«
    Marc nahm plötzlich die Beine vom Tisch und stellte seine Stiefel auf den Boden. Was hatte Louis gesagt? Die Kröte mitnehmen? Er drehte sich nicht um, er hatte sich geirrt, er hatte nichts gehört.
    »Hat sie schon mal Seeluft geschnuppert?« fragte Marthe. »Es gibt welche, die vertragen das nicht.«
    »Bufo fühlt sich überall wohl, mach dir wegen ihr keine Sorgen. Warum denkst du, es sei im Finistère?«
    »Hinter einem betrunkenen LKW-Fahrer im Departement Eure kann sich nicht viel verbergen. Die Alte auf den Felsen dagegen – da kann man sich einiges fragen, und außerdem ist es eine Frau. Was ist mit deiner Nase?«
    »Ich habe mich gestoßen, als ich heute morgen aufgestanden bin, ich hab die Tür nicht gesehen, es war im Morgengrauen.«
    »Du kannst froh sein, daß du eine Nase hast, das schützt die Augen.«
    Verdammt noch mal! Würden die noch lange so weitermachen? Marc preßte seine Hände auf die Oberschenkel, krümmte den Rücken, der Reflex eines Mannes, der nicht bemerkt werden will. Kehlweiler würde in die Bretagne fahren, was war das für ein Quatsch? Und Marthe schien das ganz normal zu finden. Hatte er das immer so gemacht in seinem Leben? Nachsehen? Wegen der geringsten Kleinigkeit? Wegen eines Drecks?
    Marc sah auf die Uhr. Fast zwölf, es war Zeit, er konnte sich verziehen, als sei nichts, bevor Kehlweiler ihn als »Mann, der rennt« für seine Jagd nach dem Nichts verpflichtete. Mit so einem Typen, der von der Sinnlosigkeit besessen war, seitdem der Zweite Weltkrieg ihn zur Welt gebracht und die Justiz ihn arbeitslos gemacht hatte, lief man Gefahr, ganz Frankreich auf der Suche nach dem Nichts zu durchqueren. Marc meinte mit verlorenen Illusionen ausreichend versorgt zu sein und hatte nicht die Absicht, auch noch die von Kehlweiler zu übernehmen.
    Louis sah sich seine Nase in einem kleinen Taschenspiegel an, den Marthe ihm hinhielt. Sehr gut. Marc schloß unauffällig die Ordner, knöpfte seine Jacke zu, grüßte alle. Kehlweiler antwortete mit einem Lächeln, und Marc ging hinaus. Als er auf der Straße war, dachte er, das beste sei, woandershin als in die Baracke zu gehen, um zu arbeiten. Er wollte Zeit haben, Gegenargumente vorzubereiten, bevor Kehlweiler wiederkam, um ihn auch noch für die Weiten der bretonischen Provinz zu rekrutieren. So ging er nur auf einen Sprung in sein Zimmer, um mitzunehmen, was er brauchte, um sich bis zum Abend in einem Bistrot zu beschäftigen. Er stopfte eine alte Aktentasche mit Rechnungsbüchern von Saint-Amand voll und lief eilig die Treppe hinunter, als sein Onkel sie gerade ruhigen Schrittes heraufkam.
    »Salut«, sagte Vandoosler der Ältere. »Man könnte meinen, dir seien die Bullen auf den Fersen.«
    Sah man das so deutlich? Später würde er üben, sich nicht aufzuregen, oder, falls das nicht klappen würde, womit zu rechnen war, sich aufzuregen, ohne daß es bemerkt würde.
    »Ich geh ein bißchen weiter weg zum Arbeiten. Wenn dein Kehlweiler aufkreuzt, weißt du nicht, wo ich bin.«
    »Grund?«
    »Der Kerl ist verrückt. Ich habe nichts dagegen, und er hat seine Gründe dafür, aber mir ist lieber, er dreht ohne mich durch. Jedem seine Art, jedem seine Kunst, ich bin nicht dazu berufen, bis ans Ende der Welt dem Wind hinterherzurennen.«
    »Du erstaunst mich«, sagte Vandoosler nur und stieg in den Dachstuhl hinauf, wo er wohnte.
    Marc fand ein gutes Café, ziemlich weit von der Baracke entfernt, und tauchte in die Mitte des 13. Jahrhunderts ab.
     
    Kehlweiler klopfte schweigend auf die kleine Karte, die er aus seiner Kartei gezogen hatte.
    »Wie blöd«, sagte er zu Marthe. »Ich kenne zu viele Leute, ich reise zuviel, und ich begegne zu vielen. Zu

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