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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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und sah plötzlich Pauline vor sich. Ihr Gesicht war nicht versöhnlich. Er wollte wieder aufstehen.
    »Bleib sitzen, Ludwig«, sagte Pauline. »Da du das Arschloch gespielt hast, bleibst du auch sitzen.«
    »Gut. Aber ich habe keine Lust zu reden.«
    »So? Was hattest du dann heute morgen bei mir verloren? So hereinzuplatzen, so zu reden, wie du es getan hast! Für wen hältst du dich, verdammt noch mal?«
    Louis sah zu, wie das Gras naß wurde. Besser Pauline reden lassen, wenn sie wütend war, das war das beste Mittel, damit sich das legte. Sie hatte so oder so völlig recht. Und Pauline redete fünf lange Minuten und beschimpfte ihn mit der Energie, die sie in einen Vierhundert-Meter-Lauf zu stecken vermochte. Aber am Ende der vierhundert Meter muß man schließlich anhalten.
    »Hast du alles gesagt?« fragte Louis und hob das Gesicht. »Gut, stimmt, ich bin einverstanden, du hast in allen Punkten recht, du brauchst nicht weiterzumachen. Ich wollte dir einen Besuch abstatten, das war nicht schlimm, und es war nicht unbedingt nötig, mich vor die Tür setzen zu lassen. Dir einen Besuch abstatten, mehr nicht. Jetzt ist das erledigt, und es ist gut so, du brauchst also nicht stundenlang zu schreien, ich habe nicht mehr die Absicht, dich zu stören, mein deutsches Ehrenwort. Und Darnas ist gar nicht so schlecht. Überhaupt nicht schlecht, übrigens, und sogar mehr noch als das.«
    Louis stand wieder auf. Sein Knie haßte Regen.
    »Hast du Schmerzen?« fragte Pauline schroff.
    »Das macht der Regen.«
    »Hast du das mit dem Bein nicht wieder in Ordnung bringen können?«
    »Nein, du brauchst mich nicht zu bedauern, es ist so geblieben, wie als du weggegangen bist.«
    »Armer Idiot!«
    Und sie verschwand. Offen gestanden, sagte sich Louis, hatte es ihr nichts genutzt, daß sie sich die Mühe gemacht hatte, ihn einzuholen. Oder vielleicht doch, sie hatte ihn beschimpft, sie hatte recht gehabt. Er wollte ein Bier.
    In der Ferne näherte sich Marc auf einem Fahrrad.
    »Ich habe das für einen Tag geliehen«, rief er, als er bei Louis bremste. »Ich mag das. Bist du mit der Frau fertig?«
    »Völlig fertig«, erwiderte Louis. »Unsere Beziehungen sind gespannt und inexistent. Aber der Ehemann ist sehr interessant, ich werd’s dir erzählen.«
    »Wo gehst du hin?«
    »Ein Bier trinken. Im Café gucken, wie weit die Bullen sind.«
    »Steig auf«, sagte Marc und deutete auf den Gepäckträger.
    Louis dachte eine halbe Sekunde nach. Früher konnte er radfahren, da hatte er sich nie fahren lassen. Aber Marc, der bereits sein Rad wendete, legte sichtlich keinerlei verletzende Absicht in seinen Vorschlag. Er wollte helfen, Punkt, aus. Marc war nicht wie er, er war nie verletzend.
    Fünf Minuten später bremste Marc vor dem Café de la Halle. Auf der Strecke hatte er die Zeit gehabt, Louis in Wind und Regen schreiend zu erzählen, daß er den Seigneur von Puisaye vorläufig aufgegeben und sich das Fahrrad geliehen hatte, um eine Tour durch die Gegend zu machen, und daß er da gegenüber dem Campingplatz, gegenüber dem großen Einkaufszentrum ein irrsinniges Ding entdeckt hatte. Eine Art vier Meter hohe Maschine, eine riesige, großartige Masse aus Eisenschrott und Kupfer, die in den kleinsten Details komplex zusammengesetzt war, voller Hebel, Räderwerke, Platten, Kolben – und das ganze strikt zu nichts nutze. Als er wie betäubt vor diesem außergewöhnlichen Dings stehengeblieben war, war ein Typ aus dem Ort vorbeigekommen und hatte ihm gezeigt, wie es funktionierte. Er hatte unten mit einer Handkurbel gekurbelt, und die gewaltige Maschine hatte angefangen, sich zu bewegen, und nicht ein Hebel, der sich nicht bewegte, die Bewegung hatte sich in alle Richtungen fortgesetzt und war die vier Meter Höhe voller Gelenkverbindungen hinaufgestiegen, um an den Seiten wieder hinunterzustürzen, und wozu das alles? Ich wette hundert zu eins, daß du nicht drauf kommst, hatte Marc, den Kopf zum Gepäckträger gewandt, gebrüllt, alles nur, damit am Ende ein Hebel auf eine Papierrolle schlägt und darauf druckt: Sehr gut möglich. Erinnerung an Port-Nicolas. Der Typ hat gesagt, daß man das Papier mitnehmen könne, es wäre für mich, gratis, es gebe hundert und eine Variante. Danach hatte Marc noch viele Male die Kurbel gedreht, die riesige unnütze Maschine erzittern lassen und eine Menge kleiner Maximen und Erinnerungen an Port-Nicolas erhalten. Darunter waren, ungeordnet, Sie glühen. Erinnerung an Port-Nicolas, dann Nicht zuviel

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