Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
ich ihr ja auch immer. Sie will, daß ich abhaue.«
Andrews ging auf McDermotts Witz ein. »Die zähen noch schlechter, hab’ ich gehört.«
»Unmöglich... Da ist Jenkins. Ich melde mich wieder.«
Joseph Cardone steuerte seinen Cadillac in die kreisförmige Einfahrt und parkte vor der Steintreppe, die zu der mächtigen Eichentür hinaufführte. Er schaltete den Motor ab und streckte sich, hob dabei die Ellbogen bis ans Wagendach. Dann seufzte er und weckte seine zwei Jungen, sechs und sieben Jahre alt. Ein drittes Kind, ein vielleicht zehnjähriges Mädchen, las ein Comic-Heft.
Neben Cardone saß seine Frau Betty. Sie blickte zum Fenster hinauf auf das Haus. »Es ist gut, einmal wegzukommen, aber noch besser ist es, wenn man dann wieder zu Hause ist.«
Cardone lachte und legte seiner Frau die große Hand auf die Schulter. »Ich glaube, du meinst das ernst.«
»Tu’ ich auch.«
»Bestimmt. Du sagst das nämlich jedesmal, wenn wir nach Hause kommen. Wort für Wort.«
»Ist auch ein schönes Haus.«
Cardone öffnete die Tür. »Hey, Prinzessin... Du kannst mit deinen Brüdern eurer Mutter mit den kleineren Taschen helfen.« Cardone zog den Schlüssel aus dem Zündschloß. Er ging zum Kofferraum. »Wo ist Louise?«
»Sie kommt wahrscheinich erst Dienstag. Wir sind ja drei Tage früher gekommen, weißt du. Ich hab’ ihr bis Dienstag freigegeben.«
Cardone zuckte zusammen. Der Gedanke an die Kochkünste
seiner Frau war nicht besonders angenehm. »Dann gehen wir auswärts essen.«
»Das müssen wir auch heute. Es dauert zu lange, etwas aufzutauen.« Betty Cardone ging die Steintreppe hinauf und holte den Haustürschlüssel aus der Handtasche.
Joe tat die Bemerkung seiner Frau ab. Er liebte gutes Essen und war mit den kulinarischen Künsten seiner Frau nicht zufrieden. Reiche Debütantinnen aus Chestnut Hill kochten eben nicht so gut wie italienische Mamas von der Südseite von Philadelphia.
Eine Stunde später lief die zentrale Klimaanlage, und die stickige Luft in dem seit fast zwei Wochen ungelüfteten Haus begann langsam wieder erträglich zu werden. Er bemerkte solche Dinge. Er war ein ungewöhnlich erfolgreicher Sportler gewesen – seine Straße zum Erfolg, gesellschaftlich wie finanziell. Er trat auf die vordere Terrasse und blickte auf den Rasen mit der großen Trauerweide, um die die kreisförmige Zufahrt herumführte. Die Gärtner hatten das alles hübsch in Ordnung gehalten. Das konnte man auch erwarten, bei dem Geld, das die verlangen. Nicht, daß es ihm noch darauf ankam.
Und da war er plötzlich wieder. Der Streifenwagen. Das war das drittemal, daß er ihn jetzt sah, seit er den Highway verlassen hatte.
»Hey, Sie da! Stehenbleiben!«
Die beiden Beamten in dem Wagen sahen einander kurz an und schienen davonrasen zu wollen. Aber Cardone war schneller.
»Hey! «
Der Streifenwagen hielt an.
»Ja, Mr. Cardone?«
»Was ist denn los? Hat es hier Ärger gegeben?«
»Nein, Mr. Cardone. Es ist Ferienzeit. Wir überprüfen nur
unsere Zeitpläne, wenn die Leute vom Urlaub zurückkehren. Sie sollten heute nachmittag zurückkommen, also wollten wir uns vergewissern, daß das auch Sie waren. Jetzt können wir Ihr Haus von unserer Liste streichen.«
Joe musterte den Polizisten. Er wußte, daß der Beamte log, und der Polizist wußte, daß er das wußte.
»Sie verdienen sich Ihr Geld.«
»Wir geben uns Mühe, Mr. Cardone.«
»Ich wette, daß Sie das tun.«
»Guten Tag, Sir.« Der Streifenwagen jagte davon.
Joe blickte ihm nach. Er hatte erst Mitte der Woche wieder ins Büro gehen wollen, aber das ging jetzt nicht. Er würde morgen nach New York fahren.
Zwischen fünf und sechs an Sonntagnachmittagen pflegte Tanner sich in sein Arbeitszimmer einzuschließen, ein mit Nußbaumpaneelen verkleidetes Zimmer mit drei Fernsehgeräten. Er sah sich dann gleichzeitig drei verschiedene Interviewsendungen an.
Alice wußte, daß ihr Mann das tun mußte. Als Chef der Nachrichtenredaktion von Standard Mutual gehörte es zu seinen Aufgaben, über die Konkurrenz informiert zu sein. Dennoch fand Alice, daß an einem Mann, der alleine in einem schwach beleuchteten Raum saß und gleichzeitig drei Fernsehgeräte beobachtete, etwas Unheimliches war, und sie machte ihm auch oft deshalb Vorhaltungen.
Heute erinnerte Tanner seine Frau daran, daß ihm der nächste Sonntag entgehen würde – Bernie und Leila würden da sein, und nichts und niemand durfte ein Osterman-Weekend stören. Also saß er in dem
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