Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
nichts weiß. Dort versuche ich es einmal. Ich werde das Telefon in der Küche nehmen. Ich will die Kinder nicht wecken.«
Fassett ging sofort ans Telefon.
»Hier ist Tanner. Wissen Sie, was geschehen ist?«
»Ja. Sie haben verdammt schnell gedacht. Sie können einen Job bei uns haben.«
»Das wäre das letzte, was ich wollte. Was werden Sie jetzt tun? Sie können sich doch keine große Suchaktion leisten.«
»Das wissen wir. Cole und Jenkins kümmern sich darum. Wir werden uns schon etwas einfallen lassen.«
»Und dann?«
»Es gibt da einige Möglichkeiten. Ich habe jetzt nicht die Zeit, Ihnen das alles zu erklären. Außerdem brauche ich diese Leitung. Nochmals vielen Dank.« Fassett legte auf.
»Ich hab’s bei zweien probiert«, sagte Tanner und ging ins Wohnzimmer zurück. »Kein Glück... Versuchen wir zu schlafen. Wahrscheinlich haben sie irgendwo eine Party gefunden und sich einfach selbst eingeladen. Wir haben das schließlich auch schon gemacht.«
»Schon seit Jahren nicht mehr«, sagte Ali.
Beide taten so, als schliefen sie. Das Ticken der Uhr war wie ein Metronom. hypnotisch, zum wahnsinnig werden. Schließlich merkte Tanner, daß seine Frau eingeschlafen war. Er schloß die Augen, spürte das schwere Gewicht seiner Lider, war sich der völligen Schwärze bewußt, die ihn umgab. Aber sein Gehör wollte nicht zur Ruhe kommen. Um sechs Uhr vierzig hörte er einen Wagen. Das Geräusch kam von der Straße vor seinem Haus. Tanner stand auf und ging schnell ans Fenster. MacAuliff kam auf das Haus zugegangen; er war allein. Tanner ging ihm entgegen.
»Meine Frau schläft. Ich will sie nicht wecken.«
»Das ist jetzt nicht wichtig«, sagte MacAuliff mit beinahe drohender Stimme. »Ich habe mit Ihnen zu tun.«
»Was?«
»Die Cardones und die Tremaynes sind von einer kräftigen Dosis Äther betäubt worden. Man ließ sie abseits der Straße in der Nähe der alten Lassiter-Station im Wagen. Jetzt möchte ich wissen, warum Sie uns dort hingeschickt haben. Woher wußten Sie das?«
Tanner konnte MacAuliff nur stumm anstarren.
»Ihre Antwort?«
»So wahr mir Gott helfe, das weiß ich nicht! Ich habe nichts gewußt... Ich werde diesen Mittwochnachmittag so lange ich lebe nicht vergessen. Das würden Sie auch nicht, wenn Sie ich wären. Der Bahnhof ist mir einfach in den Sinn gekommen. Das schwöre ich!«
»Ein verdammt seltsamer Zufall, nicht wahr?«
»Hören Sie, wenn ich das gewußt hätte, dann hätte ich es Ihnen doch schon vor Stunden gesagt! Ich hätte nicht zugelassen, daß meine Frau das alles mitmacht. Um Gottes willen, seien Sie doch vernünftig!«
MacAuliff musterte ihn fragend. Und Tanner fuhr fort: »Wie ist es passiert? Was haben sie gesagt? Wo sind sie?«
»Sie sind jetzt im Ridge Park Hospital. Man wird sie frühestens morgen früh entlassen.«
»Sie müssen doch mit ihnen gesprochen haben.«
Nach Tremaynes Ansicht, erklärte MacAuliff, wären die vier höchstens eine halbe Meile den Orchard Drive hinuntergefahren, als sie eine rote Notfackel auf der Straße sahen und einen Wagen, der am Straßenrand parkte. Ein Mann hielt sie auf; ein gutgekleideter Mann, der ohne weiteres ein Einwohner von Saddle Valley hätte sein können. Aber das war er nicht. Er hatte Freunde besucht und war auf dem Rückweg nach Westchester. Sein Wagen hatte plötzlich Motorschwierigkeiten bekommen, und er saß fest. Tremayne erbot sich, den Mann zum Haus seiner Freunde zurückzufahren, und der Mann nahm an.
Das war das letzte, woran Tremayne und die beiden Frauen sich erinnerten. Offenbar war Cardone während des ganzen Zwischenfalls bewußtlos gewesen.
An der verlassenen Bahnstation fand die Polizei in Tremaynes Wagen eine unetikettierte Aerosoldose. Man würde sie morgen untersuchen, aber MacAuliff zweifelte nicht, daß es sich um Äther handelt.
»Da muß ein Zusammenhang mit letzten Mittwoch da sein«, sagte Tanner.
»Der Schluß liegt auf der Hand. Aber jeder, der diese Gegend hier kennt, weiß, daß die Umgebung des alten Bahnhofs verlassen ist. Ganz besonders weiß das jeder, der die Zeitungen gelesen oder sonstwie vom letztem Mittwoch gehört hat.«
»Ja, das denke ich auch. Hat man sie – auch beraubt?«
»Kein Geld und keine Brieftaschen oder Schmuck. Tremayne
sagte, ihm fehlten einige Papiere aus der Jackentasche. Er war sehr beunruhigt.«
»Papiere?« Tanner erinnerte sich daran, daß der Anwalt erwähnt hatte, in seinem Jackett seien ein paar Notizen. Notizen, die er vielleicht
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