Das Paradies am Fluss
widerspricht Tom, »dass alles, was wir kaufen würden, auch viel billiger wäre. Wenn der Markt günstig für Käufer ist, können wir davon profitieren. Das funktioniert ja wohl in beide Richtungen.«
Auch dieses Streitgespräch schlägt eine vertraute Wendung ein, und Cass ist erleichtert, als sie Oliver und Kate in der Diele hört.
»Bitte, setz Kate nicht zu, dass sie wieder hierher ziehen soll!«, sagt sie schnell. »Sie freut sich so darüber, dass Jess zu Besuch kommt, und ich will, dass sie es genießt. Im Moment braucht sie unsere Meinung dazu nicht.«
Kate ist entschlossen, das Gespräch von Scheidungen oder dem Umzug in ein kleineres Haus wegzulenken, daher erzählt sie beim Mittagessen von Jess.
»Es war so ein Schock zu sehen, wie ähnlich sie Juliet ist«, sagt sie. »Natürlich ist Jess auch ungefähr so alt wie Juliet, als ich sie kennengelernt habe. Das war wie ein Blick in die Vergangenheit. Wir haben den Kontakt verloren, nachdem Mike und Juliet nach Australien gegangen sind, doch Jess war ganz begeistert darüber, dass ich sie kannte. Was für ein erstaunlicher Zufall!«
»Ich kann es nicht abwarten, sie kennenzulernen«, meint Tom. »Besonders, weil du uns jetzt erzählt hast, dass sie ganz wie ihre Großmutter aussieht. Juliet war ein richtiger Hingucker. Wir waren alle hinter ihr her. Aber traurig, das mit dem guten, alten Mike! Ich frage mich, ob Juliet jetzt, nach seinem Tod, zurückkommt.«
»Höchst unwahrscheinlich«, sagt Cass. »Sie waren bestimmt seit vierzig Jahren da draußen. Warum sollte sie zurückkommen? Vor allem, da Jess’ Vater auch tot ist. Was für eine Tragödie! Das arme Mädchen!«
»Jess hat mir erzählt, dass ihr Vater und Mike sich nicht gut verstanden haben«, erklärt Kate. »Deswegen ist ihr Vater nach seinem Schulabschluss nach England zurückgekehrt, um zum Militär zu gehen. Ich muss sagen, dass sie eine brillante Künstlerin und ein wirklich nettes Mädchen ist.«
»Ich freue mich darauf, sie kennenzulernen«, meint Oliver.
»Wir veranstalten eine große Wiedersehensfeier«, überlegt Tom. »Wir stellen sie dem alten Johnnie vor und zeigen ihr, wo damals alles passiert ist. Sie kann die alte Lady T. und Sophie kennenlernen.«
»Sie hat mir immer schreckliche Angst eingejagt«, sagt Kate. »Lady T., meine ich. Nach unserer Scheidung hat sie mich geschnitten, wenn sie mich in der Stadt gesehen hat, aber Johnnie war immer der Alte.«
»Johnnie ist ein totaler Schatz«, wirft Cass rasch ein und versucht, so zu tun, als hätte Kate das »S«-Wort nicht gebraucht. Jetzt wird Tom mürrisch und zerfahren werden und über Gemma und Guy nachdenken, und Oliver wird ihn wahrscheinlich provozieren, nur so zum Spaß.
»Jedenfalls«, spricht Kate, die sich der Gefahr ebenfalls bewusst ist, rasch weiter, »kann ich es kaum abwarten, dass ihr Jess trefft. Es wird ihr Spaß machen, Freunde ihrer Großeltern zu treffen.«
»Wann kommt sie denn nun?«, fragt Oliver. Kates Beschreibung von Jess’ Person und ihre ziemlich trostlose kleine Geschichte faszinieren ihn. »Ich glaube, ich werde noch eine Weile hier herumlungern, damit sie ein wenig jüngere Gesellschaft hat. Ich weiß ja, dass ihr damals ein Haufen lockerer Typen wart«, er strahlt seinen Vater an, »aber trotzdem …«
»Nächste Woche, hoffe ich. Ihr gefällt die Idee, einige Zeit hier zu verbringen, daher mache ich das Haus in der Chapel Street für sie zurecht. Ich hoffe, dass ich selbst ab Dienstag dort wohnen kann, sobald die Möbel gekommen sind. Dann kann ich euch in Frieden lassen.«
»Du kannst bei uns wohnen, solange du möchtest«, sagt Cass. »Das weißt du doch.«
Kate lächelt. Die beiden sind durch lebenslange Freundschaft und Liebe, geteilte Schrecken und dumme Witze verbunden, und all das auf einer festen Basis aus gegenseitiger Unterstützung.
An dieser Beziehung kann, so denkt Cass, doch nicht einmal Guys und Gemmas Scheidung etwas ändern – oder? Und warum musste es ausgerechnet Mark sein, fragt sie sich ärgerlich? Damals, vor vielen Jahren, hätte Kate sich jeden Mann aussuchen können. Sie hätte Johnnie oder Freddy nehmen können. Auf der Party bei den Trehearnes, wo alles angefangen hat, waren Kate, Johnnie und Fred unzertrennlich. Warum hat sie sich für Mark entschieden?
Cass steht auf, um Kaffee aufzubrühen. Sie füllt den Kessel, stellt ihn auf die Herdplatte und wartet darauf, dass das Wasser zu kochen beginnt. Dabei sieht sie vor ihrem inneren Auge die Grüppchen, die
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