Das Paradies am Fluss
ausgezeichnet darauf verstand, seinen Vater auf die Palme zu bringen.
»Und was Ma angeht, hat die Sache auch Vorteile«, setzt er leise hinzu. Die Geister dicht hinter sich bemerkt er nicht. »Gemma und die Zwillinge fehlen ihr. Dass sie so weit weg wohnen, hat ihr gar nicht gefallen. Jetzt kommt Gemma nach Hause und bringt die Zwillinge mit.«
»Aber … Scheidung. Und was ist mit Guy?«
»Ach ja.« Oliver zuckte mit den Schultern. »Ganz unter uns, Kate, ich glaube nicht, dass Ma sich allzu große Sorgen um Guy macht.«
»Also, ich sorge mich schon«, gibt sie empört zurück. »Er ist schließlich mein Sohn. Ich möchte, dass er glücklich ist.«
Er wirft ihr einen scharfen Blick zu. »Und, ist er glücklich? Ich kenne Guy schon mein Leben lang, und er kommt mir nicht vor wie jemand, der zum Glücklichsein geschaffen ist. Kurze fröhliche Augenblicke hier und da. Ab und zu ein momentanes Hochgefühl, meistens nach einem oder zwei Drinks. Aber glaubst du wirklich, dass Guy jemand ist, der ganz durchschnittlich, normal und tagtäglich glücklich sein kann?«
Sie starrt ihn an, denn seine Bemerkung rührt an eine persönliche, tief in ihrem Herzen verborgene Furcht. »Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
Zögernd, betrübt nickt sie. »Doch das ändert nichts daran, dass ich es mir für ihn wünsche.«
Er sieht sie mitfühlend an, aber bevor er etwas sagen kann, öffnet sich die Küchentür, und Cass und Tom stürzen, mit Tüten und Paketen beladen, herein, reden durcheinander und erschrecken den schlafenden Hund zu Kates Füßen.
Kate springt auf, um Cass zu umarmen und sich von Tom küssen zu lassen. Doch selbst hier sind die Geister anwesend. Hinter Toms Schulter schaut ein junger, raubeiniger U-Boot-Kapitän hervor. Seine braunen Augen blitzen, und eines davon zwinkert hinter Cass’ Rücken beifällig. Cass’ Geist ist schlank und sexy, bindet sich das lange blonde Haar hoch und beugt sich dann zu Kate herüber, um ihr eine anzügliche Bemerkung ins Ohr zu flüstern.
Oliver sieht die Geister nicht. Er bringt sein Glas vor den umkippenden Einkaufstüten in Sicherheit, beruhigt den Hund und lächelt seinen Eltern gelassen zu. »Wieso habt ihr so lange gebraucht?«, fragt er munter und strahlt seinen Vater an. »Hast du dich heute Vormittag dem Kaufrausch hingegeben, Pa? Hast du daran gedacht, eine Zeitung zu kaufen?«
»Hör bloß auf!«, meint Cass warnend. »Schenk uns lieber etwas zu trinken ein! Tut mir leid, dass wir so spät kommen, Liebes.« Sie umarmt Kate noch einmal kurz. »Du weißt ja, was freitags immer los ist. In Tavistock war es brechend voll. Es gibt sofort Essen.«
»Einkäufe«, sagt Tom, zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich. »Ich hasse Einkäufe.« Er betrachtet die halb leere Weinflasche. »Die hatte ich eigentlich fürs Abendessen vorgesehen.«
»Kate hat er geschmeckt.« Olivers Stimme klingt leicht vorwurfsvoll. Er tadelt seinen Vater, weil er ein schlechter Gastgeber ist. Oliver beugt sich vor, nimmt die Flasche und schenkt Kates Glas voll. »Oder, Kate?«
Wie immer, wenn Oliver seinen Vater provoziert, möchte Kate am liebsten schallend lachen. Auf Toms Miene mischen sich Frustration, Zorn und Zerknirschung, als er jetzt beteuert, er freue sich sehr, dass er ihr schmeckt. Natürlich freut er sich.
»Und außerdem«, sagt Oliver, »wette ich, dass du noch jede Menge davon hast. Was gibt’s zum Mittagessen, Ma?«
Kate steht auf. »Soll ich dir helfen, Cass? Oder wäre es dir lieber, wenn Oliver und ich mit Flossie spazieren gehen, während du dich sortierst?«
»Ja, das wäre es«, antwortet Cass dankbar, »wenn es für euch in Ordnung ist. Es war alles ein bisschen hektisch, und ich möchte diese Sachen wegräumen. Ich bin ziemlich spät dran …«
»Und ich bin zu früh gekommen«, gibt Kate zurück. »Komm, Ollie!«
Mit einer eleganten Bewegung steht er auf, nimmt ein Glas aus der Anrichte und stellt es zusammen mit der Flasche vor seinen Vater hin. »Bedien dich!«, sagt er freundlich. »Du siehst aus, als könntest du einen Drink gebrauchen.«
»Warum machst du das eigentlich?«, fragt Kate. Sie gehen gerade durch die Diele und bleiben auf der Treppe des ehemaligen Pfarrhauses stehen, um sich die Jacken anzuziehen. »Warum reizt du Tom so gern?«
Oliver zuckt mit den Schultern. »Weil ich es kann. Er springt so schön darauf an, immer schon.«
Das stimmt. Schon als Kind hatte Oliver den Kniff heraus, seinen Vater auszutricksen, und
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