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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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immer noch so heiß, was?«, sagt Sophie. »Erstaunlich für Oktober. Sollen wir im Sommerpavillon picknicken? Es wäre eine Schande, einen so herrlichen Tag im Haus zu vergeuden. Schade, dass die Gezeiten nicht richtig stehen, sonst hätten wir nach dem Lunch alle segeln gehen können.«
    »Ich hoffe, dass wir morgen früh eine oder zwei Stunden hinausfahren können, um zu sehen, wie Jess sich anstellt«, gibt Johnnie zurück. »Wir könnten zum Hamoaze fahren, wenn der Wind richtig steht. Soll ich dir tragen helfen?«
    »Ja, bitte. Ich suche ein paar Sachen zusammen und stelle sie auf ein Tablett.«
    »Ist Jess schon wieder zurück?«, fragt Rowena und tritt in die Küche. »Es muss doch fast Mittagszeit sein.«
    »Wir haben gerade gesagt, dass ein Picknick im Sommerpavillon eine gute Idee wäre«, meint Sophie. »Nett für Jess. Ungezwungen und vergnüglich.«
    »Junge Leute lieben Picknicks«, setzt Johnnie hinzu.
    »Sie ist doch kein Kind«, erwidert Rowena, die seine banale Bemerkung irritiert. »Ich bin mir sicher, dass Jess durchaus in der Lage ist, am Esszimmertisch mit Messer und Gabel zu essen. Indes …«
    Das »indes« hängt noch in der Luft, als sie sich abwendet und hinausgeht, eine unausgesprochene, wenn auch zögerliche Erlaubnis. Johnnie und Sophie wechseln einen kurzen, amüsierten Blick. Von draußen hören sie Stimmen: Jess klingt, als entschuldigte sie sich, und Rowena beruhigt sie.
    »Sie sind überhaupt nicht spät dran. Und wir picknicken im Sommerpavillon. Ich dachte, das würde Ihnen gefallen. Da können Sie sich vorstellen, wie es war, als wir dort unsere Partys gefeiert haben. Juliet liebte Partys und Picknicks …«
    Die Stimmen entfernen sich in Richtung Seegarten.
    »Sie ist unmöglich«, meint Sophie. »Und ich finde immer noch, dass da etwas im Gange ist. Ich weiß ja, dass Mike Als bester Freund war, aber ich habe Rowena noch nie so erlebt. So verhält sie sich nicht einmal gegenüber ihren eigenen Enkeln und Urenkeln.«
    Johnnie hebt das mit Messern, Gabeln und Tellern beladene Tablett an und setzt es dann wieder ab. »Ich glaube, das alles hat sie erschüttert«, sagt er. »Jess sieht genau wie Juliet früher aus, und ich muss zugeben, dass das ziemlich unheimlich ist. Al hatte viel für Juliet übrig, weißt du, und Mutter fand, Al hätte sie heiraten sollen. Sie war immer der Meinung, dass Al alles haben sollte, was er wollte, sogar die Frau seines besten Freundes. Doch das ist alles lange her, und ich glaube, Mutter redet sich inzwischen ein, dass Juliet ebenso zu Al gehört hat wie zu Mike, weil sie alle so gut befreundet waren. Und Jess gehört eben auch dazu. Vielleicht ist es Mutters Art, die Vergangenheit lebendig werden zu lassen und glückliche Erinnerungen an alle, besonders an Al, zu pflegen. Schließlich ist sie zweiundneunzig, und wir dürfen ihr keinen Vorwurf machen, wenn sie ein bisschen verwirrt wird.«
    »Ihr Verstand ist so scharf wie eine Rasierklinge«, wendet Sophie ein, »aber ich kann schon verstehen, dass sie vielleicht die Geschichte ein wenig umschreiben und sich so an die glückliche Vergangenheit erinnern möchte, wie sie sie gern gehabt hätte. Wahrscheinlich ist sogar Rowena zu einem gelegentlichen Anflug von romantischer Nostalgie in der Lage, obwohl mir das bei ihr ziemlich unwahrscheinlich vorkommt.«
    »Das waren aber auch glückliche Zeiten!« Johnnie klingt, als versuchte er, sich selbst davon zu überzeugen. »Al und Mike waren dicke Freunde, doch sie haben sich auch Konkurrenz gemacht, und Mike hat Juliet bekommen. Al war ziemlich beeindruckt von ihr. Jedenfalls glaube ich, dass Mutter sich an die Zeit erinnern möchte, als sie alle noch ganz jung waren. Wie du schon sagtest, übertüncht sie dabei das, woran sie sich nicht erinnern möchte.«
    »Aber es ist auch merkwürdig. Wenn Juliet zwischen Al und Mike stand, sollte man meinen, dass Rowena etwas gegen sie hätte und überhaupt nicht den Wunsch hegen würde, ihre Enkelin kennenzulernen, geschweige denn, sie so freundlich aufzunehmen. Das wäre doch eine ganz normale Reaktion, oder?«
    Johnnie runzelt die Stirn, als versuchte er, die Sache aus dem Blickwinkel seiner Mutter zu sehen. »Ich sagte ja schon, meiner Meinung nach geht es nur darum, dass Mutter die Gelegenheit ergreift, mit jedem zu reden, der in irgendeiner, wenn auch entfernten, Beziehung zu Al gestanden hat. Über die Partys, das Tanzen und den Spaß von damals zu sprechen gibt ihr die Möglichkeit, alles noch einmal zu

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