Das Paradies am Fluss
verraten, aber er kommt auf jeden Fall nach Hause. Er muss erst einmal zurück und einiges regeln, doch er hat den Entschluss gefasst. Dann sind Gemma und er nach London gefahren, und Cass tauchte auf. Sie hat sich vor Tom zu mir geflüchtet und wollte wissen, wie Guys Pläne aussehen. Es ist schrecklich, nicht offen mit ihr reden zu können, aber der Junge hält so auf seine Privatsphäre und möchte auf keinen Fall, dass etwas bekannt wird, bevor er ganz genau weiß, was er will.«
»Nun ja, das ist nur fair«, meint Bruno. »Vor allem in seiner Lage, angesichts seiner Ehekrise und des Umstands, dass Gemma ihn verlassen und die Jungs mitgenommen hat. Da wird er im Moment keine Lust auf gemütliche Plaudereien mit seinen Schwiegereltern haben, was?«
»So hat er es auch ausgedrückt. Er hat Tom und Cass nicht ein einziges Mal besucht. Tom ist nicht sehr erfreut darüber, aber Cass hat Verständnis. Ich werde so froh sein, wenn das alles vorüber ist und wir beide unsere alte, ungezwungene Freundschaft wieder aufnehmen können! Es fühlt sich vollkommen verkehrt an, mit Cass uneinig zu sein. Jedenfalls ist sie dann gegangen, und Oliver ist aufgekreuzt. Ich habe ihm von meinem Zwiespalt erzählt, dass ich nicht weiß, wo ich in Zukunft leben soll.«
Ein kurzes Schweigen tritt ein.
»Und was hat er gesagt?«, fragt Bruno.
Sie denkt über ihr Gespräch mit Oliver nach und fasst es kurz zusammen. »Er findet, ich sollte in St. Meriadoc bleiben und dieses Haus hier vermieten.«
»Vernünftiger Bursche, dieser Oliver!«, erwidert Bruno. »Und, nimmst du seinen Rat an?«
»Und«, fällt Kate hastig ein, »nachdem Oliver gegangen war, hat Jess angerufen und gefragt, ob sie wieder eine Weile bei mir wohnen könne. Die arme alte Lady T. ist gestern gestorben, und Jess steht unter Schock und meint, sie fühle sich ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen, wenn die ganze Familie zum Begräbnis kommt. Daher habe ich natürlich Ja gesagt.«
»Selbstverständlich«, pflichtet er ihr bei.
Seine Stimme ist warm und voller Verständnis, und Dankbarkeit und Liebe steigen in ihr auf.
»Ich komme aber bald zurück«, erklärt sie rasch. »Das will ich dir auch raten«, sagt er milde.
Als Oliver am nächsten Tag Gemma vom Bahnhof in Plymouth abholt, nimmt er die Veränderung an ihr sofort wahr. Sie strahlt vor Glück und Wohlbefinden, und er grinst sie pfiffig an, als sie neben ihm auf den Beifahrersitz rutscht.
»Gut aufgetankt für die nächsten Wochen?«, fragt er, startet den Motor und fährt vom Parkplatz.
Sie lacht auf und stößt ihm den Ellbogen in die Rippen. »Halt den Mund!«, sagt sie. »Das geht dich nichts an.«
»Und was geht mich etwas an?«
»Na ja.« Sie blickt über die Stadt hinaus, während sie die North Hill entlang in Richtung Mutley Plain fahren. »Es wäre natürlich schön, wenn du in Guys Pläne für unsere Zukunft investieren würdest.«
»Oh Gott!«, stöhnt er. »Dachte ich mir doch, dass es so weit kommen würde!«
Gemma sieht weiter aus dem Fenster, drückt die Hand zwischen die Knie und denkt daran, dass Guy ihr das strikt verboten hat.
»Auf gar keinen Fall«, hat er gesagt, »bittest du Oliver um Geld. Schlimm genug, dass er die Schulgebühren bezahlt! Ich weiß, du wirst ihm erzählen müssen, warum ich beschlossen habe, es damit zu versuchen. Aber du musst ihm unmissverständlich klarmachen, dass ich mich wegen Johnnies Begeisterung dazu entschlossen habe und weil er bereit ist, Nägel mit Köpfen zu machen. Johnnie glaubt an das Projekt und an mich. Ich brauche keine milden Gaben mehr von Oliver.«
»Es ist sogar eine sehr gute Geschäftsidee«, erklärt sie jetzt. »Johnnie interessiert sich sehr dafür.«
»Johnnie? Ja, mir war schon klar, dass da etwas im Busch ist. Diese Geschäftsidee hat natürlich mit Booten zu tun.«
»Ja, klar. Das ist schließlich Guys Metier. Wir haben jemanden in London getroffen, der diese Art Segelausflüge mit klassischen Booten anbietet. Man fährt zwei Tage oder länger mit acht Personen hinaus und zeigt ihnen, wie es auf einem altmodischen Segelschiff zugeht. Ich habe jede Menge Broschüren und so, die ich dir zeigen will.«
»Wie lieb von dir!«
»Rede doch nicht so! Es klingt brillant. Und Guy und ich könnten das Geschäft während des Schuljahrs gemeinsam betreiben.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass diese wunderbaren altmodischen Segelschiffe in Wahrheit hochmoderne neue Boote sind, die sehr viel Geld kosten?«
Ein kurzes Schweigen
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