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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ich will Ihre Freundin sein, aber nichts weiter… Hören Sie, Ihre Freundin …«
    Er sank sichtlich zusammen. Nachdem sie eine Weile still nebeneinander weitergegangen waren, sagte er:
    »Kurz: Sie lieben mich nicht!«
    Da sie schwieg, um ihm das kränkende Nein zu ersparen, fuhr er mit bewegter Stimme fort:
    »Ich war schon gefaßt darauf. Ich habe kein Glück; ich weiß, daß ich niemals glücklich werden kann. Zu Hause bekam ich immer Prügel, in Paris nichts als Kummer und Leid … Wenn man es nicht versteht, anderen ihre Freundinnen abspenstig zu machen, und nicht fähig ist, so viel Geld zu verdienen wie sie, dann sollte man gleich besser in irgendeinem Winkel verrecken … Beruhigen Sie sich, ich werde Ihnen nicht mehr weh tun. Aber Sie können mir nicht verbieten, Sie trotzdem zu lieben, selbst wenn ich keine Aussicht habe. Das ist mein Los in diesem Leben …«
    Nun brach auch er in Tränen aus. Sie tröstete ihn, und im Lauf des Gesprächs zeigte es sich, daß sie aus der gleichen Gegend waren, sie aus Valognes, er aus dem dreizehn Kilometer davon entfernten Briquebec. Sie vergaßen allmählich ihren Kummer und kamen einander in guter Kameradschaft näher.
    »Nun?« fragte Pauline und nahm Denise beiseite, als sie auf der Bahnstation angekommen waren.
    Denise begriff. Sie erwiderte errötend:
    »Niemals, meine Liebe; ich sagte Ihnen ja, daß ich nicht will. Herr Deloche ist aus meiner Heimat, wir haben von Valognes gesprochen.«
    Pauline und Baugé standen ganz verblüfft da. Ihre Begriffe verwirrten sich, und sie wußten nicht mehr, was sie denken sollten. An der Bastille verließ Deloche die Gesellschaft; wie alle Verkäufer, die nur gegen Provision angestellt waren, schlief er im Geschäft, wo er um elf Uhr eintreffen mußte. Denise wollte nicht mit ihm zugleich heimkommen; da sie Theaterurlaub genommen und also noch etwas Zeit hatte, begleitete sie Pauline zu Baugé. Um näher bei seiner Geliebten zu sein, hatte dieser sich in der Rue Saint-Roch eingemietet. Man nahm eine Droschke, und Denise war ganz bestürzt, als sie unterwegs erfuhr, daß ihre Freundin die Nacht bei dem jungen Mann bleiben werde. Die Sache sei doch sehr einfach, sagte Pauline; sie gebe Frau Cabin fünf Franken und erkaufe sich damit ihr Stillschweigen; alle machten es so.
    Baugé spielte den Gastgeber in seinem Zimmer, das mit alten Möbeln ausgestattet war, die er von seinem Vater erhalten hatte. Er war anfangs sehr ungehalten, als Denise die Abrechnung verlangte, schließlich aber nahm er doch die fünfzehn Franken sechzig an, die sie auf die Kommode gelegt hatte. Dann sollte sie unbedingt noch einen Schluck Tee mit den beiden trinken. Es schlug bereits Mitternacht, als endlich die Tassen eingeschenkt wurden.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte Denise wiederholt.
    Und Pauline erwiderte darauf:
    »Sie können ja bald gehen, die Theater sind doch nicht so früh zu Ende.«
    Denise fühlte sich sehr verlegen in diesem Junggesellenzimmer. Sie mußte zusehen, wie ihre Freundin sich bis auf Unterrock und Leibchen entkleidete, das Bett fertigmachte und die Kissen aufschüttelte. Diese Vorbereitungen für eine Liebesnacht brachten sie in Verwirrung, erfüllten sie mit Scham und weckten in ihrem verwundeten Herzen von neuem die Erinnerung an Hutin. Abermals mußte sie sich gestehen, daß sie ihm gegenüber widerstandslos wäre. Um viertel nach zwölf verließ sie die beiden endlich. Sie kam ganz aufgelöst auf die Straße, weil Pauline, als sie ihnen gute Nacht gewünscht hatte, ihr fröhlich zugerufen hatte:
    »Danke, die Nacht wird schon gut werden!«
    Der Nebeneingang zur Wohnung Mourets und zu den Kammern der Angestellten befand sich in der Rue Neuve-Saint-Augustin. Frau Cabin öffnete jeweils und sah dann hinaus, um festzustellen, wer heimkam. Im Erdgeschoß brannte eine Nachtlampe. Denise stand zögernd und beklommen da; als sie um die Straßenecke gebogen war, hatte sie undeutlich den Schatten eines Mannes eintreten und hinter ihm die Tür sich schließen sehen. Das mußte der Chef gewesen sein, der von einer Gesellschaft zurückkehrte, und der Gedanke, daß er hier irgendwo im Dunkel stehen und auf ihr Erscheinen warten könnte, brachte sie in höchste Verlegenheit. Jetzt bewegte sich etwas im ersten Stock, und sie hörte Schuhe knarren. Da verlor sie vollends den Kopf; sie stieß eine Tür auf, die ins Geschäft führte und die man offenließ, damit die Nachtwache die Runde durch alle Räume machen konnte.
    »Mein Gott, was soll ich

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