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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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spöttisch.
    Frau Aurélie mußte sich ins Mittel legen.
    »Schweigen Sie, meine Damen, und machen Sie sich an Ihre Arbeit! … Fräulein Denise kann sich außerhalb des Hauses so schlecht aufführen, wie es ihr beliebt. Wenn sie nur hier ihre Pflicht tut!«
    Diese lahme Verteidigung war so gut wie eine Verurteilung. Denise war völlig verstört und versuchte vergebens, alles zu erklären. Man lachte und zuckte die Achseln. Als das Gerücht sich verbreitete, war Deloche dermaßen entrüstet über diese Mädchen, daß er Lust hatte, sie zu ohrfeigen; nur die Furcht, Denise bloßzustellen, hielt ihn zurück. Seit dem Abend, den sie in Joinville miteinander zugebracht hatten, bewahrte er ihr eine unterwürfige Verehrung, die sich in seinen treuen Blicken aussprach. Niemand durfte etwas von ihrer Freundschaft ahnen, man hätte sich nur über sie lustig gemacht.
    Denise entschloß sich endlich, gar nicht mehr zu antworten, es war zu widerwärtig. Wenn ein Kollegin eine neue Anspielung machte, begnügte sie sich damit, sie still und traurig anzusehen. Überdies hatte sie einen anderen Kummer: Geldsorgen bedrückten sie. Jean hörte nicht auf mit seinen Dummheiten, er quälte sie fortwährend mit Geldforderungen. Es verging kaum eine Woche, in der sie nicht einen vier Seiten langen Brief mit einem ganzen Roman von ihm erhielt, und jedesmal erschrak sie aufs neue. Sie glaubte all seine Geschichten aufs Wort, ja in ihrer Unerfahrenheit sah sie in seinen angeblichen Liebesabenteuern die größten Gefahren. Bald handelte es sich um vierzig Sous, mit denen er die Eifersuchtsanwandlungen einer schönen Frau beschwichtigen mußte, bald um fünf, um sechs Franken, die ein wütender Vater als Trostpflaster für die Ehre seiner armen Tochter verlangte. Da ihr Gehalt und ihre Provisionen hierfür nicht ausreichten, war sie auf den Gedanken gekommen, eine Nebenbeschäftigung für ihre freie Zeit zu suchen. Sie sprach mit Robineau, der seit der Begegnung bei Vinçard immer freundlich zu ihr gewesen war, und er verschaffte ihr eine Arbeit: Krawattennähen, das Dutzend für fünf Sous. Von neun Uhr abends bis ein Uhr nachts brachte sie sechs Dutzend fertig, das machte dreißig Sous; dabei verbrannte sie eine Kerze zu vier Sous. Doch diese sechsundzwanzig Sous, die sie allnächtlich dazuverdiente, genügten für Jeans Geldforderungen. Sie beklagte sich nicht darüber, daß sie um ihren Schlaf kam, sie hätte sich glücklich geschätzt, hätte nicht eine neue Katastrophe ihre Berechnungen wieder über den Haufen geworfen. Als sie nach einem Monat bei der Krawattenhändlerin erschien, fand sie die Tür verschlossen; die Frau war bankerott und schuldete Denise noch neunzehn Franken – eine bedeutende Summe, auf die sie seit acht Tagen mit Sicherheit gerechnet hatte. Alle Kümmernisse in der Abteilung waren nichts gegen dieses Mißgeschick.
    »Sie sind so traurig«, sagte Pauline, als sie Denise ganz blaß in der Möbelabteilung traf. »Brauchen Sie etwas? Sagen Sie es doch!«
    Denise, die ihrer Freundin schon zehn Franken schuldete, versuchte zu lächeln und erwiderte:
    »Nein, danke, ich habe nur schlecht geschlafen; das ist alles.« Es war der 20. Juli; der Schrecken der Kündigungen hatte seinen Höhepunkt erreicht. Von vierhundert Angestellten hatte Bourdoncle bereits fünfzig hinausgeworfen; und schon sprach man von neuen Entlassungen. Allein Denise dachte kaum mehr an die allgemeine Gefahr, sondern nur an das neueste Abenteuer Jeans. Diesmal brauchte er fünfzehn Franken, die allein ihn vor der Rache eines betrogenen Ehemannes schützen konnten. Eben hatte sie wieder einen Brief von ihm erhalten, in dem er ihr ankündigte, daß er sich noch an diesem Abend das Leben nehmen müsse, wenn er die fünfzehn Franken nicht erhalte. Sie quälte sich den ganzen Tag. Die Pension Pépés hatte sie vor zwei Tagen bezahlt; von diesem Geld konnte sie daher nichts mehr nehmen. Sie hatte die Absicht gehabt, die neunzehn Franken von Robineau zu erbitten, der vielleicht Gelegenheit hatte, die Krawattenhändlerin ausfindig zu machen; allein Robineau war von seinem vierzehntägigen Urlaub noch nicht zurück, obgleich er schon tags vorher erwartet worden war.
    Pauline drang weiter freundschaftlich in sie. Wenn sie einander so im Hintergrund einer abseits gelegenen Abteilung trafen, durften sie unbesorgt plaudern. Allein plötzlich machte Pauline eine Bewegung, als wollte sie davonlaufen. Sie hatte die weiße Krawatte eines Inspektors erkannt, der eben aus

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