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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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nur anfangen?« stammelte sie in ihrer Aufregung.
    Es kam ihr der Gedanke, daß es oben noch eine zweite Verbindungstür gab, die zu den Kammern der Angestellten führte. Allein dann mußte sie durch das ganze Geschäft gehen. Trotz der Finsternis, die über den Gängen lag, zog sie diesen Umweg vor. Nirgends brannte eine Gasflamme, nur da und dort war ein winziges Öllämpchen angebracht. Sie fand sich indessen zurecht. Die leuchtenden Weißwaren zu ihrer Linken wiesen ihr den Weg. Sie wollte geradewegs die Halle durchqueren, als sie gegen ganze Stapel von Stoffballen stieß, zurückfuhr und nach der Seite auswich. Nun aber wurde sie plötzlich durch ein Schnarchen beunruhigt; es war der Laufbursche Joseph, der hinter den Trauerartikeln schlief. Sie kehrte rasch um, nun schon auf der Flucht. In der Handschuhabteilung mußte sie wieder über schlafende junge Leute hinwegsteigen, und sie hielt sich erst für gerettet, als sie endlich die Treppe erreicht hatte. Allein oben angelangt, in der Konfektionsabteilung, wurde sie von einem neuen Schrecken ergriffen, als sie vor sich eine Laterne erblickte: es waren zwei Feuerwehrleute, die Nachtwache hatten. Als sie näherkamen, flüchtete sie in den Hintergrund der Spitzenabteilung, von wo sie jedoch durch den Klang einer Stimme sofort wieder verscheucht wurde. Es war Deloche; er schlief hier in seiner Abteilung auf einem kleinen Eisenbett, das er sich jeden Abend aufschlug. Er war noch wach, lag mit offenen Augen auf seinem Bett und durchlebte von neuem die süßen Stunden des Abends. Denise hatte indessen endlich die Verbindungstür erreicht und trat auf den Gang hinaus. Hier stieß sie auf Mouret, der mit einer kleinen Wachskerze in der Hand auf der Treppe stand.
    »Wie, Sie sind es, Fräulein?«
    Sie begann zu stottern und wollte sich damit entschuldigen, sie habe in ihrer Abteilung etwas gesucht. Allein er schien durchaus nicht böse zu sein; er betrachtete sie mit einer Miene, in der sich Wohlwollen und Neugierde zugleich ausdrückten.
    »Hatten Sie Theaterurlaub?«
    »Ja.«
    »Haben Sie sich gut unterhalten? In welchem Theater waren Sie denn?«
    »Ich war auf dem Land.«
    Da lachte er und fragte mit nachdrücklicher Betonung:
    »Allein?«
    »Nein, mit einer Freundin«, erwiderte sie hocherrötend.
    Er schwieg, aber er betrachtete sie noch immer, wie sie da stand in ihrem ärmlichen schwarzen Kleidchen, mit ihrem Hütchen das mit einem schmalen blauen Band geschmückt war. Sollte dieser Wildling sich am Ende gar zu einem hübschen Mädchen entwickeln? Sie hatte von ihrem Ausflug aufs Land ein frisches Aussehen und war sehr hübsch mit ihren schönen Haaren, die über der Stirn etwas zerzaust waren. Seit sechs Monaten behandelte er sie mit leichtem Spott wie ein Kind und erteilte ihr zuweilen väterliche Ratschläge. Jetzt lachte er mit einemmal nicht mehr, er hatte eine unklare Empfindung, ein Gemisch von Überraschung, Furcht und Zärtlichkeit. Ohne Zweifel hatte ein Liebhaber dieses Mädchen dermaßen verschönt, dachte er und hatte bei dieser Vorstellung das Gefühl, als habe ihn ein Lieblingsvogel, mit dem er zu spielen pflegte, mit dem Schnabel bis aufs Blut gepickt.
    »Guten Abend«, flüsterte Denise und setzte ihren Weg fort, ohne eine weitere Bemerkung abzuwarten.
    Er sagte nichts, sondern blickte ihr schweigend nach. Dann ging er in seine Wohnung zurück.
     

Sechstes Kapitel
    Als die tote Zeit des Sommerhalbjahrs gekommen war, strich ein Hauch des Schreckens durch das »Paradies der Damen«. Es war die Zeit der Massenentlassungen in den heißen Monaten Juli und August.
    Jeden Morgen nahm Mouret, wenn er mit Bourdoncle seine Inspektionsrunde machte, die Abteilungsleiter beiseite; im Winter hatte er ihnen zugeredet, so viele Verkäufer einzustellen, wie ihnen gut dünkte, damit nur der Verkauf nicht leide, und jetzt überredete er sie, das Personal zu verringern. Es ging darum, die allgemeinen Kosten zu senken. Zu diesem Zweck mußte ein gutes Drittel der Verkäufer auf die Straße gesetzt werden.
    Die Ausführung übernahm wie gewöhnlich Bourdoncle. Er sagte nur: »Gehen Sie zur Kasse!«, und das Wort fiel wie ein Beilhieb auf den Betroffenen nieder. In der toten Zeit war ihm jeder Vorwand gut genug, um das Geschäft reinzufegen.
    »Was sitzen Sie hier untätig herum: gehen Sie zur Kasse!« –
    »Ich glaube gar, Sie widersprechen: gehen Sie zur Kasse!« –
    »Ihre Schuhe sind nicht sauber: gehen Sie zur Kasse!«
    Vor diesem allgemeinen Kehraus zitterten

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