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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Tag bei einem Freund zubringen, einem Klarinettisten, bei dem sich am Sonntag meist einige Musikliebhaber versammelten und ihre kleinen Hauskonzerte veranstalteten.
    »Um acht Uhr schon, und alles wegen der Musik!« fuhr Pauline fort. »Sie wissen doch, daß Frau Aurélie und ihre ganze Gesellschaft bereits um sechs Uhr nach Rambouillet gefahren sind. Das Ehepaar wird sich heute bestimmt nicht sehr im Weg sein.«
    Sie begannen sich über die Landpartie der anderen zu unterhalten. Sie wünschten ihnen kein schlechtes Wetter, weil sie dann selbst mit die Leidtragenden gewesen wären. Doch ein kleiner Platzregen über Rambouillet, während in Joinville die Sonne schien, wäre ein herrlicher Spaß gewesen.
    »Aber er hat ja nur einen Arm!« unterbrach plötzlich Baugé ihr Geplauder. »Wie kann er denn dann Waldhorn spielen?«
    Pauline, die sich zuweilen über seine Kindlichkeit lustig machte, erzählte ihm, daß der Kassierer sein Instrument an die Wand stütze, und Baugé glaubte es wirklich und fand den Gedanken sehr sinnreich. Als indessen Pauline, wegen des Schwindels von Gewissensbissen gequält, ihm erklärte, wie Lhomme an seinem Armstumpf eine Art Greifhand befestigte, mit der er das Waldhorn hielt, schüttelte er mißtrauisch den Kopf und meinte, einen solchen Bären lasse er sich nicht aufbinden.
    »Du bist zu dumm«, rief sie lachend, »aber das macht nichts; ich liebe dich trotzdem!«
    Sie kamen gerade vor Abgang eines Zuges zum Bahnhof. Baugé zahlte, allein Denise erklärte, daß sie ihren Anteil an den Ausgaben selbst tragen wolle, am Abend werde man abrechnen. Sie stiegen ein; aus allen Wagen erscholl fröhlicher Lärm. In Nogent verließ eine Hochzeitsgesellschaft unter Lachen und Geplauder den Zug. Als sie in Joinville angekommen waren, begaben sie sich sofort nach der Insel, um das Essen zu bestellen. Dann gingen sie längs des Flusses unter den hohen Pappeln des Marneufers spazieren. Baugé und Pauline hielten sich eng umschlungen, Denise schlenderte hinter ihnen her. Sie hatte eine Handvoll Dotterblumen gepflückt, betrachtete den Strom und fühlte sich glücklich. Von Zeit zu Zeit beugte Baugé sich zurück und küßte Pauline auf den Nacken; wenn Denise es bemerkte, sah sie verschämt zu Boden, und Tränen traten ihr in die Augen. Und doch litt sie nicht unter dem Anblick. Warum war sie nur so beklommen, und warum erfüllte die schöne Landschaft, von der sie sich so viel Vergnügen versprochen hatte, sie mit einem Kummer, den sie sich nicht zu erklären wußte? Beim Essen wurde sie durch das laute Lachen Paulines noch mehr in Verwirrung gebracht. Diese war für ihr Leben gern auf dem Land. Sie aß mit dem Heißhunger des Mädchens, das im Geschäft schlecht ernährt wird; das Essen war ihre schwache Seite, ihr ganzes Geld hängte sie an Kuchen, an halbreifes Obst, an alles, was ihr unter die Hände kam. Da aber Denise fand, daß Eier und Brathuhn genügten, wagte Pauline diesmal nicht, auch noch Erdbeeren zu bestellen, die sie gar so gerne gegessen hätte, die aber zu dieser Jahreszeit noch sehr teuer waren.
    »Was wollen wir jetzt anfangen?« fragte Baugé, als der Kaffee gebracht wurde.
    Sonst pflegten er und Pauline nachmittags nach Paris zurückzukehren und dort zu Abend zu essen, um den Tag in einem Theater zu beschließen. Heute aber entschlossen sie sich auf Denises Wunsch dafür, in Joinville zu bleiben; das war auch recht lustig, so konnte man das Landleben in vollen Zügen genießen. Den ganzen Nachmittag strichen sie durch Wald und Flur. Einen Augenblick dachten sie an eine Kahnfahrt; dann ließen sie den Gedanken fallen, weil Baugé nicht gut rudern konnte. Indessen hielten sie sich immer am Ufer und belustigten sich am Anblick der zahlreichen Fahrzeuge aller Art, die den Fluß bevölkerten. Als die Sonne zur Neige ging, schickten sie sich an, nach Joinville zurückzukehren. In diesem Augenblick vernahmen sie einen lauten Streit; er kam vom Wasser her, wo die Insassen zweier Boote, die einander den Rang abzulaufen suchten, sich mit Schimpfnamen bewarfen. Spottrufe wie »Tintenkleckser« und »Ladenschwengel« flogen herüber und hinüber.
    »Schau!« rief Pauline, »da ist ja Herr Hutin!«
    »Ja«, fiel Baugé ein, »ich erkenne sein Boot wieder; in dem andern scheinen Studenten zu sein.«
    Und er erklärte den beiden Mädchen, daß es an allen öffentlichen Orten stets von neuem zu Streitigkeiten zwischen den Studierenden und den Verkäufern komme.
    Als Denise den Namen Hutins

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