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Das Paradies ist anderswo

Das Paradies ist anderswo

Titel: Das Paradies ist anderswo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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bewachsene Zweige hindurch die Sterne an einem indigoblauen Himmel flimmerten. Er verstand das tahitianische Maori schon ziemlich gut, aber nicht, wenn sie sangen. Ganz nah am Feuer, mit den Füßen auf der Stelle tretend und sich in den Hüften wiegend, die Haut wie glühend durch die Reflexe der Flammen, tanzte Tutsitil, der Besitzer des Stück Landes, auf dem seine Hütte stand, mit seiner noch jungen, leicht rundlichen Frau Maoriana, deren geschmeidige Schenkel sich unter dem geblümten Pareo abzeichneten. Sie hatte die für Tahitianer typischen zylindrischen Beine mit großen Plattfüßen, die eins zu sein schienen mit der Erde. Paul begehrte sie. Er holte mit Rum vermischtes Bier und bot ihnen zu trinken an und trank und brachte Trinksprüche aus, während er die Arme um sie legte und leise das Lied mitsummte, das sie angestimmt hatten. Die beiden Eingeborenen waren betrunken.
    »Ziehen wir uns aus«, sagte Koke. »Gibt es etwa Mücken?«
    Er legte den Pareo ab, der den unteren Teil seines Körpers bedeckte, und stand nackt da, die Rute im schwachen Widerschein des Feuers sichtlich halb erigiert. Niemand tat es ihm nach. Sie betrachteten ihn gleichmütig oder neugierig, aber sie fühlten sich nicht angesprochen. Wovor habt ihr Angst, ihr Zombies? Niemand antwortete ihm. Sie tanzten, sangen oder tranken weiter, als wäre er gar nicht da. Er tanzte mit seinen Nachbarn und versuchte erfolglos,wenn auch frohgemut, ihre Bewegungen nachzuahmen: das unmögliche Rotieren der Hüften, den im Takt ausgeführten Hüpfer mit beiden Füßen, bei dem die Knie gegeneinander schlugen. Er hatte sich wie ein Keil zwischen Tutsitil und Maoriana geschoben und schmiegte sich jetzt an die Frau, berührte sie. Er faßte sie um die Taille und drängte sie mit seinem Körper langsam aus dem Lichtkreis des Feuers hinaus. Sie leistete keinen Widerstand und änderte auch nicht ihren Gesichtsausdruck. Es war, als bemerkte sie Kokes Anwesenheit nicht, als tanzte sie mit der Luft oder mit einem Schatten. Mit ein wenig Gewalt brachte er sie dazu, auf den Boden zu gleiten, ohne daß einer von ihnen beiden ein Wort gesagt hätte. Maoriana ließ zu, daß er sie küßte, aber sie küßte ihn nicht; sie summte leise vor sich hin, während er ihr mit seinem Mund den Mund öffnete. Er liebte sie, enerviert durch die Litanei, die jetzt von den noch immer im Kreis um das Feuer stehenden Gästen angestimmt wurde.
    Als er erwachte, einen oder zwei Tage später – er konnte sich schlicht nicht erinnern –, die Pfeile der Sonne in den Augen, hatte er Stiche am Körper und fragte sich, ob er es allein bis in sein Bett geschafft hatte. Teha’amana schnarchte, den Körper nur halb vom Laken bedeckt. Er roch den schweren, von der Alkoholmischung sauren Atem und fühlte ein allgemeines Unbehagen. ›Soll ich bleiben oder nach Frankreich zurückkehren?‹ dachte er. Er war seit einem Jahr auf Tahiti und hatte fast sechzig Bilder gemalt; hinzu kamen zahllose Skizzen und Zeichnungen und ein Dutzend Holzfiguren. Und das Wichtigste: ein Meisterwerk, Koke. Nach Paris zurückkehren und mit ausgewählten Werken dieses Arbeitsjahrs in Polynesien eine Ausstellung machen – war das nicht verlockend? Die Pariser wären sprachlos angesichts dieser Explosion von Licht, von exotischen Landschaften, angesichts dieser Welt von Männern und Frauen im Naturzustand, die stolz waren auf ihren Körper und ihre Sinne, sie wären überwältigt von den kühnen Formen und verwegenen Farbkombinationen,die aus den Spielereien der Impressionisten Kinderstreiche machten. Wagst du es, Koke?
    Als Teha’amana aufwachte und ging, um Tee zu bereiten, war er mit weit offenen Augen in einem hellsichtigen Traum versunken: die Jubelberichte in den Zeitungen und Zeitschriften, die Galeristen, außer sich vor Freude darüber, wie die Kenner sich um seine Bilder rissen und Wahnsinnspreise boten, die nicht einmal Monet, Degas, Cézanne, der verrückte Holländer oder Puvis de Chavannes jemals erzielt hatten. Paul genoß den Ruhm und das Geld, mit denen Frankreich seine Berühmtheiten beschenkt, mit Stil, ohne Dünkel. Den Kollegen, die an ihm gezweifelt hatten, frischte er die Erinnerung auf: ›Ich habe euch doch die Methode erklärt, erinnert ihr euch nicht, meine Freunde?‹ Den jungen Leuten half er mit Empfehlungen und Ratschlägen.
    »Ich bin schwanger«, sagte Teha’amana, als sie mit den dampfenden Teetassen zurückkehrte. »Tutsitil und Maoriana waren da und haben gefragt, ob du ihnen

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