Das Paradies ist woanders! (German Edition)
Jungen an, welche ihm jedoch kaum Beachtung schenken. Nur einer von ihnen winkt ihm kurz zu, deutet dann auf eine Stelle, in der Nähe, an der man einige Markierungen auf dem Boden angebracht hat.
„Du kannst dort anfangen zu graben, wir brauchen heute drei!“
Joshua nickt kurz, dann beginnt er damit, den Boden aufzubrechen. Die Erde ist steinhart, getrockneter Lehmboden. Es ist schwierig, auch nur kleine Mengen davon zu lösen.
Bereits nach wenigen Minuten ist er völlig verschwitzt, er legt die Schaufel kurz zur Seite, um sein T-Shirt auszuziehen. Der Wachmann beobachtet ihn misstrauisch, nickt dann aber, als er sieht, dass er anschließend schnell weiterarbeitet.
Joshua denkt nicht darüber nach, was er eigentlich macht, er kämpft gegen die harte Erde und ist froh, als einige Zeit später das Signal zur Mittagspause ertönt. Er folgt den andern Jungen in den Speisesaal, greift sich ein Tablett und erhält eine bescheidene Mahlzeit ausgeteilt, dazu eine große Flasche Wasser. Er setzt sich an seinen Platz und nimmt schweigend sein Essen zu sich, Tortillas und Bohnen. Während er etwas Wasser trinkt, beobachtet er unauffällig seine Umgebung. Keiner der Jugendlichen spricht ein Wort, so zieht auch er es vor, zu schweigen. Vielleicht ist das ja eine von den besagten Vorschriften, noch weiß er es nicht. Aber er will auf gar keinen Fall, bereits am zweiten Tag an diesem Ort, eine Bestrafung riskieren. Ihm reichen die Prellungen und Blutergüsse, die Ricos Behandlung mit dem Schlagstock verursacht hat. Noch immer kann er sich nur unter Schmerzen bewegen ...
Am Abend
„Komm herein, die Tür ist offen.“
Doktor Rodriguez blickt für einen Moment von seiner Arbeit auf, als Joshua den Raum betritt. Der Wachmann folgt ihm, sieht kurz zum Arzt herüber, wartet ab, was dieser von ihm verlangt.
„O.K, Juan, legen sie ihm die Handschellen an, dann können sie uns alleine lassen. Ich brauche sie heute nicht mehr, bringe den Jungen dann selbst zurück zum Schlafraum, wenn es recht ist.“
Die Wache nickt, tut dann, was der Doktor verlangt hat, und verlässt anschließend den Raum.
Der Arzt wartet noch einen Moment ab, bis die Schritte des Mannes auf dem Flur verklungen sind, dann bittet er Joshua mit einer Handbewegung, etwas näher zu kommen.
„Es tut mir sehr leid, dass ich dir die Dinger nicht ersparen kann, aber Vorschrift ist Vorschrift. Das ist übrigens eine recht Neue, es hat im letzten Jahr einen Zwischenfall gegeben. Die Direktorin will kein Risiko eingehen, sonst fällt das auf sie zurück ...
Du hast Senora Esteban ja bereits kennen lernen dürfen. Und, wie gefällt sie dir? Mir hat mal jemand gesagt, dass Frauen mehr Mitgefühl für ihre Mitmenschen besitzen, sie freundlicher behandeln. Auch, dass sie ein weicheres Herz besitzen und Ungerechtigkeiten verabscheuen. Na ja, wer immer das auch gesagt hat, José, er hat diese spezielle Frau nicht gekannt! Ich hoffe sehr, dass es dir gelingen wird, alle ihre Vorschriften einzuhalten. Du solltest es jedoch nicht allzu schwer nehmen, wenn du trotz aller Bemühungen einen Fehler begehst. Sie erfindet, auch sehr kurzfristig, neue Regeln, wenn sie es möchte. Aber vielleicht hast du ja Glück, und sie findet Gefallen an dir. Warten wir es ab.“
Er deutet mit dem Kinn auf die Liege, die mitten im Behandlungsraum steht. Gehorsam legt Joshua sich hin, nachdem er seine Hose ausgezogen hat. Das T-Shirt kann er, wegen der Handschellen, nicht ausziehen, deshalb streift Doktor Rodriguez es soweit hoch, wie es möglich ist.
„Die Verletzungen sehen schon viel besser aus, ich denke, in ein bis zwei Wochen, wirst du nichts mehr davon spüren. Ich habe gesehen, dass du heute mit den anderen Jungen Gräber ausgehoben hast. Keine leichte Arbeit, bei diesem Boden. Aber du hast dich recht gut gehalten, wie ich bemerken durfte.“
Joshua setzt sich jetzt ziemlich plötzlich auf, er sieht den Arzt entsetzt an.
„Gräber? Das hat mir keiner der Anderen gesagt. Für wen denn? Wen beerdigt man denn hier, im Gefängnis? Ich dachte, dass man wenigstens die Toten gehen lässt, dass sie auf einem richtigen Friedhof beigesetzt werden. Meinen Bruder hat man uns zumindest zu Hause beerdigen lassen!“
Rodriguez sieht ihn lange an, er schüttelt den Kopf, dann seufzt er leise.
„Die Jungs wurden auf der Flucht erschossen. Ich denke nicht, dass sie Angehörige haben, die sich um ihre Beerdigung kümmern wollen. Waren Junkies, die drei.
Mach dir nicht zu viele Gedanken
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