Das Paradies ist woanders! (German Edition)
darüber. Das waren wirklich arme Schweine, völlig fertig. Kaputt an Körper und Seele, wenn du so willst. Vielleicht ist es so die beste Lösung. Jetzt müssen sie nicht länger leiden.“
Joshua schluckt. Wenn Doktor Rodriguez das so sagt, könnte man fast denken, dass er über einige Tiere spricht, denen man den Gnadenschuss gegeben hat. Aber es handelt sich dabei um Menschen! Er ist entsetzt, diese Worte aus dem Mund eines Arztes zu hören, starrt sein Gegenüber mit einem ungläubigen Blick an, sodass dieser erneut den Kopf schüttelt.
„Junge, wenn du erst einmal so viele von diesen Kerlen gesehen hast, wie ich, dann wirst du vielleicht ähnlich denken.“
Der Arzt wirkt, als er das sagt, mit einem Mal sehr traurig, und Joshua fürchtet fast, dass er ihm etwas Falsches unterstellt hat. Wahrscheinlich hat der Mann seine Gründe dafür, so etwas zu sagen. Wahrscheinlich sind es ähnliche Gründe, die ihn antreiben, dem Militär und anderen Institutionen zu helfen, gegen die Drogenkartelle zu kämpfen. Auch wenn er dabei täglich sein eigenes Leben riskiert. Wenn Joshua so darüber nachdenkt, dann kann er nur zu diesem Schluss kommen.
Auch an diesem Abend kommt es Joshua so vor, als ob Doktor Rodriguez ihm noch keine einzige seiner Fragen beantwortet hätte. Trotzdem ist es für ihn sehr tröstlich zu wissen, dass er diesen Mann in seiner Nähe hat. Er ist jetzt der Einzige, dem er hier vertrauen kann.
Ein Monat später
„José, komm mal her, vielleicht ist das etwas für dich?“
Die drei Jugendlichen winken ihrem Kameraden sofort zu, als er den großen Schlafsaal betritt. Joshua geht zu ihnen herüber, um zu sehen, was sie so interessant finden, dass sie es ihm unbedingt zeigen wollen.
Die Jungen haben sich über eine Zeitschrift gebeugt, die sie halb unter ihrer Decke verstecken. Als er näher herankommt, weiß er auch, weshalb sie dabei so vorsichtig sind.
„Wo habt ihr das her? Ihr wisst, dass diese Art von Heften nur bei den erwachsenen Gefangenen zugelassen ist, und selbst da sieht unsere Direktorin es nicht gerne. Wenn ihr keinen Ärger bekommen wollt, solltet ihr es lieber schnell verschwinden lassen.“
„Du spinnst ja, hast du etwa Schiss? Wir werden schon nicht erwischt, dafür sind wir viel zu clever. Aber wenn du nicht willst, dann lass es halt bleiben.
Vielleicht interessierst du dich ja auch eher für Jungs? Dann solltest du allerdings mal rüber in den Waschraum der Männer gehen. Bestimmt findet sich dort einer, der dich haben will.
Du siehst ja ganz lecker aus, mein Lieber!“
Nach dieser anzüglichen Bemerkung zieht Joshua es vor, nichts mehr zu sagen. Er dreht sich auf dem Absatz um, und geht herüber zu seinem eigenen Bett. Er ist hundemüde, eigentlich will er nur noch schlafen, nach dem anstrengenden Tag. Es ist Sonntag, dennoch musste er, wie alle anderen Gefangenen auch, seine täglichen Arbeiten verrichten ... Man gönnt ihnen keinen Ruhetag ... Wenigstens haben viele der Wachleute aber frei, sodass man uns zumindest am Abend in Ruhe lässt . Jedem ist es, an diesem Tag, freigestellt, wann er in die Waschräume geht, oder in den Schlafsaal ... die einzige kleine Freiheit während der Woche ... , na ja, solange man spätestens um zehn Uhr im Bett liegt, natürlich ... Joshua seufzt einmal leise. Ob ich mich wohl je daran gewöhnen kann, unter ständiger Aufsicht zu stehen? Wohl kaum! Aber dann wendet er seine Gedanken einer anderen Sache zu: Endlich hat er auf dem Hof jemanden kennen gelernt, der eine Verbindung zu einigen Drogenhändlern zu haben scheint. Ich muss diesen Mann weiter beobachten, ich muss mich in seiner Nähe aufhalten. Vielleicht , so hofft er, gelingt es mir auf diese Art endlich, die gewünschten Informationen zu besorgen . Es muss einfach klappen, denn eines ist sicher, man wird mich aus diesem Job nicht entlassen, bevor ich nicht mindestens einen entscheidenden Hinweis geben kann.
Er ist in seine Überlegungen versunken, blendet die Geräusche und Vorgänge um sich herum völlig aus. Aber kaum hat er sich auf sein Bett gelegt, und die Augen geschlossen, wird auch bereits seine Decke weggezogen. Er richtet sich ein wenig auf, sieht jetzt die Gesichter der drei Jungen von vorhin über sich. Sie grinsen ihn frech an, scheinen sich über ihn zu amüsieren. Er hat wirklich keine Lust mehr auf eine Auseinandersetzung ...
„Was soll das? Gebt mir die Decke wieder und lasst mich in Ruhe, ich will schlafen. Und ihr solltet das besser auch tun, es
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