Das Paradies ist woanders! (German Edition)
Nachmittag
Man hat ihm eine Position auf dem Dach gegeben. Genauer gesagt, auf einer der vielen Dachterrassen der Villa. Man hat einen wunderschönen Blick von hier oben, über die verschiedenen Dächer des großen Gebäudes, die der Nebengebäude, den Park, bis hin zur Mauer, die das ganze Gelände umschließt.
Auch die Umgebung kann man sehen, weitere Villen in der Nähe, eine kleine Bergkette, nicht sehr weit entfernt. Ein schöner Ausblick, den er wahrscheinlich sehr genossen hätte, wäre da nicht die Angst, die er nun ständig empfindet. Irgendwo dort draußen, ist das Militär, Soldaten, vielleicht auch Scharfschützen. Ziemlich sicher sogar ...
Man hat das Angebot der anderen Seite unbeantwortet gelassen. Die Frist ist verstrichen. Jetzt, so ist beiden Parteien klar, wird es keine friedliche Lösung mehr geben. Die Frage ist nur, wann man sie angreifen wird.
Joshua umklammert ein wenig hilflos seine Waffe. Eine automatische Pistole, die ihm jetzt so schwer wie Blei in den Händen liegt. Noch nie in seinem Leben, hat er eine Waffe dieser Art benutzt. Eigentlich hat er noch nie irgendeine Waffe benutzt. Keine Schusswaffe zumindest.
Er hat keine Ahnung, was er damit machen soll. Sicher, er weiß inzwischen, wie er sie laden muss. Das hat ihm einer der anderen Männer gezeigt, nachdem er beobachtet hat, wie ungeschickt er sich dabei anstellte. Man hat ihm auch erklärt, wie er sie sichern muss, damit sich nicht unbeabsichtigt ein Schuss löst. Aber weiter?
Wenn ein Gegner nah genug an ihn herankommen würde, dann könnte er ihn wahrscheinlich mit einem Schuss treffen. Wenn aber nicht, dann ... , er führt diesen Gedanken nicht zu Ende. Ich will lieber nicht darüber nachdenken, will auch nicht hier sein, an diesem Ort. Ich komme mir vor, wie in einem dieser amerikanischen Filme, in denen jeder auf jeden schießt, ohne Sinn und Zweck . Aber im gleichen Moment wird ihn klar, dass dies hier kein Film ist, sondern die Realität. Er muss schwer schlucken. Auf der Dachterrasse befinden sich außer ihm zwei weitere Männer.
Joshua kennt sie nicht, sie haben sich nicht vorgestellt. Eigentlich interessiert es ihn auch nicht sonderlich. Die beiden sprechen nicht viel miteinander, manchmal ein paar Bemerkungen, wenn einer meint, etwas entdeckt zu haben. Sie beachten ihn kaum.
Die Männer rauchen viel, sie sind nervös, haben wahrscheinlich ebensolche Angst, vor dem, was kommen wird, wie er selbst. Zugeben würde das sicher keiner von ihnen.
Gegen Abend
Die Zeit verstreicht quälend langsam. Joshua und die beiden Männer können nichts weiter tun, als abzuwarten. Nur manchmal sieht man in der Ferne eine Bewegung. Ein Militärfahrzeug, welches auf einer der Nebenstraßen davon fährt, oder in ihre Richtung kommt. Irgendwo dort draußen, auf den Dächern benachbarter Gebäude, hat man wahrscheinlich Scharfschützen postiert. Man kann sie nicht sehen, aber man glaubt, wenn man viele Stunden damit verbringt, zu warten, irgendwann, dass man sie spürt. Ihren Blick spürt, durch das Zielfernrohr.
Vor ein paar Minuten hat man ihnen etwas zu essen gebracht, einer nach dem anderen geht jetzt in das Zimmer hinter der Terrasse. Wenigstens eine Abwechslung. Als Joshua an der Reihe ist, legt er zunächst seine Waffe auf das Bett, welches sich im Zimmer befindet. Ein Kinderbett, rosa Bettwäsche, Stofftiere. Er fragt sich kurz, wer hier wohl normalerweise wohnt, dann geht er weiter, Richtung Badezimmer. Er ist froh, endlich einmal ein paar Minuten ungestört zu sein, kann kurz durchatmen. Er lässt kaltes Wasser ins Waschbecken, taucht sein Gesicht hinein, betrachtet sich anschließend im Spiegel, welcher dort hängt. Ein Spiegel mit goldenem Rahmen, sieht sehr teuer aus. Joshua erschrickt ein wenig, als er sein Gegenüber erblickt, sein Spiegelbild. Seine Haare sind nass, durcheinander. Das Gesicht schmal, viel schmaler, als er es in Erinnerung hat. Die Augen liegen tief in den Höhlen, wirken müde. Das T-Shirt! Er trägt noch immer das, welches er am Vortag anhatte. Es war einmal hell, jetzt ist es rötlich-braun. Über und über!
Das Blut des Mannes, den man neben ihm erschossen hat. Er verspürt plötzlich das Verlangen, es auszuziehen, sich zu waschen. Aber im gleichen Moment wird ihm bewusst, dass dies wohl nicht der richtige Zeitpunkt wäre.
So zuckt er nur mit den Schultern und geht zurück. Dorthin, wo die beiden Männer auf ihn warten. Als er durch das Zimmer kommt, von dem aus man die Terrasse erreicht,
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