Das Paradies liegt in Afrika
Reisen mit mir unternommen. Die letzte führte hierher, ans Kap der Guten Hoffnung. Es war seine letzte diplomatische Mission.«
»Sehr bedauerlich.« Mathew verbeugte sich und sah sich diskret um. Er hatte wahrlich keine Lust, der Engländerin länger Gesellschaft zu leisten.
Zum Glück entdeckte sie soeben einen stattlichen Herrn, der mit Orden geschmückt war, und eilte lächelnd auf ihn zu. »Mein lieber Baron Wodehouse! Welche Freude, Euch zu sehen, John! Bisher hatte ich noch nicht die Möglichkeit, Euch zu gratulieren. Earl of Kimberley ⦠das ist eine hohe Auszeichnung.«
Der distinguiert wirkende Herr mit der hohen Stirn und dem dunklen Kinnbart verbeugte sich leicht. »Ich danke, Lady Dorothee. Ja, Ihre Majestät war sehr gütig.«
Mathew blieb ein paar Schritte entfernt stehen und hörte zu. So erfuhr er, dass der Earl of Kimberley von der englischen Königin vor kurzem zum Lordsiegelbewahrer ernannt worden war. Es ist schon beeindruckend, wer hier alles verkehrt, sinnierte er. Langsam schlenderte er weiter, bewunderte aufrichtig die ausgestellten Bilder, genoss zwischendurch ein paar Delikatessen und den exzellenten Wein. Dem Motto des Abends entsprechend gab es keinen südafrikanischen, sondern italienischen Wein.
Keinen Gedanken verschwendete Mathew an Victor und Charlotte. Seine Schutzbefohlenen hatte er in der Obhut der alten Josy gelassen, die sich gewiss verantwortungsvoll um die Kinder kümmern würde.
»Ich muss dringend für drei Tage in die Stadt«, hatte er erklärt. »Sicher wirst du die beiden gern betreuen.« Er hatte gar nicht gefragt, ob Josy einverstanden war, sondern ihre Zustimmung vorausgesetzt.
Als die letzten Gäste sich verabschiedeten, ging auch Mathew. Die Gastgeberin reichte ihm freundlich die Hand und sagte: »Ich hoffe, Sie haben sich gut unterhalten.«
»Es war ein groÃes Vergnügen für mich.« Er zog ihre Hand an die Lippen. »So viele hervorragende Kunstschätze kann man nur selten bewundern. Mein Kompliment, Madame.«
Maria Koopmans-De Wet neigte lächelnd den Kopf. Derartige Komplimente hatte sie mehrfach an diesem Abend gehört. Es bedeutete ihr nicht viel. Wichtiger war es ihr, den Menschen die Augen für derlei Schönheiten zu öffnen.
Richard stand an der Tür und winkte die wartenden Kutschen heran. Als Mathew an ihm vorbeiging, sagte er leise: »In einer halben Stunde kann ich von hier fort, dann ist sicher der Letzte gegangen. Warte auf mich im Red Lion .«
»Ist gut.« Mathew verzichtete darauf, sich eine Lohndroschke zu rufen. Die Nacht war mild, es würde ihm guttun, bis zum Hafen zu laufen.
Eine gute halbe Stunde brauchte er bis zu seinem Ziel. Das Red Lion war noch vor Jahren eine einfache Schänke gewesen, in der Matrosen einkehrten und dort ihr Vergnügen suchten. Seit einiger Zeit war das schlichte Wirtshaus allerdings umgebaut worden. Die breiten, grob geschliffenen Holztische waren kleinen runden Lacktischen gewichen, die von Samtfauteuils umstanden waren. Es gab im hinteren Bereich eine Bühne, auf der jeden Monat neue Künstlerinnen auftraten. Ihr Können bestand in erster Linie darin, sich freizügig zu zeigen, zu tanzen und später die Gäste zu unterhalten.
Links neben der Bühne hing ein verblichener roter Vorhang, er verbarg eine Tür, die in ein groÃes Séparée führte. Ein Roulettetisch stand hier, man konnte zudem Black Jack spielen und würfeln. Seit Mathew Browling zum ersten Mal mit Richard hier gewesen war, zog es ihn immer wieder in den Spielsaal. Dreimal bereits hatte er gewonnen, jeweils einen Betrag, der seinen Lohn als Hauslehrer um vieles überstieg. Beim letzten Mal allerdings hatte er alles verloren.
Heute werde ich wieder gewinnen, sagte er sich, als er, an zwei leichtbekleideten Tänzerinnen vorbei, in den nur spärlich erhellten Raum ging. Gerade hatte er sich einen Drink bestellt, als Richard erschien.
»Wir können gleich mit dem ersten Spiel beginnen«, sagte der hagere Engländer und zog das Geldbündel, das Mathew ihm einige Stunden zuvor zugesteckt hatte, aus der Tasche. »Ich denke, heute sollten wir pokern.«
»Einverstanden.« Mathew Browlings Finger zitterten leicht, als er in seine Brieftasche griff und ein paar Scheine herauszog. Sein Blick streifte die Mitspieler â einen alten, spitznasigen Holländer, zwei Engländer und einen
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