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Das Paradies liegt in Afrika

Das Paradies liegt in Afrika

Titel: Das Paradies liegt in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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leidenschaftlich in Johannes verliebt gewesen war. Nichts und niemand hatte sie davon abhalten können, den gut zwanzig Jahre älteren Nachbarn, dessen Familie mit den Ruhlands bis aufs Blut verfeindet war, zu heiraten. Sie dachte an die ersten heimlichen Treffen mit Johannes in einer Schafskate. Daran, dass sie ihn mit ihrer Jugend betört hatte. Aber auch daran, dass Johannes ihren Bruder Sebastian erschossen hatte. Dennoch war sie ihm gefolgt, als er beschloss, nach Europa zu reisen und es sich dort in mondänen Badeorten gutgehen zu lassen. Sie hatte nicht einmal widersprochen, als er sich für Jahre dort niederließ und ein Haus kaufte. Die Pachteinnahmen von Summerset – wenn sie auch gering waren – und das Erbe von Lady Gwendolyn, Madeleines großzügiger Patin, verschafften ihnen die Möglichkeit, lange Zeit sorgenfrei zu leben.
    Aber irgendwann war das Geld aufgebraucht, die Besitztümer verkauft. Nur ein einziges Teil von Wert war Madeleine geblieben …
    Mühsam stand sie auf und holte den schäbigen Koffer hervor, den sie unters Bett geschoben hatte. Sie hatte ihn verschlossen, trug den Schlüssel immer bei sich. Doch wer vermutete schon in diesem schäbigen Zimmer etwas Wertvolles?
    Madeleines Finger zitterten, als sie den Koffer öffnete und aus einem Seitenfach ein kleines, in Seidenpapier eingeschlagenes Päckchen hervorholte. Es war lange her, dass sie das Schmuckstück betrachtet hatte. Die Brillanten und Rubine, die ein Goldschmied vor Jahrzehnten kunstvoll zu einer Schleife verarbeitet hatte, funkelten im Licht der Nachmittagssonne besonders intensiv. Madeleine trat ans Fenster und hielt das Schmuckstück noch mehr ins Licht. Tausendfach brachen sich die Strahlen der Sonne in den geschliffenen Brillanten, ließen die Rubine wie Blutstropfen wirken.
    Wie oft hatte Johannes verlangt, dass sie auch dieses Erbstück versetzte! Doch immer hatte sie sich geweigert, das Juwel schließlich vor ihm versteckt. So viele Erinnerungen waren mit der Brosche verbunden! Erinnerungen an die Zeit ihrer Jugend, an glanzvolle Feste und ein unbeschwertes und sorgenfreies Leben.
    Aber jetzt … jetzt musste sie dieses letzte wertvolle Stück, das sie besaß, wohl doch zum Pfandleiher bringen!
    6
    P ass auf die Fässer auf! Vorsicht, hab ich gesagt!« Sophie Ruhland beaufsichtigte persönlich das Verladen der kostbaren Fracht. »Pandu, du bist mir dafür verantwortlich, dass die Fässer ebenso gut verstaut werden wie unser Gepäck. Diesen Matrosen kann man nicht vertrauen, die ahnen ja noch nicht einmal, wie wertvoll der Wein ist, den wir verschiffen.«
    Der junge Schwarze nickte. »Aber ja, Missis. Alles wird gutgehen.«
    Â»Das kann ich nur hoffen.« Sophie knetete nervös ihre Hände, nestelte an ihrer senffarbenen, hüftlangen Kostümjacke, die am Kragen als auch an den Ärmeln mit einer schmalen Pelzborte besetzt war. Eine kleine, ebenfalls mit Nerzfell besetzte Kappe komplettierte das geschmackvolle Ensemble.
    Sosehr sie auch darauf gedrungen hatte, die weite Reise nach Amerika anzutreten – jetzt war Sophie doch aufgeregt und hatte ein wenig Sorge, ob alles gutgehen würde.
    Â»Mama, beruhige dich. Die Fässer mit dem Wein für Mister Vanderbilt werden ebenso heil im Hafen von New York ankommen wie das Gepäck. Ihr reist mit einem modernen Dampfschiff, und ich bin sicher, es wird euch zunächst heil nach Hamburg bringen. Und dort steigt ihr um auf die Persia , sie hat vor einigen Jahren das ›Blaue Band‹ gewonnen und benötigt nicht einmal neun Tage für die Überfahrt nach New York.« Christopher Ruhlands Augen glänzten, er konnte sich für alles Fortschrittliche begeistern. »So ein schnelles Schiff … ich beneide euch um diese Reise und wünsche euch viel, viel Freude in Amerika. Bleibt gesund und grüßt mir Mister Vanderbilt.« Er legte seiner Mutter den Arm um die Schultern und küsste sie auf die Wange. Von seinem Vater verabschiedete er sich ebenfalls mit einer Umarmung.
    Karl Ruhland trat diese Reise mit gemischten Gefühlen an. Einerseits freute er sich, den großen Visionär Vanderbilt persönlich kennenzulernen. Auf der anderen Seite hatte er Sorge, die strapaziöse Atlantiküberquerung nicht überstehen zu können. Sein Herz war stark geschädigt, das hatte ihm der Arzt erst vor wenigen Wochen gesagt und eindringlich vor allzu

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