Das Paradies liegt in Afrika
modern, leicht und wendig. Die Sitzfläche und das Rückenteil waren aus festem Korbgeflecht. Um es für die Gelähmte bequemer zu machen, hatte Hannah vor einigen Wochen zwei Schaffelle auf der Sitzfläche und im Rücken befestigt. Sophies FüÃe standen auf einer dünnen Holzleiste, die Räder knarrten leise, als sie den Rollstuhl zum Tisch bugsierte.
Als Christopher nach dem schmalen, gedrechselten Handgriff über der Rückenlehne griff, wehrte sie ab. »Lass nur, ich komme gut allein zurecht.«
»Ich weiÃ, Mutter.«
Sie sah kurz zu ihm auf. »Versteh mich, ich muss lernen, noch selbständiger zu werden.«
»Ich werde gleich nach der Weinlese ein paar Rampen bauen lassen, damit du allein in den Hof fahren kannst.«
»Eine gute Idee. Danke, mein Junge.«
13
S ophie sah den Reiter schon von weitem. Sie saà auf der Terrasse, eine Flickarbeit im SchoÃ. Mehr als vier Monate waren vergangen seit ihrem Unfall, sie fühlte sich wieder gut genug, um einige Pflichten zu übernehmen. Wenn es ihr auch nicht mehr vergönnt war, bei der Weinlese zu helfen, so konnte sie sich doch vielfältig nützlich machen. Fast alle anderen waren im Weinberg, es galt, die letzten Trauben zu ernten. Nur Josy räumte im Haus den Vorratsraum auf. Die Kinder hatte Karoline mitgenommen, sie spielten mit dem ersten bunten Laub, gehütet von einer vierzehnjährigen Schwarzen, deren Eltern als Wanderarbeiter nach Hopeland gekommen waren und während der Weinlese in einem der alten Krals am südlichen Ende des Besitzes wohnten.
Sophie beschattete die Augen mit der Hand, als der Reiter näher kam. Er trug einen sandfarbenen Reitdress, die dunkelbraunen Stiefel waren staubig, der breitrandige Hut wies SchweiÃflecken auf.
Als er sein Pferd, einen dunkelbraunen, hochbeinigen Wallach, dicht vor der Terrasse zügelte, konnte Sophie sehen, dass auch Frederic Horseleys Gesicht schweiÃbedeckt war. Er musste sehr scharf geritten sein.
Sophie legte die weiÃe kleine Schürze von Charlotte zur Seite, an der sie bis eben ein paar kleine Risse ausgebessert hatte. »Frederic ⦠schön, Sie wieder einmal zu sehen. Sie haben lange nichts von sich hören lassen.«
Frederic schüttelte den Kopf. »Vor drei Wochen war ich zum letzten Mal hier. Hat man es Ihnen nicht gesagt?«
»Nein, ich bedauere.«
Ohne auf eine Aufforderung zu warten, sprang Frederic aus dem Sattel. Locker band er das Pferd an einem Pfosten seitlich der Terrasse an.
Sophie wies auf einen der bequemen Korbstühle, die in einer Vierergruppe links von ihr standen. »Kommen Sie, setzen Sie sich. Ich rufe gleich Josy und lasse Ihnen eine Erfrischung bringen. Um das Pferd müssen Sie sich leider selber kümmern, alle Leute sind im Weinberg.«
Zögernd kam Frederic näher, kurz verbeugte er sich vor Sophie, ehe er sich einen Sessel näher zog und sich ihr gegenüber niederlieÃ. Mit der Rechten wies er auf den Rollstuhl. »Sind Sie leidend? Wenn ich Sie störe, sagen Sie es offen.«
»Aber nein!« Sophie schüttelte den Kopf. »Dieser Stuhl ⦠ohne ihn kann ich leider nicht mehr sein.« Sie strich, es war inzwischen eine rein mechanische Geste, über die dünne karierte Decke, die sie über die Knie gebreitet hatte. Da es noch sehr warm war, trug sie eine leichte gelbe Bluse, darüber nur ein senffarbenes Schultertuch. Senffarben war auch der Rock, von dem jedoch nur wenig zu sehen war.
»Aber ⦠wieso? Was ist geschehen?«
»Wissen Sie es denn wirklich nicht?« Sophie beugte sich vor. »An dem Tag, an dem Sie sich mit Hannah in Kapstadt treffen wollten, hatte ich einen Unfall.« Sie biss sich kurz auf die Lippen. »Leider hatte er zur Folge, dass ich seither gelähmt bin.«
»Das habe ich nicht gewusst!« Kopfschüttelnd sah Frederic sie an. »Deshalb ist Hannah nicht gekommen!«
»Sie hat die ganze Nacht bei mir gewacht. Ich war lange Zeit bewusstlos, nachdem man mich in die Klinik gefahren hatte. Wie ich später erfuhr, haben sich Hannah und Karoline mit der Wache an meinem Krankenlager abgelöst.«
Der Mann senkte den Kopf. Er dachte daran, dass er sich an jenem Tag â und auch in der darauffolgenden Nacht â mit der kecken Dorothy amüsiert hatte. Die Sängerin hatte ihn für einige Tage verzaubert, doch rasch hatte er begriffen, dass sie im Grunde ein leichtes
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