Das Paradies liegt in Afrika
sprangen und dann quer über die Lichtung liefen. Wie ein Spuk waren sie im Unterholz wieder verschwunden. Kurz nur scheute die Fuchsstute, doch die Reiterin hatte sie rasch wieder unter Kontrolle gebracht.
So wie Hannah ritt auch Karoline bevorzugt im Herrensitz, der weitgeschnittene, hellgraue Hosenrock, den sie zu einer weiÃen Bluse trug, garantierte ihr Bewegungsfreiheit und einen sicheren Sitz auf dem Pferd. Dies war vor allem in den oft recht steil ansteigenden Weinbergen wichtig. Auf Etikette durfte man hier, im abgelegenen Weinland, keinen allzu groÃen Wert legen.
Der breitrandige Hut aus feinem Panamastroh, ohne den Karoline in der Sommerhitze nie ausritt, war ihr vom Haar gerutscht, er baumelte an zwei dünnen Lederriemen in ihrem Nacken.
»Los, mein Mädchen, gönnen wir uns einen kurzen Galopp!« Karoline gab dem Pferd die Sporen, und an einem der breiten Wassergräben entlang preschte sie hoch bis zur Quelle. Ringsherum wuchs saftiges Gras, in dem jetzt, bunten Inseln gleich, wilde Lilien und Iris blühten. Es war eine gelb-violette Farbenpracht, die das Auge erfreute. Vor fast zwanzig Jahren hatte Karl Ruhland etwas abseits der Quelle ein paar Eichen gepflanzt. Allzu groà waren die Bäume noch nicht, doch sie spendeten angenehmen Schatten.
Nachdem sie die Stute am schmalen Bachlauf hatte saufen lassen, band Karoline das Tier im Schatten der Bäume fest. Dann erfrischte auch sie sich mit dem kühlen Quellwasser. Sie kniete sich vorsichtig auf den Steinrand und trank aus der hohlen Hand. Kurz überlegte sie, ob sie es wohl wagen konnte, sich der Kleider zu entledigen und ein Bad zu nehmen, so, wie sie es vor Jahren einige Male mit Christopher getan hatte.
Die Erinnerung an diese Stunden, die meist in einem leidenschaftlichen Liebesspiel geendet hatten, trieb ihr die Röte ins Gesicht. Eine heiÃe Woge durchlief ihren Körper. Sie öffnete ein paar Knöpfe der Bluse und tauchte das Halstuch ins Wasser, kühlte damit Hals und Dekolleté.
»Der Tag wird ja noch viel schöner, als ich gedacht habe.« In der dunklen Männerstimme schwang Spott mit. »Eine Rose inmitten von Lilien und Gänseblümchen.«
Karoline drehte sich halb um, mit der linken Hand hielt sie die Bluse über der Brust fest. Den Mann, der gerade von einem gescheckten, hochbeinigen Wallach stieg, konnte sie nur schemenhaft erkennen, denn die Sonne blendete sie.
»Die schöne Witwe von Gut Hopeland .« Der Mann, etwa fünfzig Jahre mochte er alt sein, verbeugte sich übertrieben tief. »Meine Verehrung.«
»Guten Tag. Sie sind â¦Â« Fragend sah sie ihn an.
»Jan de Fronteyn. Ich bin Euer Nachbar, Madame, denn ich verwalte Gut Summerset . Ich bedauere, dass ich bei unserer ersten Begegnung so wenig Eindruck auf Euch gemacht habe, dass Ihr mich schon wieder vergessen habt.« Er grinste und kam ein paar Schritte näher â Karoline spürte fast körperlich die Bedrohung, die von ihm ausging. »Nun, es gibt einiges, das ich dazu tun kann, dass Ihr mich nicht so rasch wieder vergesst.« Ein heiseres Lachen folgte. Der Wallach ging mit langem Zügel hinüber zu Karolines Fuchsstute und begann, friedlich neben ihr zu grasen. »Die beiden verstehen sich ja schon prächtig. Nun, was ist mit Euch?« Der Gutsverwalter, den Frederic Horseley eingestellt hatte, setzte sich dicht neben Karoline auf einen der Bruchsteine, hielt den Blick dabei auf unverschämte Weise auf ihr Dekolleté gerichtet.
»Mein Herr, Ihr Benehmen lässt zu wünschen übrig.« Karoline stand auf. Die Nähe des Mannes war ihr zuwider. Er schien den Standesunterschied zu ignorieren, der zwischen ihnen herrschte. Und wenn Karoline auch nicht arrogant war, in diesem Fall wäre es ihr lieb gewesen, der Verwalter hätte sich an die gesellschaftlichen Regeln gehalten.
»Ich bin eben kein vornehmer Herr. Aber das solltet Ihr wissen, da Euch ja bekannt ist, wo ich lebe und arbeite«, sagte er voller Ironie. Auch Jan de Fronteyn erhob sich wieder. »Ich darf Euch eingestehen, dass ich auf meinen Reisen â und ich bin viel herumgekommen in der Welt â schon vielen schönen Frauen begegnet bin. Doch kaum eine hat mich so fasziniert wie Ihr.« Er trat dicht vor Karoline hin, sie konnte seinen Atem riechen, der von Brandy geschwängert war. »Seit ich Euch zum ersten Mal gesehen habe, geht Ihr mir nicht mehr aus dem Sinn. Doch
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