Das Paradies liegt in Afrika
vielleicht doch alles Schicksal.« Lebhaft sah sie zu ihm auf. Er überragte sie um Kopfeslänge. »Ich brauche einen Kellermeister! Wollen Sie â¦Â« Sie brach ab. »Ich bin wieder einmal zu spontan, verzeihen Sie mir.«
Ein Lächeln glitt über das braune Gesicht, die weiÃen Zähne blitzten auf. »Mir gefällt es, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. Und ich würde mir Ihr Gut nur zu gern anschauen. Wenn Ihr Gemahl einverstanden ist, komme ich hinaus nach Hopeland und stelle mich vor.« Eine kleine Verbeugung folgte den Worten.
Karoline gestand sich ein, dass ihr die guten Manieren des Mannes imponierten. Wenn er auch nur ein einfacher Arbeiter zu sein schien â er besaà einen gewissen Stil.
»Ich treffe allein alle Entscheidungen.« Karoline nickte ihm zu. »In drei Tagen werde ich wieder auf dem Gut sein. Kommen Sie dann dorthin, wir können vor Ort besser reden.«
3
K ommt Grandma nie mehr wieder?« Fragend sah die blonde Charlotte zu ihrer Mutter hoch. »Auch nicht morgen, zu meinem Geburtstag?«
»Nein, sie kommt nie mehr zurück zu uns. Sie ist jetzt im Himmel. Das hab ich dir doch schon so oft erklärt.«
»Sie will es nicht verstehen, sie ist eben noch ein Baby.« Victor sah nachsichtig zu seiner blonden Schwester hinüber, die sich auf einem Stein vor dem Grab niedergelassen hatte und mit ein paar Efeuranken spielte.
Karoline legte drei weiÃe Rosen auf Sophies Grab. Heute war der Todestag ihrer Schwiegermutter, deshalb war die junge Gutsherrin mit ihren beiden Kindern zum Friedhof gekommen. Noch immer spürte sie den Verlust sehr intensiv. Ihr Verhältnis zu Sophie war innig gewesen. »Wir sind Seelenverwandte«, hatte Sophie einmal gesagt.
Doch nun ruhte sie auf dem kleinen Friedhof von Hopeland neben ihrem Mann. Ein Schlaganfall hatte sie jäh aus der Mitte ihrer Lieben gerissen. Wann immer Karoline an Sophies überraschenden Tod dachte, kamen ihr die Tränen. Noch am Morgen ihres Todestages war die alte Dame voller Elan gewesen. Sie war in die Küche gefahren und hatte mit Josy eine Torte für Klein Charlotte gebacken. Danach hatte sie einige Briefe an ihre vielen Freunde in aller Welt geschrieben. Da waren die Familie Vanderbilt, die Klaviervirtuosin Clara Wieck und die französische Schriftstellerin George Sand, die mit ihrem unkonventionellen Leben, aber auch mit ihren Werken die Winzerin vom Kap so unendlich beeindruckt hatte, dass sie ihr vor vielen Jahren einfach einmal geschrieben hatte. Damals war eine Freundschaft zwischen diesen so unterschiedlichen Frauen entstanden; eine Freundschaft, der auch die vielen tausend Meilen, die sie trennten, nichts anhaben konnte. Noch heute bewahrte Karoline das Beileidsschreiben, das sie viele Wochen nach Sophies Tod von George Sand erhalten hatte, wie einen Schatz auf.
Karoline sah mit wehem Blick zu dem hellen Marmorstein hin, unter den sie die Rosen gelegt hatte. Sophie war nicht nur groÃherzig, sie war auch eine extrem kluge und weltoffene Frau gewesen. Auch nach ihrem schweren Unfall hatte sie sich nicht zurückgezogen, sondern ihre Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten in aller Welt gepflegt. Von dem Moment an, da sie nicht mehr reisen konnte, wohl noch intensiver als zuvor. So war es nicht verwunderlich, dass die Weine des Gutes weithin bekannt waren und von Kennern in vielen Teilen der Welt geschätzt wurden. Jahr für Jahr verschickte Karoline etliche Fässer nach Ãbersee, so, wie sie es auch seit Jahren an den Württembergischen Fürstenhof, nach Berlin, Wien und sogar nach Weimar tat, wo der geniale Pianist Franz Liszt regelmäÃig logierte und seine Meisterschüler gern mit einem Schluck des südafrikanischen Weines belohnte.
»Da kommt Mathew!« Victor sprang auf und lief auf den Hauslehrer zu. »Er will mit mir ausreiten. Du erlaubst es doch, Mama?«
»Natürlich.« Karoline nahm Charlotte an die Hand und ging dem Hauslehrer einige Schritte entgegen. »Ich hoffe nur, mein kleiner Wildfang nimmt nicht Ihre gesamte Freizeit in Anspruch, Mister Browling.«
»Aber nein. Ich bin gern mit Victor zusammen.« Er zögerte zwei Atemzüge lang, dann fügte er leiser hinzu: »Er ist mir lieb wie ein Sohn.«
Karoline zuckte leicht zusammen. Es war nicht das erste Mal, dass der Hauslehrer solche Andeutungen machte. Sie schätzte ihn wahrlich sehr, Mathew Browling war ein angenehmer
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