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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Zeiten der Melancholie, in denen er keinen Menschen sehen wollte. Den veränderten, eigenartig stillen Ibrahim mußte man behutsam angehen. Und Hassans Absichten erforderten größte Behutsamkeit.
    Was um alles in der Welt war mit seinem Freund im Gefängnis geschehen, fragte sich Hassan auf dem Weg nach oben. In den neuneinhalb Jahren seit seiner Entlassung war er mit keinem einzigen Wort darauf zu sprechen gekommen. Hassan rätselte auch darüber, wie es Ibrahim gelungen war, aus dem Gefängnis herauszukommen, nachdem die Bemühungen der Raschids erfolglos geblieben waren. Alle Wege waren lückenlos versperrt gewesen, aber plötzlich hatte man Ibrahim ohne sein Wissen freigelassen, und Ibrahim behauptete bis heute, er wisse selbst nicht warum.
    Der Diener klopfte und öffnete die Tür. Er ließ Hassan in die ihm vertrauten, bequemen Räume eintreten, die Ibrahim bewohnte. Die beiden begrüßten sich herzlich, und Hassan nahm den angebotenen Kaffee gerne an. Er hätte lieber Whiskey getrunken, aber nach Edwards Tod gab es in diesem Haus keinen Alkohol mehr.
    Armer Eddie, dachte Hassan und setzte sich auf das Sofa. War sein Tod wirklich ein Unglück gewesen? Wie konnte sich ein Mann genau zwischen die Augen schießen, während er seinen Revolver reinigte? Aber der Polizeibericht bestätigte den Tod als Unglücksfall, und Khadija, die Edward gefunden hatte, behauptete es auch. Trotzdem mißtraute ihr Hassan. Er hielt es für denkbar, daß diese Frau alles vertuschen würde, nur um die Ehre der Familie zu retten. Edward war für ihn ein Spielzeug gewesen, und er hatte ihm geholfen, sich an Alice zu rächen. Aber mehr hatte er nicht gewollt. Sex war ein Spiel, mehr nicht …
    »Ich freue mich, daß du gekommen bist«, sagte Ibrahim, und es klang beinahe fröhlich. Hassan schloß daraus, daß das Glück auf seiner Seite stand. Bestimmt würde Ibrahim seinen Heiratsantrag befürworten.
    Sie rauchten eine Zigarette, eine englische Zigarette, wie Hassan zufrieden feststellte, und er erwiderte: »Auch ich freue mich, dich zu sehen, mein Bruder. Möge Gott dir Gesundheit und ein langes Leben schenken.« Hassan war nicht mehr der Gentleman mit den konventionellen Floskeln der Engländer. Er sprach jetzt nur noch arabisch und ließ in seine Rede die traditionellen Sätze der Araber einfließen. Sie sprachen ein paar Minuten über die Baumwollpreise und die Fortschritte beim Bau des Assuanstaudamms, dann sagte Hassan: »Mein Freund, darf ich jetzt zum eigentlichen Grund meines Besuches kommen? Ich bin aus einem ganz besonderen Anlaß hier, der unser beider Glück besiegelt. Ibrahim, mein Bruder, heute ist unser Tag, denn ich möchte um die Hand deiner Tochter anhalten.«
    Ibrahim sah ihn verblüfft an. »Das kommt für mich völlig unvorbereitet. Ich hatte keine Ahnung, daß du wieder an eine Heirat denkst.«
    »Ich bin jetzt fast drei Jahre geschieden. Ein Mann braucht eine Frau, wie du mir selbst gesagt hast. Mein hohes Amt in der Regierung verlangt bei vielen offiziellen Anlässen meine Anwesenheit, und manchmal muß ich auch Gastgeber sein. Für solche Fälle brauche ich unbedingt eine Frau.«
    »Gewiß«, sagte Ibrahim nachdenklich und dachte an die Zeit, als Alice bei allen wichtigen gesellschaftlichen Ereignissen an seiner Seite gewesen war. Jeder hatte ihn um die bezaubernde englische Blondine an seinem Arm beneidet, denn sie war die Tochter eines Earl und mit ihrem Charme, ihrer Eleganz und ihrer natürlichen Schönheit allen Frauen weit überlegen. Jetzt verbrachte Lady Alice ihre Tage damit, die Erde umzugraben, weil sie einen ägyptischen Garten in etwas verwandeln wollte, was sie an Suffolk erinnerte. Ein tiefer Seufzer entrang sich seiner Brust. Wie konnte er den Weg zu seiner Frau zurückfinden? Was konnte er tun, damit sich die Kälte der Gleichgültigkeit wieder in Liebe verwandelte?
    »Ich habe natürlich bis zu ihrem Geburtstag gewartet. Aber der liegt schon ein paar Wochen zurück, und jetzt ist sie nicht mehr zu jung.«
    Ibrahim hob den Kopf. »Hm? Nicht mehr zu jung? Ich weiß nicht so recht. Du bist fünfundvierzig, Hassan.«
    »Du auch, mein Freund!« Dem Jahrgang nach stimmte das. Hassan hatte sich sein jugendliches Temperament bewahrt, und man hielt ihn für sehr viel jünger, aber Ibrahim war gealtert. Seine Haare waren im Gefängnis grau geworden, und der einst so sportlich trainierte Körper hatte nie wieder die alte Kondition zurückgewonnen.
    »Es war davon die Rede, daß Jasmina Ballettänzerin

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