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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Schönheit, aus den Tiefen der Erde ans Licht kam, um sie der Sonne darzubringen, war das nicht mehr einstudiert. Sie verfiel in eine Art Trance, und der Tanz kam aus ihrem Herzen, das um den Verlust der Liebe klagte. Den Zuschauern verschlug es den Atem. Sie sahen das Leiden einer Frau, die mit dem Schicksal rang.
    Die Nummer endete, und Jasmina zog sich unter ohrenbetäubendem Applaus zurück. Die zwanzig Tänzerinnen ihrer Truppe kamen in Galabijas aus den Kulissen und wirbelten unter Zurufen und Zagharits in einem ausgelassenen Volkstanz über die Bühne. Jasmina eilte unterdessen in ihre Garderobe, wo die Garderobieren ihr aus dem Kostüm halfen.
    Hakim erschreckte sie alle, als er plötzlich außer Atem erschien und rief: »Vor einer Stunde ist in Mansours Redaktion eine Bombe explodiert!«
    »O Gott? War jemand im Büro? Ist er verletzt?«
    »Ich weiß nicht. Aber es ist entsetzlich! Er hat Dahibas Artikel veröffentlicht, und jetzt …«
    »Ich muß zu ihm …«, sagte Jasmina und griff nach einer schwarzen Melaja, die in ihrer Gaderobe hing. »Hakim, kümmer dich bitte um Zeinab. Bring sie zu euch nach Hause und sag Radwan, er soll bei ihr bleiben, damit sie nicht allein ist.«
    »Jasmina, warte. Ich begleite dich!«
    Aber sie war bereits gegangen.
     
    In der Gasse herrschte Chaos. Leute versperrten den Weg und behinderten die Wagen der Feuerwehr. Jasmina hatte ihre Limousine auf der Hauptstraße geparkt, als sie die Menschenmenge sah.
    In panischer Angst bahnte sie sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menschen. Als sie das halbzerstörte Haus erblickte, vor dem Glassplitter und Papiere auf der Gasse verstreut lagen, begann sie, schneller zu laufen.
    Jakob war in der Redaktion, besser gesagt in dem, was von den Büros übriggeblieben war. Er stand benommen inmitten der rauchenden Trümmer.
    »Gelobt sei Gott!« rief Jasmina, schlug den Schleier zurück und warf sich ihm in die Arme.
    Die Umstehenden hielten den Atem an, als sie Jasmina erkannten. »Allah ist groß!« flüsterten die Menschen, und ihr Name machte schnell die Runde. Die Leute fragten sich verunsichert, was die berühmte Jasmina Raschid mit einem subversiven Zeitungsmenschen zu tun hatte.
    Jasmina musterte besorgt sein Gesicht. Jakobs Brille war zerbrochen, und aus einer Kopfwunde rann Blut. »Wer hat das getan?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er, immer noch wie betäubt.
    »Weshalb können wir nicht alle in Frieden miteinander leben?«
    »Einer geballten Faust kann man nicht die Hand reichen«. Er starrte sie an, als begreife er plötzlich, daß sie es war. »Jasmina, Sie sind zurück!« Er sah ihr geschminktes Gesicht und den rosa Chiffon unter dem schwarzen Umhang. »Ihre Vorstellung! Heute abend ist doch die Gala! Was tun Sie hier?«
    »Als ich hörte …« Sie berührte seine Stirn. »Sie sind verletzt. Ich werde Sie zu einem Arzt bringen.«
    Er ergriff ihre Hände und sagte rauh: »Jasmina, hören Sie zu. Sie müssen hier weg. Schnell!«
    Er zog sie hinter eine Wand und redete erregt auf sie ein.
    »Nach Ihrer Abreise hat es Verhaftungen gegeben. Sadat säubert Kairo von Intellektuellen und Liberalen. Es heißt, daß sie die religiösen Streitigkeiten schüren. Man hat in uns einen Sündenbock gefunden. Wenn Sie bei mir bleiben, wird man Sie nach dem Gesetz zum Schutz der Moral verhaften. Das neue Gesetz ermöglicht es, jedermann unbegrenzte Zeit einzusperren. Letzte Woche haben sie meinen Bruder verhaftet. Gestern hat man den Schriftsteller Jussuf Haddad abgeholt. Ich weiß nicht, wer die Bombe in mein Büro geworfen hat, Jasmina. Vielleicht waren es die Muslimbrüder. Vielleicht war es die Regierung. Ich weiß nur, daß Sie in Gefahr sind, wenn man Sie mit mir zusammen sieht.«
    »Bei Gott, ich werde Sie nicht alleinlassen. Sie können nicht hierbleiben, das wäre Wahnsinn. Kommen Sie mit!« sagte sie entschlossen. Sie nahm seine Hand und verließ mit ihm das zerstörte Haus. Die Menschen wichen scheu vor ihnen zurück. Jasmina begriff, das war ihre einzige Chance, der Polizei zu entgehen. Sie eilte mit dem verwirrten Jakob durch die plötzlich frei werdende Gasse.
    »Mein Wagen parkt in der Al-Bustan-Straße. Schnell. Die Geheimpolizei kann jeden Augenblick hier sein.«
     
    Jakob stand auf dem Balkon von Jasminas Penthaus und spürte die erfrischende Brise vom Nil auf seinem Gesicht. Jasmina hatte seine Wunde ausgewaschen und verbunden. Jetzt schaltete sie drinnen das Radio an, um die Nachrichten zu hören. Er hielt sich

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