Das Paradies
ersten Mal auf der Bühne gesehen habe. Meine Besprechung deines Auftritts war meine Liebeserklärung. Seit diesem Tag wollte ich dich, und jetzt, wo ich dich habe, werde ich dich nicht wieder gehen lassen.«
Als er sie küßte, wehrte sie sich nicht mehr. Sie küßte ihn ebenfalls und drückte sich an ihn. Sie liebten sich auf dem Fußboden. Dort, wo sie standen, sanken sie auf den Teppich, der einmal einen prächtigen Salon in König Farouks Palast geschmückt hatte. Sie liebten sich schnell, mit dem Hunger und dem Drang von Menschen, die wissen, daß ihr Leben wie im Flug vergeht.
Hinterher führte Jasmina ihn in das Schlafzimmer, wo das riesige Bett beinahe unter dem Satinüberwurf in der Farbe des Sonnenaufgangs verschwand. Diesmal liebten sie sich langsam und genossen jede Berührung, jede Empfindung in dem Wissen, daß sie ihre Tage von nun an zusammen verbringen würden.
Später, nachdem sie gebadet und sich angekleidet hatten und wieder ruhiger geworden waren, führten sie sich die Wirklichkeit vor Augen und kamen überein, daß sie sich der Zukunft mit all ihren Kompliziertheiten und Schwierigkeiten gemeinsam stellen würden.
Aber als Jakob sie zum dritten Mal an sich zog, während der Vollmond durch die Jalousien der Balkontür schien, hallten Schläge gegen die Wohnungstür und zerrissen die Stille der heißen Nacht.
Bevor sie reagieren konnten, gab die Tür nach und fiel mit einem lauten Knall auf den Boden. Männer in Uniformen, mit Pistolen und Handschellen stürmten in das Wohnzimmer und verhafteten sie nach dem Gesetz zum Schutz der Moral.
22 . Kapitel
Als Amy den Ruf zum Gebet hörte, überkam sie ein solches Gefühl von Wärme, Sicherheit und Endlich-wieder-zu-Hause-Sein, daß sie laut lachte. Das Lachen weckte sie.
Sie lag einen Augenblick ruhig im Bett und versuchte, die Empfindungen ihres Traums zurückzurufen: Der dunstige Morgen in Kairo, Vögel auf den Dächern, die lärmend das Tageslicht begrüßten, die Straßen, die sehr schnell von Autos und Eselskarren verstopft waren. Über allem lag der schwere, in alle Poren dringende erdige Geruch des Nils.
Obwohl kein Muezzin über den Pazifik rief, um sie im Gebet zu leiten, unterzog sich Amy im Bad den rituellen Waschungen, kniete in der fahlen Morgendämmerung mit dem Gesicht in Richtung Mekka und sprach die Gebete in den festgelegten Körperhaltungen. Hinterher saß sie auf dem Boden und lauschte der Symphonie der Möwen und der rauschenden Wellen, die ihr eine leichte Septemberbrise zutrug. Amy wußte, es würde noch sehr lange dauern, bis sie den Ruf zum Gebet wieder in Kairo hörte.
Sie hatte nie eine Nachricht von Jasmina bekommen. Für die Familie war sie immer noch tot – selbst ihre Schwester verzieh ihr nicht. Daran ließ sich nichts ändern.
Aber auch wenn Amy nicht nach Ägypten zurückkehren konnte, so verließ sie doch die Vereinigten Staaten. Sie mußte sich beeilen und den Koffer packen, was sie am Abend zuvor nicht mehr geschafft hatte, denn Rachel konnte jeden Augenblick kommen, um sie zum Flughafen zu bringen.
Amy legte ihre Sachen sorgfältig in den Koffer. Bei der Entscheidung, was sie mitnahm, hielt sie sich an die Empfehlungen der Treverton-Stiftung. Ihr Ziel lag im Nahen Osten. Deshalb bestand ihr Gepäck aus leichten Baumwollsachen und festen Schuhen. Obenauf legte sie das Photo ihres Sohnes, Mohammed als Siebzehnjähriger, und eine Aufnahme von sich und Greg am Pier von Santa Monica – zwei hoffnungsvolle Menschen, die sich fragten, wann das Wunder der Liebe geschehen werde. Außerdem befanden sich in ihrem Gepäck
Die bestrafte Frau –
Marijam Misrachi hatte ihr das Buch gegeben – und
Wenn man Arzt sein muß
. Unter der Umschlagklappe steckte ein gefalteter Artikel aus der
Los Angeles Times,
der zusammen mit einem Bild von der Festnahme von Dr. Declan Connor einen Tag nach der Demonstration am Testgebiet in Nevada erschienen war.
Sie klappte den Koffer zu und verschloß ihn gerade, als Rachel, ohne anzuklopfen, in der Tür erschien.
»Fertig?« fragte sie mit den Wagenschlüsseln in der Hand.
»Ich muß noch meinen Hut und meine Handtasche holen.«
Rachel folgte ihr in das Schlafzimmer. »Was machst du mit deinen Sachen?« fragte Rachel, als ihr Blick auf den Kopfkissenbezug fiel, der mit Bettwäsche und Handtüchern vollgestopft war. Im Wohnzimmer hatte sie Kartons mit Töpfen und Pfannen, Tellern und dem Plattenspieler gesehen.
Amy steckte den breitkrempigen Strohhut mit einer langen,
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