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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Paradies-Straße einzuwenden, wenn Omar beruflich unterwegs war. Aber obwohl sie die Abwechslung und die größere Bequemlichkeit bei ihrem Bruder genoß, ärgerte sie sich im stillen darüber, daß sie sich Umma fügen mußte.
    In Bulaq herrschte Nefissa uneingeschränkt. Sie hatte die acht Kinder unter ihrer Obhut, sie beaufsichtigte das Personal, plante die Mahlzeiten und gab ihrer Schwiegertochter Nala, die sich gegen Nefissa nicht behaupten konnte, Anweisungen. Am meisten gefiel Nefissa jedoch, daß sie Omar ebenso bemuttern durfte wie ihren Enkel Mohammed, der natürlich bei ihnen in Bulaq lebte.
    Nefissa hatte jedoch auch Sorgen. Ihr war nicht entgangen, daß Umma in letzter Zeit Mohammed unauffällig beobachtete. Dabei machte Khadija ihr »Ehestifterinnen-Gesicht«. Der Junge war erst achtzehn, ein Universitätsstudent! Außerdem fand Nefissa, es sei ihre und nicht Khadijas Sache, eine Ehefrau für ihren Enkel zu finden.
    Sie seufzte. Ummas Stellung an der Spitze der Familie war unangefochten, und sie würde sich nicht von ihren Plänen abbringen lassen. Aber Nefissa wollte Mohammed nicht verlieren. Ich werde auf der Hut sein müssen, dachte sie. Ich muß Mohammed auch in diesem Punkt rechtzeitig unter meinen Einfluß bringen.
    Sie wandte sich wieder der Post zu. Es gab Briefe für Basima und Sakinna – mit dem Poststempel von Assiut, für Tewfik eine Rechnung von dem teuren Schneider in der Kasr El Nil-Straße und für Ibrahim wieder einmal ein zerknittertes Couvert von Hudas Vater. Zweifellos wollte er Geld. In Nefissas Augen hatte ihr Bruder der Familie Schande gebracht, als er so weit unter seinem Stand heiratete – ausgerechnet seine Sprechstundenhilfe! Und was hatte er von dem faulen Weib dafür bekommen? Nur Töchter!
    Nefissa hörte die Glocke am Tor, und als sie hinausblickte, sah sie Nabil el-Fahed durch den Garten kommen. Er wurde in den kleinen Salon geführt. Sie wunderte sich nicht zum ersten Mal über diesen Besucher. Was hatte ihre Mutter vor? Fahed schien ein guter Heiratskandidat zu sein. Nefissa fand ihn nicht uninteressant. Sie hatte gehört, daß er ein sehr vermögender Antiquitätenhändler war. Aber für wen kam er in Betracht? Für welches der vielen Raschid-Mädchen hatte Khadija diesen Mann in den Fünfzigern vorgesehen? Nefissa hatte sich damit abgefunden, nicht wieder zu heiraten, obwohl sie sich attraktiv fand und wußte, sie hätte einen Mann glücklich machen können – zum Beispiel Fahed. Er war reich, geschieden, machte als Taxator viele Reisen und verkehrte in den besten Kreisen. Konnte ein solcher Mann ihr nicht die Tür des Gefängnisses öffnen? An seiner Seite würden ihre wahren Fähigkeiten erst zur Geltung kommen …
    Nefissa hatte den Stapel Post beinahe durchgesehen, als sie erstarrte. Der letzte Umschlag war an Jasmina adressiert. Er hatte amerikanische Briefmarken und einen kalifornischen Poststempel – wieder ein Brief von Amira! Nefissas Hände verkrampften sich, so daß sie ihn beinahe auf der Stelle zerknüllt hätte.
    Nefissa hatte damals das Geheimnis ihrer Nichte verraten und Schicksal gespielt. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Doch beim Gedanken an Amira flammten Eifersucht und Ablehnung sofort wieder mit unverminderter Wucht auf.
    Es mußte etwas damit zu tun haben, daß Amira zur Hälfte Engländerin war. Nefissa haßte die Engländer. Hatten die Engländer sie nicht betrogen und ihr Leben zerstört? Hatten nicht alle Engländer, die Nefissa kannte, sie auf das bitterste enttäuscht? Selbst der Leutnant, der sie nach einer einzigen Liebesnacht vergessen hatte und nie wieder etwas von sich hören ließ? Edward, der Bruder von Alice, hatte Hassan ihr vorgezogen. Sie würde nie vergessen, daß die blonde Amira die Ursache der Demütigung durch Hassan gewesen war. Und Alice hatte mit ihrem Selbstmord die ganze Familie entehrt.
    Nefissa hatte sich nicht von Ibrahim täuschen lassen. Sie wußte von dem Tod seiner Frau im Nil, obwohl ihr Bruder glaubte, niemand kenne die Wahrheit, weil er allein zum Leichenschauhaus gegangen war, um die Leiche zu identifizieren. Ibrahim war mit der Geschichte von einem tragischen Unfall zurückgekommen. Aber Nefissa hatte im Lauf der Jahre gelernt, wie man die Wahrheit erfuhr. Sie war sehr geschickt darin, im richtigen Augenblick an Türen zu lauschen. Sie hatte gehört, wie Ibrahim seiner Mutter berichtete, Fischer hätten gesehen, daß Alice vorsätzlich in den Fluß gegangen war.
    Nefissa starrte auf den Umschlag in

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