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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Knöchel verstaucht hatte und deshalb Khadija nicht nach Suez begleiten konnte. Das Mißgeschick hatte auch eine gute Seite. Mohammed war bei ihr geblieben.
    Nefissa war außer sich gewesen, als sie hörte, daß Ibrahim und Omar wollten, daß Mohammed seine Großmutter nach Mekka begleitete.
    Sie hatte Pläne mit ihm, die niemand, weder Omar noch Ibrahim, ja selbst Khadija nicht, durchkreuzen würde …
    Sie warf ungeduldig einen Blick auf die Uhr. Warum kam er nicht? Jeden Tag erschien er nach der Arbeit später. Wo trieb er sich herum?
    Als sie hörte, wie die Wohnungstür geöffnet und geschlossen wurde, atmete sie erleichtert auf und lehnte sich zurück. Er war da.
    Mohammed kam kurz darauf in das Wohnzimmer, wo sie, mit einem Kissen unter dem verletzten Knöchel, auf einem Sofa lag. Er küßte sie flüchtig und wandte sich sofort ab. Nefissa entging nicht, daß er blaß und verstört war.
    »Wie geht es dir heute abend, mein Kleiner?« fragte sie plötzlich besorgt.
    Er stand mit dem Rücken zu ihr. Als er die Post auf dem Tisch liegen sah, ging er neugierig hinüber. »Gut, Großmutter …« Er brach ab, und Nefissa sah mit Genugtuung, wie betroffen er war.
    »Was ist?« fragte sie scheinbar besorgt.
    »Meine Geburtstagskarte«, erwiderte er tonlos. »Sie hat wieder geschrieben.«
    Nefissa beobachtete ihren Enkel, der auf dem Diwan Platz nahm und lange auf den Umschlag starrte, bevor er ihn öffnete.
    Früher war es ihr gelungen, Amiras Briefe an Jasmina abzufangen, aber sie hatte nie gewagt, ihrem Enkelsohn die Geburtstagskarten vorzuenthalten. Mohammed wartete jedes Jahr darauf. Sie wußte, in welcher Schublade er sie aufbewahrte. Sie wußte, wenn sie es ihm verboten hätte, wäre seine Mutter für ihn zur Märtyrerin geworden, und er hätte sie zu einer Heiligen verklärt.
    Als sie sah, daß er plötzlich die Stirn runzelte, fragte sie: »Was ist los, mein Liebling?«
    Mohammed kam mit dem Umschlag zu ihr. »Das verstehe ich nicht, Großmutter. Sieh mal, auf dem Umschlag sind ägyptische Briefmarken.«
    Sie seufzte und sagte dann: »Ja, das ist mir auch schon aufgefallen …«
    Mohammed riß den Umschlag auf und las das vertraute »… immer in meinem Herzen, Deine Mutter.« Dann sah er Datum und die Ortsangabe. »
Bismillah!
Sie ist wirklich in Ägypten!«
    »Wie?« Nefissa nahm ihm die Karte aus der Hand und hielt sie unter das Licht. »Al Tafla, A.R.E.« Ein eiskalter Schauer lief ihr plötzlich über den Rücken. »Im Namen Gottes«, murmelte sie. »Wo liegt Al Tafla?«
    Mohammed ging zum Bücherschrank, zog zwischen einem Wörterbuch und den gesammelten Gedichten von Ibn Hamdis einen Weltatlas hervor und blätterte mit fliegender Hast darin. Seine Hände zitterten. Wo lag Al Tafla?
    In seiner Aufregung ließ er den Atlas fallen, hob ihn wieder auf und fand schließlich die Seite, auf der das grüne Niltal zwei gelbe Wüsten trennte. Fieberhaft fuhr er mit dem Finger am Flußlauf entlang, nach oben und nach unten, und rief plötzlich: »
Ja Allah
! Hier ist es! Es ist nicht weit von …« Er warf den Atlas wütend durch das Zimmer, der verfehlte um Haaresbreite den Fernsehapparat, schlug gegen die Wand und fiel mit einem Knall zu Boden.
    Nefissa setzte sich mühsam, griff nach der Lehne eines Stuhls, zog sich daran hoch und stand mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. »Mohammed, mein Schatz«, sagte sie. »Bitte …«
    »Wie kann sie in Ägypten sein?« rief er, ohne auf Nefissa zu achten. »Warum kommt sie nicht nach Kairo? Warum besucht sie mich nicht? Was ist das für eine Mutter? O Gott, Großmutter! Ich bin so durcheinander!«
    Als Nefissa sah, daß er zu schluchzen begann und völlig außer sich war, bekam sie es mit der Angst zu tun.
    Amira war in Ägypten! Nun gut. Wenn sie zurückkam und Anspruch auf ihren Sohn erhob, dann würde sie feststellen müssen, daß sie keine gesetzliche Handhabe hatte …
    Aber Mohammed war inzwischen ein erwachsener Mann. Ein liebevolles Wort seiner Mutter konnte ihn Nefissa für immer wegnehmen.
    »Hör zu, mein Liebling«, sagte sie und griff nach seinem Arm. »Hilf mir. Ich möchte mich an den Tisch setzen. Ich verstehe dich. Du bist ein guter Junge. Ich werde dir etwas sagen, denn ich glaube, es ist Zeit, daß du die Wahrheit über deine Mutter erfährst.«
    Als Nefissa am Tisch saß, sah sie ihn ernst an. »Es fällt mir nicht leicht, mein lieber Enkelsohn. Die Familie spricht nicht über deine Mutter, seit sie vor vielen Jahren weggegangen ist … Bitte

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