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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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fiel ihr ein, daß er ihr nicht einmal seinen Namen genannt hatte.

4 . Kapitel
    Marijam Misrachi erzählte eine Geschichte: »Farid ging mit seinem Sohn eines Tages auf den Markt, um ein Schaf zu kaufen. Wie jeder weiß, richtet sich der Preis für Schafe nach dem Fett, das im Schwanz gespeichert ist. Deshalb betastete Farid die Schwänze vieler Schafe, wog sie in der Hand und drückte sie. Schließlich fragte sein Sohn: ›Vater, warum machst du das?‹ Farid antwortete: ›Dann kann ich besser entscheiden, welches Schaf ich kaufe.‹ Ein paar Tage später lief sein Sohn zu Farid, als er von der Arbeit nach Hause kam, und rief: ›Vater! Scheich Gamal war heute hier! Ich glaube, er will Mama kaufen!‹«
    Die Frauen lachten und auch die Musiker, die hinter dem Paravent saßen, weil es Männer waren. Dann spielten sie weiter.
    Das Fest wurde in Khadijas großem Salon gefeiert. Die alten Messinglampen warfen verspielte Lichtmuster auf die elegant gekleideten Gäste – es waren nur Frauen. Sie saßen auf den niederen Diwanen und großen Seidenkissen und aßen von den köstlichen Gerichten, die auf dem Buffet mit den schimmernden Einlegearbeiten aus Perlmutt standen. Die türkischen Teppiche auf dem Boden und die Wandbehänge sorgten dafür, daß es trotz der kalten Dezembernacht angenehm warm war. Im festlich erleuchteten Salon wurde gelacht, getrunken und ausgelassen zu den Klängen der orientalischen Musik gefeiert. Khadijas Dienstboten brachten immer mehr Platten mit pikant gewürzten Fleischgerichten, aber auch frisches Obst und Gebäck. Zu allen Gerichten gab es so stark gezuckerten Minztee, daß auf dem Boden der Gläser unaufgelöster Zucker zurückblieb.
    Das Fest hatte offiziell keinen besonderen Anlaß. Khadijas Gäste – es waren über sechzig – stammten alle aus der Aristokratie, wie man dem Schmuck und den ausgefallenen Abendkleidern der vornehmen Damen ansehen konnte. Auf Grund der plötzlich gestiegenen Nachfrage nach Baumwolle im Fernen Osten, nach Weizen und Mais im ausgehungerten Europa erlebte Ägypten ein wirtschaftliches Nachkriegshoch. Khadijas Gäste, deren Ehemänner auf dem Weltmarkt noch nie dagewesene Gewinne erzielten, zeigten ihren Reichtum in der gesellschaftlich sanktionierten Weise – sie traten allesamt wie Königinnen auf.
    Auch Khadija trug die Diamanten und den Goldschmuck, den ihr Ali geschenkt hatte. Sie freute sich besonders über dieses gelungene Fest, weil es noch weitere Überraschungen geben sollte. Khadija war überglücklich gewesen, als der lang ersehnte Anruf ihres Sohns endlich gekommen war. Ibrahim hielt sich nun schon beinahe sieben Monate im Ausland auf, und sie hatte nur selten etwas von ihm gehört. Er schrieb nichtssagende Ansichtskarten und belanglose Briefe. Sie hatte jeden Abend für ihn gebetet und Gott angefleht, ihren Sohn von den seelischen Schmerzen zu befreien, damit er wieder nach Hause zurückkehrte, nach Ägypten, wohin er gehörte. Sie konnte seine Rückkehr kaum erwarten, denn sie hatte die perfekte Braut für ihn gefunden – eine achtzehnjährige Raschid. Ein stilles und gehorsames Mädchen, gut erzogen und anständig. Sie war eine Enkeltochter von Ali Raschids Cousine. Die Mutter war mit der Tochter ebenfalls eingeladen, und das würde Khadijas große Überraschung sein. Sie hatte alle Vorgespräche bereits geführt, und heute wollte sie die Verlobung besiegeln. In diesem festlichen Rahmen, in Anwesenheit der gesellschaftlich führenden Frauen des Landes und im Kreis der Familie würden sie den Hochzeitstermin festsetzen, denn Ibrahim hatte seine Rückkehr für diesen Abend angekündigt. Zum Willkommen sollte ihn als besondere Überraschung seine Braut im Raschid-Haus begrüßen. Alle würden ihn beglückwünschen und sich über seine Ankunft freuen. Ihr Sohn sollte spüren, wie sehr sie ihn brauchten und verehrten. Heute sollte ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Raschids beginnen.
    »Ja Khadija!« rief eine Frau durch den Raum. Sie nahm sich gerade von den mit Leber gefüllten Hühnerbrüsten. Sie waren in Teigtaschen in Olivenöl und mit scharfen Gewürzen, Minze und Pistazienkernen gebraten worden. »Wo kauft deine Köchin die Hühner?«
    Noch ehe Khadija antworten konnte, rief Marijam: »Nicht bei dem Betrüger Abu Achmed in der Kasr El-Aini-Straße. Man weiß doch, daß er seine Hühner mit Mais stopft, bevor er sie schlachtet, damit sie mehr wiegen!«
    »Um Ibrahim, ich muß mit dir reden«, sagte eine Frau in mittleren

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