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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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der Hochzeit geworden war, den ägyptischen Gesetzen unterlag. Dazu gehörte auch ein Gesetz, daß einer Frau verbot, ohne die Erlaubnis ihres Mannes das Land zu verlassen. Sie konnte ohne Ibrahims Unterschrift noch nicht einmal einen Reisepaß bekommen. Deshalb hatte sie Ibrahim gebeten, mit ihr England zu besuchen. Aber seine Pflichten am Hof zwangen ihn, in Kairo zu bleiben. Als sie daraufhin den Wunsch geäußert hatte, allein zu reisen, lehnte Ibrahim das ab.
    Aber Alice war zu der Reise entschlossen – auch wenn es eine kurze Reise sein würde. Und sie würde darauf bestehen, allein zu fahren.
    Inzwischen war es notwendig, ohne ihn die Reise zu machen. Alice wußte, nichts wäre im Augenblick schlimmer als noch eine gemeinsame Reise. Sie mußte endlich einmal allein sein und in Ruhe ihre Gefühle ordnen. Es war ein Fehler gewesen, sich der Gesellschaft auf Farouks Hochzeitsreise anzuschließen. Ibrahim war so aufmerksam und zuvorkommend gewesen, daß sie ihn am Ende der Fahrt haßte.
    Aber in Wirklichkeit haßte sie ihn nicht. Das war das eigentliche Problem. Sie liebte ihn noch immer, und deshalb konnte sie ihre widersprüchlichen Gefühle nicht verstehen. Es begann alles nach der Geburt von Amira, als man ihr am nächsten Morgen sagte, es sei noch ein Kind ins Haus gekommen – Ibrahims Sohn.
    Alice blickte zu dem kleinen Zakki, der vor der Sonnenuhr saß und einen Schmetterling betrachtete, den er in den Händen hielt.
    Alice empfand keine Abneigung gegen den sechsjährigen Zakki. Er war ebensosehr ein Opfer der Falschheit seines Vaters wie sie. Zacharias war in ihren Augen wirklich ein liebenswertes Kind; er war ruhig, gehorsam, und er liebte seine Halbschwester Amira. Alice machte auch der Mutter des Jungen, wer immer sie auch sein mochte, insgeheim keine Vorwürfe. Denn war die arme Frau nicht von ihr, der zweiten Frau »entthront« worden? Nein, Alice gab die Schuld allein Ibrahim.
    Sie wußte, ihn verwirrte ihre veränderte Haltung. Er verstand nicht, weshalb sie in den Frauenteil gezogen war, weshalb sie nicht gern in sein Bett kam und kalt in seinen Armen lag. Alle diese Geschenke, die Dinner und Einkaufsfahrten zu den teuren Geschäften – glaubte er wirklich, so etwas würde bei ihr wirken? Dabei hätte er sie nur fragen müssen, um den Grund von ihr zu erfahren. Wenn er endlich den Mut zu der entscheidenden Frage aufbrachte, dann würde sie ihm sagen: Ich möchte keinen Schmuck von dir, ich möchte die Wahrheit wissen. Warum hast du mir die andere Frau verschwiegen, die Frau, die du nach Fathejas Tod geheiratet und geschwängert hast, bevor du nach Monte Carlo gekommen bist? Warum hast du mir damals nicht gesagt, daß du bereits verheiratet bist? Und als dann dein Sohn auf die Welt kam, warum hast du keinem etwas gesagt? Warst du die vielen Abende, an denen du angeblich im Palast sein mußtest, in Wirklichkeit bei
ihr
? Weshalb hast du sie schließlich verstoßen? Weshalb hast du mich ihr vorgezogen? Hat sie vielleicht gedroht, deiner Familie etwas von dem Sohn zu sagen, den sie dir geschenkt hat? Er war drei Monate alt, als du ihn in die Paradies-Straße gebracht hast. Drei Monate lang hast du ein Geheimnis daraus gemacht, daß du einen Sohn hast.
    Hast du ihn in die Familie gebracht, weil ich dir nur eine Tochter geschenkt habe?
    Als sich Alice schließlich wieder den Alpenveilchen zuwandte, überlegte sie, ob das Donnern in der Ferne ein Gewitter über dem Nil sei. Dann faßte sie den Entschluß, von Ibrahim die Erlaubnis zur Reise nach England zu verlangen, sobald er nach Hause kam.
     
    Die Küche war ein großer sonniger Raum. Wände und Boden hatte man mit Marmor gefliest. Die Sonne vertrieb die Januarkälte, während die libanesische Köchin mit roten Backen und zurückgekämmten Haaren ihre vier Helferinnen an den beiden Öfen und drei großen Herden überwachte. Die Anzahl der Bewohner des herrschaftlichen Hauses in der Paradies-Straße änderte sich von Jahr zu Jahr; die Töchter heirateten und zogen aus, einige der Alten starben, Ehefrauen erschienen, und Kinder wurden geboren. An diesem kalten Samstag im Januar wohnten neunundzwanzig Raschids im Haus, vom Säugling bis zu den Alten. Zwölf Dienstboten lebten auf dem Dach. Ständig wurden Speisen gekocht und zubereitet. In der Küche gab es Tag und Nacht Arbeit. Die Frauen unterhielten sich bei ihrem Tun. Aus dem Radio drang die berühmte Stimme von Farid Latrache, die zur Musikstunde Liebeslieder sang. Inmitten all dieser

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