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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ruhig: »Wir dürfen uns nicht von der Angst beherrschen lassen. Denkt daran, Gott schenkt die Einsicht, und wir stellen uns unter SEINEN Schutz.« Zu Rajja sagte sie: »Ruf alle Raschids an und fordere sie auf, hierher in die Paradies-Straße zu kommen. Wir werden die Nachrichten zusammen verfolgen, und wir werden beten. Doreja, kümmere du dich um die Kinder. Beschäftigte sie mit Spielen und beruhige sie.« Dann befahl sie der Köchin, Wasser für Tee zu kochen und genügend Speisen vorzubereiten, denn bald würden die Verwandten eintreffen, um auf Nachricht von Ibrahim zu warten. Schließlich sagte Khadija zu Nefissa: »Du kannst heute nicht nach Alexandria fahren.«
     
    »Das ist ja lächerlich«, sagte König Farouk zu Anwar as Sadat und unterstrich seine Worte mit einer wegwerfenden Geste. »Wie könnt ihr Dummköpfe von einer Revolution sprechen, wenn nur ein paar Schüsse gefallen und einige Tropfen Blut geflossen sind?«
    In der Tat war es zu einer fast unblutigen Revolution gekommen. Innerhalb von drei Tagen hatten die Freien Offiziere die Macht in Kairo übernommen und die ganze Welt in Erstaunen versetzt, indem sie alle Nachrichtenwege, Regierungsstellen und Transportwege ihrer Kontrolle unterstellten und damit das Leben in Ägypten praktisch zum Erliegen brachten. Farouk war in seinem Palast eingeschlossen; die Briten konnten keine Hilfe schicken, denn die Revolutionsarmee kontrollierte alle Züge, hatte die Flughäfen besetzt; und Häfen und Fernstraßen wurden streng überwacht. Der amerikanische Militärattaché in Kairo hatte zwar erklärt, Washington verlange eine Erklärung für die Ereignisse der letzten Tage, aber von dieser Seite wurde dem König kein militärischer Beistand angeboten. Farouk war hilflos. Die königliche Wache und die revolutionären Streitkräfte, die den Palast umzingelten, hatten aufeinander geschossen, aber Farouk hatte seine Garde zurückgerufen, die Tore schließen lassen und blieb im Palast. Schließlich erschien Anwar as Sadat, einer der Freien Offiziere, und überbrachte dem König ein Ultimatum. Er sollte das Land bis sechs Uhr abends verlassen oder die Folgen tragen.
    Als der König protestierte, erinnerte ihn Sadat höflich an die Unruhen am Schwarzen Samstag, bei denen alle Kinos und Nightclubs, das Casino, jedes Restaurant und Kaufhaus in Kairos Europäerviertel bis auf die Grundmauern niedergebrannt waren – insgesamt vierhundert Gebäude. Man sagte später, wenn Farouk zwei Stunden früher eingegriffen und nicht nur an sein Vergnügen gedacht hätte, wäre das alles noch zu verhindern gewesen. Aber inzwischen, so fügte Sadat leise hinzu, war der König sehr unbeliebt.
    Farouk mußte sich außerdem etwas eingestehen. Die Mehrheit der Freien Offiziere wollte ihn hinrichten. Nur ein einziger – Gamal Abd el Nasser – hatte sich gegen ein Blutvergießen ausgesprochen. »Die Geschichte wird ihn richten«, hatte Nasser erklärt. Aber Farouk wußte sehr wohl, je länger er in Ägypten blieb, desto kürzer würde sein Leben sein.
    Nach kurzem Zögern teilte er Sadat auf der Stelle seine Entscheidung mit.
    Ibrahim wurde plötzlich bewußt, daß er vielleicht zum letzten Mal in diesem Palast sein würde. Das war kaum vorstellbar nach so vielen Jahren, in denen er im Schatten des Königs gelebt hatte. War es wirklich möglich, daß es keine mitternächtlichen Anrufe mehr geben würde, die ihn in den Abdin-Palast befahlen? Würde er nie mehr den König im Bett antreffen, wo er mit einem der vielen Telefone in der Hand, die in seiner Reichweite standen, angeregt plauderte? Farouk hatte nie in seinem Leben ein Buch gelesen oder Musik gehört. Er hatte auch nie einen Brief geschrieben. Seine Unterhaltung waren Filme und Telefongespräche zu jeder Tages- und Nachtzeit. Als Leibarzt war Ibrahim einer der wenigen, die wußten, daß Farouk noch als Fünfzehnjähriger im Harem gelebt hatte und von seiner Mutter, die sich mit eisernem Willen in allen Dingen behauptete, verhätschelt worden war. Deshalb war er ein Kind geblieben. Er zog spielen der Politik vor und war nicht im geringsten für einen Überlebenskampf geeignet. Als man ihn Tage zuvor vor den Freien Offizieren gewarnt hatte, tat er sie als »Zuhälter« ab. In der Nacht der Staatsstreichs hatte man Farouk von ungewöhnlichen Truppenbewegungen in Kairo berichtet, und er hatte die Nachricht als unwichtig belächelt. Ibrahim erkannte jetzt, daß dieser Mann ein Land wie Ägypten nicht beherrschen konnte. Die

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