Das Parsifal-Mosaik
gerufen hat.« Die Stimme der alten Frau war kräftig, aber da war auch eine Andeutung von Angst zu spüren.
»Und ich bin Ihnen sehr dankbar, Madame. Sind wir allein, wie ich es angeordnet habe?«
»Ja, Monsieur le President. Botschafter Richardson war so liebenswürdig, mir sein Zimmer zu überlassen. Ganz ehrlich, ich bin verwirrt, könnte man sagen.«
»Sie haben das Wort des Präsidenten der Vereinigten Staaten, daß uns wirklich niemand zuhört, Madame Broussac. Und es gibt auch keine Tonbandgeräte, die unser Gespräch aufzeichnen. Nehmen Sie mir das ab?«
»Selbstverständlich. Warum sollte eine so hochgestellte Persönlichkeit eine hohe Beamtin des Quai d'Orsay täuschen wollen?«
»Aus einer ganzen Anzahl von Gründen. Aber das tue ich nicht.« »Mais oui. Dann bin ich beruhigt.«
»Gut. Ich brauche Ihre Hilfe in einer Angelegenheit von höchster Brisanz. Sie betrifft in keiner Weise die Regierung von Frankreich, aber jede Unterstützung Ihrerseits würde auch im Interesse Ihres Landes sein. Auch darauf haben Sie mein Wort.« »Das genügt, Monsieur le President.«
»Es ist von äußerster Wichtigkeit, daß wir einen ehemaligen Beamten erreichen, der sich erst kürzlich vom State Department getrennt hat. Sein Name ist Michael Havelock.« »S'il vous plait, Monsieur le ... «
»Nein, bitte«, unterbrach Berquist. »Lassen Sie mich zu Ende sprechen. In meinem Amt habe ich zuviel um die Ohren, um mich persönlich mit Ihrer Arbeit zu befassen oder mit den Aktivitäten, mit denen Mr. Havelock beschäftigt war. Ich bitte Sie nur, uns behilflich zu sein, ihn zu finden. Vielleicht kennen Sie einen Namen, den er gebraucht. Was auch immer Sie mir sagen, wird streng vertraulich behandelt werden, das verspreche ich Ihnen.« »Monsieur ...«
»Ganz gleich, was er Ihnen vielleicht gesagt haben mag«, fuhr der Präsident fort und schnitt ihr das Wort ab, »seine Regierung hat ihm nie Böses gewollt. Wir haben viel zuviel Respekt für das, was er während seiner aktiven Dienstzeit geleistet hat, und empfinden zu tiefe Dankbarkeit für seine Arbeit. Die Tragödie, von der er glaubt, daß sie nur ihn betrifft, berührt uns alle. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Aber ich hoffe, Sie ziehen in Betracht, aus welcher Quelle diese Mitteilung kommt. Werden Sie mir helfen, Madame Broussac?«
Berquist konnte ihren schweren Atem durch das Telefon hören und auch das Pochen in seiner Brust. Er blickte zum Fenster hinaus, die ersten weißen Flocken mischten sich in den Nieselregen. »Während Sie versuchen, ihn zu finden«, begann Regine Broussac, »sucht er jemand anderen.«
»Das wissen wir. Wir haben die Frau gesucht. Um ihr Leben zu retten. Und das seine.« Der Präsident schloß die Augen. Das war eine Lüge, an die er sich später einmal erinnern würde. Aber dann würde er sich auch an Churchill und Coventry erinnern. »Es gibt da einen Mann in New York.«
»New York?« Berquist lehnte sich verblüfft nach vorne. »Er ist hier? Sie ist ...«
»Das überrascht Sie, Monsieur le President?« »In hohem Maße.«
»Das sollte es auch. Ich war es, die sie nach New York geschickt hat. Und ihn.«
»Was ist mit diesem Mann in New York?«
»Man muß sich ihm mit einem hohen Maß an Feingefühl nähern. Man darf sein Leben nicht gefährden. Sie haben die gleichen Leute in Europa; wir brauchen sie alle, Monsieur le President. Selbst wenn wir jene kennen, die zu anderen ... Firmen gehören, lassen wir sie in Ruhe.«
»Ich verstehe völlig.« Berquist hatte die Warnung deutlich verstanden. »Dieser Mann kann uns sagen, wo er ist?« »Er kann Ihnen sagen, wo sie ist. Das ist es, was Sie wissen müssen. Aber man muß ihn überzeugen, daß er nicht gefährdet ist.« »Ich werde nur einen Mann schicken, und nur er wird eingeweiht sein. Mein Wort darauf.«
»Je le respecte. Ich muß Ihnen verraten, ich kenne ihn nicht persönlich, nur aus seiner Akte. Er ist ein großer Mann mit sehr viel Mitgefühl, Monsieur. Im April 1945 hat man ihn aus dem KZ in Bergen-Belsen befreit.«
»Man wird ihn mit allem denkbaren Respekt behandeln, und er kann mit absoluter Vertraulichkeit rechnen. Wie ist sein Name, bitte?« »Jacob Handelman, Columbia-Universität.«
Die drei Männer hörten gespannt zu, während Emory Bradford im unterirdischen Strategieraum des Weißen Hauses methodisch darlegte, was er inzwischen in Erfahrung gebracht hatte. Mit bewußt monotoner Stimme beschrieb er im einzelnen, wo sich die neunzehn Mitarbeiter des State
Weitere Kostenlose Bücher