Das Parsifal-Mosaik
Ich habe wirklich nicht die Zeit, noch einmal darauf einzugehen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Mehr, als Sie ahnen, Dr. Randolph«, sagte Havelock und machte absichtlich eine Pause. Jetzt hörte er den aggressiven Atem eines Mannes, der etwas zu verbergen hatte. »Ich würde mir die Zeit nehmen, wenn ich Sie wäre. Die Akte ist hier nicht abgeschlossen, Doktor, und weil auf uns Druck von außen geübt wird, können wir sie auch nicht schließen ... so gerne wir das täten. Nun bleibt uns nichts anderes übrig, als miteinander zusammenzuarbeiten. Drücke ich mich klar aus?«
»Was soll das heißen: >Druck von außen« Langsam begann der Arzt wieder zu seiner alten Selbstsicherheit zurückzufinden. »Drücken wir es einmal so aus : hausinterne Unruhestifter von der Abwehr. Die würden wir gerne zum Schweigen bringen.« Diesmal war Randolphs Pause nur kurz. »Kommen Sie morgen her«, sagte er. »Seien Sie mittags bei mir.«
Havelock saß auf dem Rücksitz der unauffälligen, gepanzerten Limousine, begleitet von drei Geheimdienstleuten. Während der ganzen Fahrt wurde nur wenig gesprochen; offenbar hatten die zwei Männer vorn und der höfliche, aber schweigsame Agent neben Michael Anweisung, keine direkten Fragen zu stellen. Das Randolph-Medical-Center war tatsächlich weiß getüncht. Es war ein Komplex aus drei Gebäuden, die durch überdeckte Gänge miteinander verbunden waren und inmitten einer großzügigen Rasenfläche lagen, die von Wegen und einer leicht gewundenen Zufahrt durchzogen wurde.
»Dr. Randolph ist in seinem Büro, Mr. Cross«, sagte eine uniformierte Schwester am Empfang zu Michael. »Nehmen Sie den ersten Flur rechts; sein Büro ist die letzte Tür ganz am Ende. Ich werde seine Sekretärin verständigen, daß Sie kommen.« »Danke.«
Während er den weißen Korridor hinunter zu Randolphs Büro ging, überlegte Havelock, welche Möglichkeiten er hatte. Wieviel er dem Arzt sagen würde, hing davon ab, wieviel Randolph bereits über Stephen MacKenzie wußte. Was freilich Havelock in erster Linie beunruhigte, waren die Gründe, die den Arzt zu seinem außergewöhnlichen Verhalten veranlaßt hatten. Der Mann hatte ja so gut wie zugegeben, daß er einige Aspekte von MacKenzies Tod verdreht oder verborgen hatte. Eine Todesursache zu verfälschen oder zweckdienliche Informationen zurückzuhalten, war eine strafbare Handlung. Was hatte der Arzt getan, und warum hatte er es getan? Matthew Randolph auch nur als Mitwirkenden an einer Verschwörung der Abwehr zu betrachten, war absurd.
Eine streng blickende Sekretärin mit blondem Haar, das hinten straff zu einem Knoten gebunden war, erhob sich von ihrem Stuhl. Ihre Stimme paßte keineswegs zu ihrer äußeren Erscheinung. Diese Frau war nicht kalt und geschäftsmäßig, sie hatte nur eine Wand um sich herum errichtet, um sich vor den Winden des Randolph-Orkans zu schützen.
»Er ist heute sehr erregt, Mr. Cross«, warnte sie Michael mit ihrer zerbrechlich klingenden Stimme. »Es wäre besser, wenn Sie gleich zur Sache kämen. Er haßt es, Zeit zu vergeuden.« »Ich auch«, erwiderte Michael, als die Frau ihn zu einer getäfelten Tür führte. Sie klopfte zweimal und verharrte in starrer Haltung. Die Tür öffnete sich, und ein hochgewachsener, schlanker, eckig wirkender Mann mit einem grauen Haarkranz auf dem markanten Kopf trat heraus. Die Augen hinter den stahlgeränderten Brillengläsern wirkten lebendig und ungeduldig. Dr. Matthew Randolph sah an seiner Sekretärin vorbei und bellte: »Cross?« »Ja.«
»Sie haben sich acht Minuten verspätet.« »Ihre Uhr geht vor.«
»Vielleicht. Kommen Sie herein.« Erst jetzt würdigte er seine Sekretärin eines Blickes. »Keine Unterbrechungen«, befahl er. »Ja, Dr. Randolph.«
Der Arzt schloß die Tür, deutete mit einer Kopfbewegung auf den Stuhl vor seinem wuchtigen, mit hundert Dingen übersäten Schreibtisch. »Setzen Sie sich«, sagte er, »aber vorher möchte ich sicher sein, daß Sie kein Tonbandgerät bei sich haben.« »Mein Wort darauf.« »Kann man sich darauf verlassen?« »Wie steht es in der Beziehung mit Ihnen?« »Sie haben mich angerufen, nicht umgekehrt.« Havelock schüttelte den Kopf. »Ich habe kein Tonbandgerät bei mir, und zwar aus dem einfachen Grund, daß unser Gespräch für uns viel schädlicher sein könnte als für Sie.«
»Mag sein«, murmelte Randolph und ging hinter seinen Schreibtisch, während Michael sich setzte. »Vielleicht auch nicht. Wir werden
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