Das Parsifal-Mosaik
Artikel, den er schrieb, mit jeder Reise nach Washington. Ich arrangierte ein Zusammentreffen; es fand in diesem Raum statt.« Alexander lehnte sich zurück, blickte vor sich auf den Boden. »Jener Mann hatte bemerkenswerte Erkenntnisse anzubieten, ein weitreichendes Wissen über die innenpolitischen Verhältnisse in der Sowjetunion. Einen Monat später arbeitete Matthias im State Department, drei Jahre darauf war er Sonderberater des Präsidenten und nach weiteren zwei Jahren Außenminister. Der Mann aus Rußland, der über Toronto eingereist war, war immer noch im Außenministerium tätig. Seine Talente wurden bereits damals so hoch eingeschätzt, daß man ihm die Verantwortung für sämtliche Informationen und Berichte über den Ostblock übertragen und ihm damit Zugang zu streng vertraulichem Material eingeräumt hatte.«
»Wann haben Sie das herausgefunden?« fragte Havelock. Der Journalist blickte auf. »Vor vier Jahren«, sagte er leise. »Wieder in diesem Zimmer. Der Überläufer bat darum, uns beide spreche n zu dürfen, und sagte, das, was er uns mitzuteilen hätte, sei so brisant, daß es keinen Aufschub duldete. Er saß, wo Miß Karras jetzt sitzt, und sagte uns die Wahrheit. Er war ein sowjetischer Agent und hatte die ganze Zeit höchst geheimes Material nach Moskau geschleust, und das über die letzten sechs Jahre. Aber etwas war geschehen, und er konnte in seiner Rolle nicht länger funktionieren. Er kam sich alt und ausgepumpt vor. Der Druck, der auf ihm lastete, war für ihn unerträglich geworden. Er wollte verschwinden.« »Und nachdem Sie und Anton - die intellektuellen Pragmatiker -für diese sechs Jahre Spionage verantwortlich waren, hatte er Sie genau an dem Punkt, wo er Sie haben wollte«, ergänzte Michael mit scharfer Stimme. »Auf die großen Männer sollte ja bloß kein Makel fallen.«
»Das hatte natürlich damit zu tun, aber es gab doch eine gewisse Berechtigung dafür, das zu verhindern. Anthony Matthias stand im Zenit seines Einflusses, er war dabei, die Krisenherde der Erde zu entschärfen und den Weltfrieden sicherer zu machen, als er vor ihm war. Wenn diese Schlappe aufgedeckt worden wäre, hätte das eine politische Katastrophe zur Folge. Es hätte ihn vernichtet .. ihn und das Gute, das er tat. Ich selbst habe ihn eindringlich in diesem Sinne beeinflußt.«
»Ich bin sicher, daß Sie nicht lange brauchten, um ihn zu überzeugen«, sagte Havelock. »Länger vielleicht, als Sie glauben«, erwiderte Alexander, und in seiner Stimme klang eine Andeutung von Ärger mit. »Sie scheinen vergessen zu haben, was er war.« »Vielleicht wußte ich es nie richtig.«
»Was war weiter mit dem russischen Spion?« wollte Jenna wissen. Der Blick des Journalisten ruhte kurz auf ihr, ehe er weitersprach. »Jener Mann hatte einen Befehl erhalten, den er nicht erfüllen konnte - auch nicht wollte. Man ha tte ihm gesagt, er solle auf eine Folge schockierender Ostblockberichte vorbereitet sein und sie so fassen, daß Anton sich gezwungen sehen würde, eine Seeblockade Kubas und einen roten Alarm zu fordern.« »Angriff mit atomaren Waffen?«
»Ja, Miß Karras. Eine Wiederholung der Raketenkrise von zweiundsechzig, nur um das Tausendfache provozierender. Diese erschreckenden Berichte sollten fotografisches >Beweismaterial< bestätigen, gefälschte Bilder mit Raketenstellungen auf Kuba. Der erste Brückenkopf eines bevorstehenden Angriffs.« »Zu welchem Zweck?«
»Eine geopolitische Falle«, sagte Michael. »Wenn er sie betritt, ist er erledigt.«
»Genau«, nickte Alexander. »Anton führt die volle Militärmacht der Vereinigten Staaten an den Rand des Krieges, und plötzlich werden Kubas Grenzen geöffnet, man lädt Inspektionsgruppen aus der ganzen Welt ein, damit sie sich selbst überzeugen können. Man findet nichts, und Anthony Matthias wird gedemütigt, als hysterischer Kriegstreiber beschimpft - das einzige, was er nie war -, und all seine brillanten Verhandlungserfolge sind zunichte gemacht.« »Aber dieser Sowjetagent«, sagte Jenna, »der sechs Jahre lang Geheimnisse nach Moskau geliefert hat, dieser Mann hat sich geweigert. Hat er Gründe angegeben?«
»Recht überzeugende, dachte ich. Er sagte, Antony Matthias sei zu wertvoll, als daß man ihn Hitzköpfen in Moskau opfern dürfe.« »Die Voennaja«, sagte Havelock.
»Als die schockierenden Berichte aus Rußland kamen, wurden sie ignoriert. Die Krise fand nicht statt.«
»Hätte Matthias die Berichte für authentisch gehalten, wenn
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