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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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versteckt und sich von Beeren und Pilzen ernährt, gelegentlich auch vo n einem Stück Brot oder Eiern, die er auf Bauernhöfen stahl. Der Alptraum des Massakers verließ ihn nie mehr.« »Eine reizende Kindheit«, sagte der Psychiater und machte sich Notizen.
    »Das war erst der Anfang.« Stern griff nach einem weiteren Blatt der Akte. »Havlicek und sein Sohn blieben im Bezirk Prag-Boleslaw, und der Untergrundkrieg nahm, mit dem Vater als Anführer der Partisanen, an Heftigkeit zu. Ein paar Monate später wurde der Junge einer der jüngsten Rekruten in der Deti Brigada, der Kinderbrigade. Man setzte sie als Kuriere ein, die häufig Nitroglyzerin und andere Explosivstoffe bei sich trugen. Ein falscher Schritt, ein Soldat, den es nach einem kleinen Jungen gelüstete - und alles war aus.« »Das ließ sein Vater zu?« fragte Miller ungläubig. »Der konnte ihn nicht aufhalten. Der Junge fand heraus, was sie seiner Mutter angetan hatten. Diese >reizende Kindheitc, wie Sie es genannt haben, Paul, hat er drei Jahre genossen. An Abenden, an denen sein Vater zu Hause war, lernte er für die Schule wie jedes andere Kind. Tagsüber, in den Wäldern und auf den Feldern, brachten andere ihm bei, wie man sich versteckt, wie man vor den feindlichen Truppen flieht, wie man lügt. Und wie man tötet.« »Das war die Ausbildung, die Sie erwähnten, nicht wahr?« sagte Ogilvie leise.
    »Ja. Er wußte, wie es war, jemanden umzubringen; er hatte miterlebt, wie Freunde ihr Leben verloren. Und das alles, ehe er zehn Jahre alt war. Schrecklich.«
    »Unauslöschliche Erinnerungen«, fügte der Psychiater hinzu. »Könnte es sein, daß die Operation an der Costa Brava sie dreißig Jahre später wachgerufen hat?« fragte der Anwalt und sah Miller an. »Durchaus möglich. Ich müßte viel mehr Einzelheiten wissen.« Miller wandte sich Stern zu. »Was ist dann mit ihm geschehen?« »Mit allen von ihnen«, verbesserte Stern. »Nun, schließlich kam der Frieden - ich sollte vielleicht besser sagen, daß der Krieg zu Ende war, denn in Prag gab es keinen Frieden. Die Sowjets hatten ihre eigenen Pläne, und bald setzte eine andere Art von Wahnsinn ein. Der ältere Havlicek trat politisch in Erscheinung und wachte eifersüchtig über die Freiheit, für die er und die Partisanen gekämpft hatten. Und bald fand er sich in einem anderen Krieg, der ebenso im Untergrund geführt wurde wie zuvor, und genauso brutal. Diesmal gegen die Russen.« Stern griff nach dem nächsten Blatt. »Für Havlicek war er am 10. März 1948 zu Ende, als Jan Masaryk ermordet wurde.« »In welchem Sinne zu Ende?«
    »Er verschwand. Vielleicht hat man ihn in ein Gulag in Sibirien verbannt oder umgebracht und irgendwo verscharrt. Seine politischen Freunde reagierten schnell: Tschechen und Russen haben ein gemeinsames Sprichwort: >Aus einem verspielten Welpen wird morgen ein Wolf.< Sie versteckten den jungen Havlicek und traten mit dem britischen MI 6 in Verbindung. Offensichtlich hat sich bei jemandem das Gewissen geregt. Der Junge wurde aus dem Land geschmuggelt und nach England gebracht.«
    »Dieses Sprichwort mit dem Welpen, aus dem morgen ein Wolf wird«, warf Ogilvie ein, »hat sich ja als richtig erwiesen, nicht wahr?«
    »Auf eine Art und Weise, wie es die Russen nie ahnen konnten.« »Und was hatten die Websters damit zu tun?« fragte Miller. »Die haben hier für ihn gesorgt, aber der Junge war doch in England.« »Genaugenommen war es kein Zufall. Webster war im Krieg Oberst der Reserve gewesen. Achtundvierzig war er geschäftlich in London, begleitet von seiner Frau. Und als sie mit Freunden aus der Kriegszeit zu Abend aßen, erfuhren sie von dem jungen Tschechen, den man aus Prag herausgeschmuggelt und in einem Waisenhaus in Kent untergebracht hatte. Eines führte zum anderen: Die Websters hatten keine Kinder, und die Geschichte des Jungen war weiß Gott ungewöhnlich, wenn nicht gar unglaublich. - Also fuhren die beiden nach Kent und interviewten ihn. So steht es hier wörtlich: interviewtem. Klingt cool, nicht wahr?« »Nun, die Websters waren keineswegs gefühlskalt.« »Nein, bestimmt nicht. Webster machte sich ans Werk. Papiere wurden gefälscht, Vorschriften umgangen. Schließlich flog ein recht verwirrter kleiner Junge mit einer neue n Identität nach Amerika. Havlicek hatte Glück. Aus einem englischen Waisenhaus kam er in ein bequemes Zuhause in einer wohlhabenden amerikanischen Vorstadt; er besuchte eine gute Privatschule und konnte in Princeton

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