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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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Besucher da. Er war erst vor ungefähr fünf Minuten gekommen. Vielleicht waren alle anderen Experten von außerhalb draußen und schauten sich den Park an.
    Pepper war nicht dazu aufgelegt. Er hatte um 18.00 Uhr noch einen Termin in Gaslight. Dort gab es Probleme mit den Nachtblühern. Morgen standen weitere Besprechungen an, außerdem die Abnahme seines Entwurfs und seines Installationsplans. Aber dann, am Mittwoch, wollte er sich den Park ansehen. Er würde es schon hinkriegen: Von 9.00 bis 21.00 Uhr wollte er alles von A bis Z, von Camelot bis Callisto abhaken. Er seufzte zufrieden und legte die großformatige Zeitung beiseite, um das Glas mit dem Rest aus seiner Dr.-Pepper-Dose zu füllen.
    Seit seiner Kindheit hatte man ihn damit aufgezogen, dass er dieses Zeug trank. Er konnte nichts dagegen machen. Er hatte einfach eine Schwäche dafür. Trotz aller Sticheleien war er dabei geblieben. Heutzutage erzählte er den Leuten schon mal, Dr. Pepper sei sein Ururgroßvater gewesen. Es war natürlich nur ein Ulk. Aber, Mann, wie sie ihn dann immer anschauten! Pepper trank einen großen Schluck, nahm wieder die Zeitung und hielt das Glas in der rechten Hand. Ja, das war das wahre Leben!
    Als er die Seiten umblätterte, erhaschte er einen Blick auf den anderen Salongast. Der Bursche trug ausländische Klamotten: ein Highlander-Cape und einen engen Wollanzug mit schmalen Aufschlägen und vielen Knöpfen. In der einen Hand hielt er einen Zylinderhut, in der anderen den Messingknauf eines Gehstocks. Er war bisher im Salon herumgewandert und hatte mal hierhin und mal dorthin geschaut.
    Nun kam er zu Pepper.
    »Sehr ruhig hier«, sagte der Mann.
    »Wie ein Grab. Sie sind der Einzige, den ich hab reinkommen sehen.«
    Der Mann nickte. »Dann sind Sie schon eine Weile hier?«
    »Aber ja«, sagte Pepper. Aber was geht dich das an? Der Ton des Mannes gefiel ihm nicht. Schließlich war er ein durchreisender Experte, oder? Er hatte das Recht, hier zu sein. Was man von diesem Kerl eigentlich kaum sagen konnte. Sein Aufzug zeigte, dass er wohl Darsteller war. Was machte er im Salon? Vermutlich schmarotzte er nur hier rum.
    Der Blick des Mannes suchte nun die Decke ab. Er hatte mandelförmige Augen und ein breites, fast herzförmiges Gesicht.
    Mit einer sorgfältigen, fast zierlichen Geste legte der Mann den Zylinder auf einem Tisch ab und wandte sich zielbewusst zu Pepper um. Er hielt den polierten Gehstock nun in der rechten Hand und schlug mit dem überdimensionalen Messingknauf auf die Handfläche seiner Linken. Pepper sah, dass das glänzende Metall im Licht der Leuchtstoffröhren blitzte.
    Er ließ die Zeitung sinken.
    »War nicht einfach, Sie aufzuspüren, Mr. Warne«, sagte der Mann und kam auf Pepper zu. Er musste wohl einen Grund haben, warum er nicht rechtzeitig stehen blieb.
    Er ging weiter, bis seine Schienbeine gegen Peppers Knie drückten.
    Pepper war von der friedlichen und freundlichen Atmosphäre Utopias so eingelullt, dass er einen Moment lang nur Neugier empfand. Dann kehrte die Wirklichkeit zurück. Er drückte sich an die Rückenlehne des Ledersofas. Seine Finger erschlafften, das Glas entfiel ihm. Eiswürfel und Limonade ergossen sich über das Zeitungspapier. Was hatte das zu bedeuten? Der Mann kam ihm entschieden zu nahe. Aber das war noch nicht alles. Seine Stimme... Was sprach er eigentlich für einen Akzent? Französisch oder Hebräisch? Er klang eindeutig bedrohlich. Pepper war plötzlich alarmiert. Es dauerte eine Weile, bis er die letzten Worte seines Gegenübers verarbeitet hatte.
    »Warne?«, brabbelte er. Die vergossene Limonade machte seinen Hintern und seinen Rücken nass. »Ich heiße nicht Warne. So heiße ich nicht.«
    Der Mann trat einen Schritt zurück. Er ließ den schweren Stock sinken und schien zu warten.
    »Ach, nein?«
    »Nein. Aber... Moment mal! Jetzt fällt´s mir wieder ein! Warne, klar. Der Kerl ist heute Morgen mit mir zusammen in der Schwebebahn gefahren. Ich bin nicht Warne. Ich heiße Pepper. Norman Pepper.«
    Der Blick des Mannes wanderte von Peppers Gesicht zu der Limonadendose.
    »Na klar, Sie heißen Pepper«, sagte er mit einem Lächeln.
    Dann kam er noch näher.
     
    14:55 Uhr
    Von seinem unbequemen Sitz an Terri Bonifacios Konsole aus sah Warne, dass der Mann, der sich Poole nannte, vorsichtig die Labortür öffnete. Er lugte in den Gang hinaus, drückte die Tür wieder zu und schloss sie ab. Mit der Tweedmütze, der Kordjacke und dem Rollkragenpullover sah er aus wie ein

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